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Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten

Titel: Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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mich nicht loslassen und packte mich am Arsch«, sagte er mit einfältiger Stimme. Ich wurde von unvergleichlicher Freude ergriffen. Ich lachte laut heraus. Ich stellte fest, daß meine Ausgelassenheit meiner geistigen Klarheit die Waage hielt. In diesem Augenblick hatte ein umfassender Zustand gesteigerter Bewußtheit von mir Besitz ergriffen. Alles um mich her war kristallklar. Vorhin war ich, wegen meines inneren Schweigens, schläfrig und geistesabwesend gewesen. Aber dann hatte irgend etwas, das mit Don Genaros plötzlichem Erscheinen zusammenhing, bei mir eine große Klarheit ausgelöst.
    Don Genaro rieb sich immer noch den Hintern und hüpfte auf und ab; dann sprang er auf mein Auto zu, öffnete die Tür und kroch auf den Rücksitz.
    Automatisch drehte ich mich um und wollte etwas zu Don Juan sagen. Er war nirgends zu sehen. Ich rief laut seinen Namen. Don Genaro sprang aus dem Auto, wobei er ebenfalls mit schriller, sich überschlagender Stimme nach Don Juan schrie. Erst jetzt, während ich ihm zuschaute, erkannte ich. daß er mein Verhalten nachäffte. Mich hatte nämlich, als ich feststellte, daß ich mit Don Genaro allein war, eine solche Angst gepackt, daß ich ganz unbewußt drei- oder viermal um den Wagen herumgelaufen war und nach Don Juan geschrien hatte.
    Don Genaro sagte, wir müßten Pablito und Nestor abholen, Don Juan werde schon irgendwo unterwegs auf uns warten. Nachdem ich meine anfängliche Furcht überwunden hatte, sagte ich ihm, daß ich mich freute, ihn zu sehen. Er hänselte mich wegen meiner übertriebenen Reaktion. Don Juan, meinte er, sei für mich nicht so etwas wie ein Vater, sondern eher eine Mutter. Er gab ein paar unerhört komische Sprüche und Wortspiele über »Mütter« zum besten. Vor Lachen bemerkte ich nicht einmal, daß wir Pablitos Haus erreicht hatten. Don Genaro hieß mich anhalten und stieg aus. Pablito stand in der Haustür. Er kam gelaufen, stieg ein und setzte sich neben mich auf den Beifahrersitz. »Auf, jetzt zu Nestor.« sagte er, als ob er in Eile sei. Ich drehte mich nach Don Genaro um. Er war nicht mehr da.
    Pablito bat mich mit beschwörender Stimme, mich zu beeilen. Wir fuhren an Nestors Haus vor. Auch er wartete schon vor der Tür. Wir stiegen aus. Ich hatte das Gefühl, als wüßten die beiden, was vor sich ging. »Wohin fahren wir?« fragte ich.
    »Hat Genaro es dir nicht gesagt?« fragte Pablito mich mit ungläubiger Stimme.
    Ich versicherte ihm, weder Don Juan noch Don Genaro hätte dergleichen erwähnt.
    »Wir gehen zu einem Ort der Kraft«, sagte Pablito. »Was werden wir dort tun?«
    Wie aus einem Mund sagten die beiden, sie wüßten es nicht. Nestor fügte hinzu, Don Genaro habe ihm aufgetragen, mich an diesen Ort zu führen.
    »Warst du denn nicht bei Genaro?« fragte Pablito. Ich erzählte ihm, daß ich mit Don Juan zusammengewesen sei, daß wir unterwegs Don Genaro getroffen hätten und daß Don Juan mich mit ihm allein gelassen hätte.
    »Wohin ist Don Genaro verschwunden?« fragte ich Pablito. Doch Pablito wußte gar nicht, wovon ich sprach. Er hatte Don Genaro nicht in meinem Auto gesehen.
    »Er ist mit mir zu dir gefahren«, sagte ich. »Ich glaube gar, du hattest das Nagual im Auto«, sagte Nestor erschrocken. Er wollte sich nicht auf die Rückbank setzen und drängte sich neben Pablito auf den Beifahrersitz.
    Auf der Fahrt herrschte Schweigen, nur von Nestors knappen Richtungsangaben unterbrochen.
    Ich wollte über die Ereignisse des Vormittags nachdenken, aber irgendwie wußte ich, daß jeder Versuch, sie zu erklären, ein fruchtloses Sichgehenlassen meinerseits gewesen wäre. Ich versuchte Nestor und Pablito in ein Gespräch zu verwickeln; sie sagten, sie seien zu nervös, solange sie im Auto säßen, und wollten nicht sprechen. Ich freute mich über ihre ehrliche Antwort und ließ sie in Ruhe.
    Nachdem wir über eine Stunde gefahren waren, parkten wir den Wagen auf einer Nebenstraße und kletterten einen steilen Berghang hinauf. Schweigend wanderten wir noch etwa eine Stunde unter Nestors Führung, und dann machten wir am Fuß einer gewaltigen Felsklippe halt, die sich als beinahe senkrechte Wand etwa siebzig Meter hoch erhob. Mit halb geschlossenen Augen suchte Nestor den Boden ab, um einen geeigneten Platz zum Sitzen zu finden. Ich war mir peinlich bewußt, wie unbeholfen er sich dabei bewegte. Pablito, der neben mir stand, schien mehrmals im Begriff zu sein, einzuschreiten und ihn zu korrigieren, doch er beherrschte sich und nahm eine

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