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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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wirklich eine Sünde wäre, euch Arbeit zu geben.»
    «Aber keine solche Nichtstuer-Kanaille wie ihr Herren», antwortete Peppone friedlich. «Den Besten unter euch müßte man mit dem Darm des Schlechtesten erwürgen.»
    Peppone und Manasca hatten jeden Tag bis zu ihrem zwanzigsten Lebensjahr miteinander gerauft; begonnen hatten sie im Alter von drei Jahren. Sie waren große Freunde und verstanden sich sogleich. Peppone fragte ihn, worauf er eigentlich hinauswolle.
    «Wenn du mir dafür bürgst, daß du mir nicht später einmal mit deinen Gewerkschaften, der Arbeiterkammer, dem Parteivorstand, dem Vizevorstand der Partei, den rassisch und politisch Verfolgten, der sozialen Gerechtigkeit, den berechtigten Forderungen des arbeitenden Volkes, der Aufwertung der Löhne, den Proteststreiks und all den anderen Dummheiten aus eurem Repertoire daherkommst, gebe ich binnen einer Woche dem halben Dorf Arbeit.»
    Peppone stemmte die Fäuste in die Seiten.
    «Bildest du dir etwa ein, ich werde dir helfen, das arbeitende Volk abzuwürgen? Wer kann es dazu bringen, für einen Bissen Polenta und einen Fußtritt in den Hintern zu arbeiten?»
    «Ich habe nicht die Absicht, jemanden abzuwürgen; ich zahle den Kollektivlohn, ich zahle die Steuern, und dir schenke ich eine große Korbflasche Wein. Du aber bürgst dafür, daß diese gottverdammten Kerle nicht während der Arbeit davonlaufen und mich erpressen. Ich habe eine große Sache vor - und wenn nicht alles läuft, wie es laufen soll, bin ich ruiniert.»
    Peppone sagte, es wäre besser, wenn er seine Karten aufdecken würde.
    «Ich errichte einen Palast mit vier Stockwerken auf dem Gartengrundstück», erläuterte Manasca. «Wie in der Stadt, mit einem Laubengang von dreißig Metern gegen den Platz und einem von zwanzig gegen die Hauptstraße. Geschäfte, ein Kaffeehaus und ein Restaurant mit Hotel, Garage, Auto-Service usw. Wenn wir uns einigen, vergebe ich die Garage mit der Tankstelle an dich. Du bist zwar ein Schuft, aber ein toller Bursche, wenn du nur willst. Mit einem solchen Ding verdoppeln wir die Bedeutung unseres Ortes und machen aus diesen dummen Bauern richtige Städter.»
    Peppone hatte niemals New York, Paris oder London gesehen; er dachte aber, daß ein solcher Platz in der Art wie in New York, Paris oder London ausfallen würde. Er sah seine Werkstatt mit einer rot und gelb angestrichenen Tankstelle und mit einem Luftkompressor zum Aufpumpen der Autoreifen.
    «Auch eine hydraulische Hebebühne wäre notwendig», murmelte er.
    «Es wird auch eine hydraulische Hebebühne und alle anderen Schikanen geben», antwortete Manasca. «Du mußt aber die Sache in die Hand nehmen.»
    «Und wenn man mich nicht mehr zum Bürgermeister macht?» fragte Peppone in größter Sorge.
    «Um so besser! Der neue Bürgermeister würde Angst vor dir und deiner Bande haben, während du jetzt weder den Bürgermeister noch seine Bande zu fürchten hast.»
    Peppone schlug mit der Faust auf den Tisch.
    «Abgemacht! Den ersten, der meutert, bringe ich um! Hier geht es um die Zukunft des ganzen Ortes. Wer nicht arbeitet, wie es sich gehört, bekommt einen Haufen Fußtritte. Sag mir, was du brauchst - und ich werde schon Leute finden, die etwas taugen.»
    «Klare Vereinbarungen!» sagte Manasca. «Du mußt gerecht sein und darfst nicht nur Leute von deiner schmutzigen Partei aufnehmen. Ich will Leute, die arbeiten können und arbeiten wollen.»
    «Der Hunger ist für alle gleich», dozierte Peppone.
    Noch an diesem Abend teilte Peppone die Neuigkeit mit gebotener Feierlichkeit seinem Stab mit.
    «Und sagt den Leuten», so schloß er seine Rede, «daß wir, während die anderen schwätzen, mit Taten kommen. Wir errichten Wolkenkratzer!»
    Eine Woche später erschienen auf dem Platz die Arbeiter, mit dem Auftrag, die alte Mauer abzutragen. Damit begann auch das Unheil.
    Die Mauer war ein Dreckzeug aus Steinen, Bauschutt und Mörtel, eine wenigstens dreihundert Jahre alte, baufällige Angelegenheit, die sich mühelos abtragen ließ. Es gab aber auf der Mauer etwas, was alle kannten, woran aber zuerst niemand gedacht hatte. An der Straßenseite, etwa einen Meter von der Ecke gegen den Platz entfernt, befand sich eine kleine Madonna.
    Eine Nische im Mauerkörper mit einem verrosteten Gitter, das eine uralte, auf die Hinterwand der Nische gemalte kleine Madonna schützte.
    Ein Ding ohne jeden künstlerischen Wert; eine kleine Madonna, gemalt von einem armen Kerl, aber vor zwei- oder dreihundert Jahren;

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