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Don Camillo und Peppone

Don Camillo und Peppone

Titel: Don Camillo und Peppone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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halben Meter von der Grenze des Pfarrhofes entfernt, ein Ringelspiel, ein Schaukelgestell, drei Schießstände, ein elektrisches Autodrom, eine «Todeswand» und eine unbestimmbare Anzahl anderer Vergnügungsstände vor.
    Die Leute zeigten ihm eine vom Bürgermeister unterzeichnete Genehmigung, und Don Camillo beschränkte sich darauf, sich in das Pfarrhaus zurückzuziehen.
    Am Abend ging die Hölle los: mechanische Orgeln, Lautsprecher, Schüsse, Schreie, Gesänge, Glocken, Pfiffe, Gekläffe, Brüllen.
    Don Camillo ging zu Christus protestieren.
    «Das ist ein Mangel an Achtung vor dem Hause Gottes», rief er aus.
    «Ist etwas Unmoralisches, Skandalöses daran?» erkundigte sich Christus.
    «Nein, Ringelspiel, Schaukeln, kleine Autos, im großen und ganzen Kinderspielzeug.»
    «Dann ist es ganz einfach demokratisch.»
    «Und dieser höllische Lärm?» fragte Don Camillo.
    «Auch der Lärm ist demokratisch, solange er im Rahmen der Gesetzlichkeit bleibt. Außerhalb des Pfarrhofes befiehlt der Bürgermeister, mein Sohn!»
    Das Pfarrhaus stand dreißig Meter vor der Kirche, mit der ganzen Breitseite zum Markt. Und gerade unter dem Fenster war eine Maschine aufgestellt, die Don Camillos Neugierde erweckte. Eine ungefähr einen Meter hohe Stahlstange mit einem Pölsterchen aus Leder oben. Dahinter eine viel höhere und dünnere Stange mit einer von eins bis tausend geteilten Ziffernskala. Ein Kraftmesser. Man schlug mit der Faust auf den Lederpolster, und ein Zeiger gab auf der Skala die Kraft an. Don Camillo spähte durch die Jalousienschlitze, und die Sache begann ihm Spaß zu machen. Um elf Uhr abends war die höchste Quote siebenhundertfünfzig, die Tat eines Hirten aus Gretti, Badile, der Fäuste wie Kartoffelsäcke hatte. Dann kam plötzlich, umgeben von seinem Generalstab, der Genosse Peppone. Die Menge lief sofort zusammen und alle schrieen: «Gib ihm, gib ihm!», und Peppone zog darauf die Jacke aus, krempelte die Hemdärmel auf und pflanzte sich vor dem Gerät auf, mit der Faust die Entfernung messend. Alles wurde still, und auch Don Camillo begann das Herz schneller zu klopfen.
    Die Faust schoß durch die Luft und schlug auf den Polster.
    «Neunhundertfünfzig!» heulte der Inhaber der Apparatur. «Nur in Genua, im Jahre 1939, habe ich bei einem Dockarbeiter erlebt, daß er dasselbe erreicht hat!» Die Menge heulte vor Begeisterung.
    Peppone zog die Jacke wieder an, hob den Kopf und schaute zum Fenster hinauf, hinter dem Don Camillo versteckt war. «Wenn es jemand wissen will», sagte er mit erhobener Stimme, «bei neunhundertfünfzig ist die Luft dick!»
    Alle schauten zu Don Camillos Fenster und kicherten. Don Camillo ging ins Bett, und die Beine zitterten ihm. Am nächsten Abend war er wieder da, versteckt hinter dem Fenster, und wartete aufgeregt bis elf. Da kam wieder Peppone mit seinem Generalstab, zog die Jacke aus, krempelte die Hemdärmel auf und schlug auf den Lederpolster.
    «Neunhunderteinundfünfzig!», heulte die Menge. Und alle schauten kichernd zu Don Camillos Fenster. Auch Peppone.
    «Wenn's jemand wissen will», sagte er laut, «bei
    neunhunderteinundfünfzig ist die Luft dick.»

    Don Camillo ging mit Fieber ins Bett. Am nächsten Tag kniete er vor Christus nieder.
    «Sei stark und widerstehe, Don Camillo.»
    Am Abend ging Don Camillo zur Fensterspalte wie zum Schafott. Im ganzen Lande war die Sache schon bekanntgeworden, und von allen Seiten kamen Leute her, das Schauspiel zu sehen. Und als Peppone erschien, hörte man, wie sich ein Gemurmel in der Menge verbreitete: «Das ist er!»
    Peppone schaute hinauf, höhnisch, nahm die Jacke ab, erhob die Faust, und die Leute wurden mäuschenstill.
    «Neunhundertzweiundfünfzig!»
    Don Camillo sah eine Milliarde Augen an seinem Fenster hängen, verlor das Licht des Verstandes und stürzte aus dem Zimmer. «Wenn's jemand ...»
    Peppone konnte sein Gesetzchen von der dicken Luft bei neunhundertzweiundfünfzig nicht beenden: Don Camillo stand vor ihm. Die Menge schrie zuerst auf und wurde dann wieder mäuschenstill. Don Camillo wölbte den Brustkasten, verankerte sich fest mit beiden Füßen vor der Maschine, warf den Hut weg und bekreuzigte sich. Dann erhob er die ansehnliche Faust und ließ sie auf den Polster donnern.
    «Tausend!» heulte die Menge.
    «Wenn's jemand wissen will, bei tausend gibt es dicke Luft!» sagte Don Camillo.
    Peppone war blaß geworden, und die Leute seines Stabes blinzelten ihn an, halb beleidigt, halb enttäuscht. Die

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