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Don Camillo und Peppone

Don Camillo und Peppone

Titel: Don Camillo und Peppone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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lächelnd Christus, «glaubst du vielleicht, daß ich ein Detektiv bin? Warum Gott fragen, was Wahrheit ist, wenn die Wahrheit in dir ist? Suche sie, Don Camillo! Und warum gehst du eigentlich nicht indessen ein wenig in die Stadt, um dich zu zerstreuen?»
    Als er am Abend aus dem Dorf zurückkam, erschien Don Camillo vor Christus in einem Zustand eindrucksvoller Erregung.
    «Was ist denn los mit dir, Don Camillo?»

    «Tolle Sache!» rief Don Camillo außer Atem. «Ich bin einem Toten begegnet! Aug in Aug, auf der Straße!»
    «Don Camillo, beruhige dich und denke nach: gewöhnlich begegnet man Toten nicht Aug in Aug auf der Straße. Es handelt sich meistens um Lebende.»
    «Ausgeschlossen», schrie Don Camillo. «Das war ein Toter, doppelt tot, weil ich ihn selbst eingesegnet habe.»
    «Wenn's dem so ist», antwortete Christus, «dann sag ich nichts mehr. Es wird ein Gespenst gewesen sein.»
    Don Camillo zuckte mit den Achseln.
    «Aber wo! Gespenster existieren nur in den Hohlköpfen dummer Weibchen!»
    «Also?»
    «Hm ...», murmelte Don Camillo.
    Don Camillo sammelte seine Gedanken. Der Tote war ein magerer junger Mann, keiner aus der Gegend. Er war vom Gebirge zusammen mit Peppones Leuten heruntergekommen. Er hatte eine Kopfwunde, war bewußtlos, und man hatte ihn im Erdgeschoß der Villa Docchi, die zuerst den
    «Hakenkreuzlern» als Befehlsstand gedient und in der sich später das englische Kommando eingenistet hatte, untergebracht. Im Zimmer nebenan hatte Peppone seinen Befehlsstand gehabt.
    Don Camillo konnte sich sehr gut erinnern: Die Villa war von drei englischen Wachrunden umstellt, nicht einmal eine Fliege hätte ein- und ausgehen können, weil in der Umgebung noch Kämpfe stattfanden und die Engländer auf ihre eigene Sicherheit besonderen Wert legten.
    Das war in der Früh. In der Nacht starb der Verwundete. Peppone ließ gegen Mitternacht Don Camillo rufen; als Don Camillo aber kam, war der junge Mann schon kalt. Die Engländer wollten keinen Toten im Hause haben, und so wurde gegen Mittag die Totenbahre aus der Villa gebracht, getragen von Peppone und seinen drei Getreuesten, mit der Trikolore bedeckt. Eine englische Abteilung, Gott vergelt's ihr, erwies die letzte Ehre.
    Don Camillo konnte sich erinnern, daß das Begräbnis äußerst rührend war: das ganze Dorf hinter dem Sarg, der sich auf einer Lafette befand.
    Ja, und die Ansprache auf dem Friedhof, bevor man den Sarg in die Grube versenkte, die hatte er, Don Camillo selbst, gehalten, und die Leute hatten geweint. Auch Peppone, in der ersten Reihe, schluchzte.
    «Wenn ich so richtig dabei bin, dann kann ich schon reden!» dachte Don Camillo selbstzufrieden, indem er sich dieser Episode erinnerte. Dann nahm er die logische Folgerung seiner Gedankengänge wieder auf und kam zu folgendem Schluß:
    «Und trotz alledem bin ich bereit zu schwören, daß der magere junge Mann, dem ich heute in der Stadt begegnet bin, der gleiche ist, den ich zu Grabe geleitet habe.»
    Er seufzte. «So ist das Leben!»
    Am nächsten Tag ging Don Camillo Peppone in seiner Werkstätte besuchen und fand ihm unter einem Auto liegend vor.
    «Guten Tag, Genosse Bürgermeister. Ich bin gekommen, um dir zu sagen, daß ich seit zwei Tagen an deine Beschreibung des Hauses des Volkes denke.»
    «Schön, nicht wahr?» höhnte Peppone.
    «Herrlich. Ich habe mich auch entschlossen, ein kleines Haus mit Schwimmbad, Kindergarten, Spielplatz, kleinem Theater usw. zu errichten. Du weißt, ich habe so etwas seit Jahren schon im Kopf. Die Grundsteinlegung findet am kommenden Sonntag statt. Natürlich liegt mir viel daran, daß auch du als Bürgermeister kommst.»
    Peppone kroch unter dem Auto hervor und wischte mit dem Hemdärmel sein ölverschmiertes Gesicht ab.
    «Sehr gern, Höflichkeit gegen Höflichkeit.»
    «Gut. Inzwischen überleg es dir, wie du die Pläne für dein Haus etwas bescheidener gestalten könntest. Es ist für meinen Geschmack etwas zu groß.»
    Peppone schaute ihn entsetzt an. «Don Camillo, sind Sie verrückt?»
    «Nein, jedenfalls nicht mehr als damals, als ich ein Begräbnis hatte und eine patriotische Ansprache vor einem Sarg hielt, der offensichtlich nicht gut vernagelt war, da ich gestern der Leiche in der Stadt begegnet bin.»
    Peppone knirschte mit den Zähnen. «Was wollen Sie damit sagen?»
    «Nichts. Daß dieser Sarg, dem die Engländer die letzte Ehre erwiesen und den ich einsegnete, Sachen enthielt, die du in der Villa Docchi gefunden hattest, bevor die

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