Don Fernando erbt Amerika
gehörte, und rief in die Runde: »Hat jemand etwas Schweres?«
»Hier!«, sagte Kathrin fröhlich und reichte ihm Fernandos Buch.
»Danke«, sagte Quetzal und legte es auf den Rettungsring, der nun endlich sank.
»Äh, Moment mal«, sagte er dann plötzlich, sprang dem Rettungsring hinterher und rettete ihn samt dem Buch. Dann tauchte er wieder auf, setzte sich auf den Beckenrand und blätterte gedankenverloren in den dünnen goldenen Seiten, die er vor vielen Hundert Jahren beschrieben hatte.
»Christoph!«, rief er dann hinüber zum Whirlpool. »Komm doch mal her!«
Und Christoph kam.
Sah.
Und siegte.
31
Zwei Tage später kaufte Fernando eine der größten Filmgesellschaften Amerikas. Ein Mann namens Spielberg wurde verpflichtet, die aztekische Höhle originalgetreu nachzubauen, weil Quetzal plötzlich einen kurzen Anfall von Sentimentalität hatte und behauptete, nur in der Höhle die Rakete für Gilead bauen zu können. Bis die Höhle allerdings fertig war, hatte Quetzal das schon wieder vergessen und sich so an die kleine Werkstatt im Washingtoner Industrieviertel gewöhnt, dass er von der Höhle nichts mehr wissen wollte.
In dieser Werkstatt wuschen sich Christoph und Esteban gerade die Hände. Esteban hatte Christoph gezeigt, wie man monomolekularen Stahl herstellt, den Christoph für die Rakete verwenden wollte. Quetzal saß an einem alten Holztisch und brütete fluchend über seinen Aufzeichnungen, die er nicht mehr verstand. Titlichtlo hatte sich die Zeit mit der Herstellung von Papierschnaps vertrieben, und Hutzi war nicht da, weil er einen Vertrag für ein Achttagerennen in Berlin unterzeichnet hatte und nun glücklich in den Alpen auf einem Rennrad trainierte.
Bébé und Leif saßen gemeinsam in der Badewanne und quälten Stinky Miller mit ihren Fragen über den Club, in dem sie heute Abend spielen würden. Aber Stinky Miller tat sehr geheimnisvoll und verriet gar nichts.
Kathrin und Fernando lagen auch in der Badewanne.
Und Erik hatte Kopfschmerzen. Vom Swimmingpool.
»Bill!«, schrie eine Stimme durch die Zimmer. »Bist du bald fertig?«
»Gleich, Schatz!«, antwortete der eilfertig. »Ich zieh mich nur noch an.«
Hillary seufzte und sah auf die Uhr. Sie mussten in zehn Minuten vor dem Weißen Haus sein und den Abend eröffnen. Sie ging ungeduldig ins Ankleidezimmer ihres Mannes und erstarrte in der Tür.
»Nein!«, sagte sie fest. »Das nicht!«
»Aber Schatz«, sagte Bill, der leicht errötete, »es sieht doch keiner. Ich hab den Anzug drüber an.«
Hillary schloss die Augen und hielt sich am Türrahmen fest. Dann atmete sie tief durch.
»Leg es zurück«, sagte sie eisig, »und zieh deine eigenen Unterhosen an!«
Fünf Minuten später verließen sie das Haus.
In Nürnberg leerten sich die Straßen trotz des Samstagvormittags pünktlich gegen neun Uhr. Alle Welt zog sich ins Wohnzimmer zurück, holte einen ausreichenden Vorrat Bier aus dem Kühlschrank, öffnete Chipstüten und alarmierte für alle Fälle den Fernsehnotdienst, falls das Ding ausfallen sollte.
Kretschmer und der Bürgermeister saßen düster im Büro des Rathauses und starrten auf den kleinen Schwarz-Weiß-Fernseher, der auf dem Schreibtisch stand.
»Wenn Sie nicht so voreilig gewesen wären«, grollte der Bürgermeister, »müsste ich jetzt nicht hier sitzen, während alle anderen das Get Lost -Konzert sehen. Die Wahlprognosen werden vernichtend sein. Und dann werde ich auch vernichtend sein, Kretschmer, verlassen Sie sich darauf. Ich werde Sie degradieren. Ins Passamt versetzen – oder ins Fundbüro.«
»Bitte!«, sagte Kretschmer beschwörend. »Bitte! Ich habe mich ja nicht entführen lassen. Ich wollte bloß helfen.«
»Helfen Sie mir nie wieder, Kretschmer«, sagte der Bürgermeister und justierte den Fernseher.
»Scheiße! Ich kriege hier nicht mal MTV rein.«
Der Bürgermeister war extrem sauer. Get Lost war seine Lieblingsband.Kretschmer hingegen war nicht mehr sein Lieblingssekretär. Selbst wenn er die Wahl gewinnen würde, dachte der Bürgermeister, würde er Kretschmer irgendwie loswerden.
Nicht, dass ein Sieg wahrscheinlich gewesen wäre. Dafür war er allzu oft in Spitzenhöschen in den Medien gewesen. Er seufzte. An allem war Fernando schuld. Er hätte niemals nach Nürnberg kommen sollen. Und jetzt könnte er die Stadt wahrscheinlich kaufen, wenn ihm danach wäre. Man hätte ihn vielleicht freundlicher behandeln sollen.
Na ja. Zu spät.
Köberlein, ehemaliger Polizeichef der
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