Don Camillo und seine Herde
schwitzte, wie nur er schwitzen konnte. Der Feldweg war abscheulich, und der Nebel wurde immer dichter. Peppone hatte aber einmal den Rossen die Zügel freigelassen, und niemand konnte ihn mehr aufhalten.
Plötzlich sah er am Grabenrand etwas Dunkles. Er zog die Bremse an, und siehe da, es war das Fetzenbünde] in der Farbe eines Mönches. Das Mönchlein hatte sich am Grabenrand niedergesetzt und erhob sich, als es diesen Riesen kommen sah.
Er erkannte ihn wieder.
«Ich habe mich im Nebel verirrt», murmelte Peppone. «Wissen Sie, ob ich hier recht nach Gabiolo bin?»
«Ja», sagte der Mönch. «Ich gehe ins Kloster zurück, das zwei Kilometer von Gabiolo liegt.»
Peppone war verblüfft. Dann riß er sich zusammen.
«Kommen Sie, ich bringe Sie auf der Stange bis zum Kloster.»
Der Mönch lächelte.
«Danke, Bruder. Wir trachten stets danach, daß es uns schlechter- und nicht bessergeht.»
Er machte sich mit seinem kleinen Sack auf der Schulter auf den Weg. Peppone stieg ab und ging an seiner Seite. Der Nebel wurde immer düsterer, und die beiden schienen Millionen von Kilometern von der Welt entfernt zu sein.
Plötzlich blieb Peppone stehen. Auch der Mönch blieb stehen.
«Für eure Armen», murmelte Peppone und reichte dem Mönch eine Fünfhundert-Lire-Note.
Das Mönchlein staunte fassungslos den Riesen an und konnte sich nicht entschließen, die Hand auszustrecken.
«Gott wird es Ihnen vergelten», murmelte es schließlich, nahm das Geld und ging weiter. Peppone rührte sich aber nicht. Da drehte sich der Mönch um und fragte:
«Was gibt’s?»
«Das Bildchen!» sagte Peppone.
Das Mönchlein suchte in seinem weiten Ärmel herum, fischte das Heiligenbildchen heraus und reichte es Peppone, der es in die Tasche steckte.
«Gute Nacht», murmelte Peppone, machte kehrt und fuhr davon.
Der Mönch sah ihn im Nebel verschwinden. Er war wie vor den Kopf geschlagen. Hatte der große Mann nicht gesagt, er wolle nach Gabiolo fahren? Warum fuhr er jetzt zurück?
Er war ein einfacher Mönch, und wenn er etwas nicht verstand, zerbrach er sich nicht den Kopf, um es um jeden Preis zu verstehen. Er zuckte mit den Achseln und ging seines Weges.
Dann fühlte er, wie eine große Wärme in seinem Herzen aufstieg; er hob die Augen zum Himmel und murmelte:
«Es muß etwas Schönes sein, Jesus - ich danke Dir!»
Peppone fuhr mitten durch den Nebel, was das Zeug hielt. Als er beim alten Abzugsgraben wieder auf dem Damm war, hielt er das Rad an, holte das Heiligenbild aus der Tasche, legte es in seine Parteilegitimation hinein und schob sie in die Brieftasche.
Er dachte an das Mönchlein, das er auf dem Feldweg verlassen hatte, und er stellte sich vor, wie es am Flußufer stand, bereit, zu den Vögeln zu sprechen, die zu Hunderten aus dem Nebel herangeflogen kommen, sich auf seine Hände und Schultern setzen und zwitschern.
«Mittelalterliche Beschränktheit!» murmelte Peppone und trat in die Pedale. «Wir sind alle noch voll mittelalterlicher Beschränktheit! Wir müssen besser auf uns achtgeben!»
Er ließ sogleich eine Schildwache über seinen Gefühlen aufziehen, die bereit war, Alarm zu schlagen.
Im geheimen dachte er aber an das Mönchlein, das am Grabenrand sitzt und mit Spatzen und Zaunkönigen plaudert.
Die alte Mauer
Die meisten nannten es Manascas Garten, in Wirklichkeit waren es aber eintausendfünfhundert Quadratmeter Unkraut, mit Brennesseln hoch wie Pappeln, umgeben von einer massiven Mauer, die ungefähr drei Meter hoch war. Ein Rechteck vergessener Erde mit fünfzig Metern Vorderseite gegen den Platz und dreißig Metern gegen die große, mit Bäumen gesäumte Hauptstraße, die zum Platz führte.
In schöner Ecklage, das einzige noch freie Grundstück am Platz. Tausende Male bot man dem alten Manasca einen Haufen Geld, der Alte wollte aber das Grundstück nicht hergeben. Seit vielen Jahren war dieser Fleck ungepflegt und verwildert gewesen - wie sein Besitzer selbst. Als dann der Alte starb, ging das Grundstück auf den jungen Manasca über, zusammen mit einem Haufen von Tausendern und anderem Besitz an beiden Ufern des Flusses. Der junge Manasca dachte, daß es doch schade wäre, diese Grundstücke nicht auszunützen. Bei passender Gelegenheit raffte er sich auf und begab sich zum Bürgermeister.
«Die Leute krepieren hier vor Hunger, weil es keine Arbeit gibt», sagte Manasca, der ein Schlaumeier war. «Ihr Proletarier mit euren roten Halstüchern seid aber eine so verfluchte Rasse, daß es
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