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Don Camillo und Peppone

Don Camillo und Peppone

Titel: Don Camillo und Peppone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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die Erde schauend.
    Don Camillo kam näher, und es verschlug ihm den Atem: eine halbe Reihe von Weinstöcken war an der Wurzel abgeschnitten, und die umhergeworfenen Rebschößlinge schauten im Gras wie schwarze Schlangen aus. An einer Ulme war eine Aufschrift: «Die erste Warnung» angeschlagen.
    Man kann einem Bauern eher ein Bein abschneiden als einen Weinstock: man wird ihm weniger wehe tun.
    Don Camillo kam so erschüttert nach Hause, als ob er eine halbe Reihe Erschossener gesehen hätte.
    «Jesu», sagte er zu Christus, «da gibt es nur eines: sie finden und aufhängen.»
    «Don Camillo», erwiderte Christus, «sage mir: wenn du Kopfschmerzen hast, wirst du dir den Kopf abschneiden, um dich vom Schmerz zu heilen?»
    «Aber die Giftschlangen zertritt man!» schrie Don Camillo.
    «Als mein Vater die Welt schuf, unterschied er sehr genau zwischen Tieren und Menschen. Das bedeutet, daß die Menschen immer Menschen bleiben, was sie auch tun mögen, und daß sie infolgedessen als Menschen zu behandeln sind. Wenn dem nicht so wäre, wäre es dann nicht viel einfacher gewesen, sie zu vernichten, anstatt auf die Erde herunterzukommen, um sie zu erlösen, indem ich mich kreuzigen ließ?»
    An diesem Sonntag sprach Don Camillo in der Kirche von ermordeten Weinstöcken, als ob man sie seinem Vater abgeschnitten hätte, der auch Bauer war.
    Vor Rührung wurde er lyrisch. Als er jedoch plötzlich unter den Gläubigen Peppone erblickte, wurde er sarkastisch:
    «Danken wir dem Ewigen Vater, daß er die Sonne hoch, und unerreichbar am Himmel schuf, weil sich ansonsten schon jemand gefunden hätte, der sie aus politischer Rache gegen einen Verkäufer von Sonnenschutzbrillen ausgelöscht hätte. Höre, o Volk, das Wort deiner Führer! Sie besitzen die wahre Weisheit. Sie lehren, daß du einen geizigen Schuster dadurch zu strafen hast, daß du dir selbst die Füße abschneidest!»
    Und dabei schaute er Peppone an, als ob er nur für ihn gesprochen hätte.
    Gegend Abend erschien Peppone finster in der Pfarrkanzlei.
    «Sie», sagte er, «Sie haben heute früh mich gemeint?»
    «Ich habe alle solche gemeint, die den Leuten gewisse Theorien in den Kopf setzen», erwiderte Don Camillo.
    Peppone ballte die Fäuste.
    «Don Camillo, Sie werden wohl nicht denken, daß der Gedanke, dem alten Verola die Weinstöcke abzuschneiden, von mir stammt?»
    Don Camillo schüttelte den Kopf.
    «Nein. Du bist ein Gewaltmensch, bist aber kein Verbrecher. Du hetztest nur diese Leute auf.»
    «Ganz im Gegenteil, ich versuchte, sie im Zügel zu halten, sie brechen aber aus.»
    Don Camillo stand auf und stellte sich breitbeinig vor Peppone.
    «Peppone», sagte er, «du weißt, wer die Weinstöcke abgeschnitten hat!»
    «Nichts weiß ich!» rief Peppone aus.
    «Du weißt es, Peppone, und wenn du nicht der letzte unter den Gaunern und Idioten geworden bist, dann weißt du auch, daß es deine Pflicht ist, sie anzuzeigen.»
    «Ich weiß gar nichts», beharrte Peppone.
    «Du mußt sprechen und das nicht nur wegen des moralischen und materiellen Schadens, der durch dreißig abgeschnittene Weinstöcke entstanden ist. Das ist wie eine Masche, die zu laufen beginnt: entweder unternimmst du sofort etwas dagegen, oder der ganze Sumpf geht bis morgen kaputt. Du weißt es und unternimmst nichts, und so bist du wie ein Mensch, der im Heu einen brennenden Zigarrenstummel sieht und ihn nicht löscht. Bald wird das ganze Haus durch deine Schuld zerstört sein! Es wird dann nicht mehr die Schuld jenes sein, der den Stummel geworfen hat.»
    Peppone beharrte darauf, daß er nichts wisse, aber Don Camillo bestürmte ihn und ließ ihn nicht zu Atem kommen, und so ergab sich Peppone schließlich.
    «Ich werde nicht reden, wenn Sie mich auch schlachten! In meiner Partei gibt es nur Ehrenmänner und diese drei Schädlinge ...»

    «Ich habe verstanden», unterbrach Don Camillo.
    «Wenn man das morgen erfährt, werden die Herren so frech und unverschämt werden, daß es ohne Schießerei nicht mehr gehen wird.»
    Don Camillo ging lange im Zimmer hin und her und blieb schließlich stehen.
    «Gib wenigstens zu, daß diese Gauner eine Strafe verdienen! Gib zu, daß man etwas unternehmen muß, um sie daran zu, hindern, das Verbrechen zu wiederholen!»
    «Ich wäre ein Schwein, wenn ich das nicht zugäbe!»
    «In Ordnung», schloß Don Camillo. «Warte hier!»
    Zwanzig Minuten später kam Don Camillo wieder herein, im Jägeranzug, mit Stiefeln und mit einer Mütze.
    «Gehen wir», sagte

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