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Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten

Titel: Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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hast du angefangen, ihn zu bekämpfen. Gegen ihn kannst du nicht gewinnen; er ist stärker als du.« Dann gab Don Juan mir etliche Ratschläge und Empfehlungen für meine persönlichen Beziehungen mit anderen Menschen. Seine Bemerkungen waren ein ernstes Nachspiel zu dem, was Don Genaro mir zuvor im Scherz gesagt hatte. Er war in gesprächiger Stimmung, und ohne jede Überredung meinerseits fing er an, mir zu erklären, was die beiden letzten Male, als ich bei ihm gewesen, wirklich vorgegangen war. »Wie du weißt«, sagte er, »ist die Crux der Zauberei der innere Dialog. Dies ist der Schlüssel zu allem anderen. Wenn ein Krieger ihn anzuhalten lernt, wird alles für ihn möglich, die ausgefallensten Vorsätze werden erreichbar. Das Tor zu all den seltsamen, unheimlichen Erfahrungen, die du in letzter Zeit gemacht hast, war die Tatsache, daß du aufhören konntest, mit dir selbst zu reden. In vollkommener Nüchternheit hast du den Verbündeten gesehen. Genaros Doppelgänger, den Träumer und Geträumten, und heute hättest du beinahe die Ganzheit deiner selbst erfahren. Dies war' die Tat des Kriegers gewesen, die Genaro von dir erwartete. All dies war möglich wegen der Summe persönlicher Kraft, die du gespeichert hast. Es begann, als du das letzte Mal hier warst und als ich ein sehr vielversprechendes Omen entdeckte. Als du eintrafst, hörte ich den Verbündeten umherschleichen. Zuerst hörte ich seine leisen Schritte, und dann sah ich den Nachtfalter, wie er dich anschaute, als du aus dem Auto stiegst. Der Verbündete verharrte reglos und beobachtete dich. Das war für mich das beste Omen. Wäre der Verbündete unruhig gewesen, wäre er herumgelaufen, als sei ihm deine Anwesenheit unangenehm, wie es bisher stets der Fall war. dann wäre der Verlauf der Ereignisse ein anderer gewesen. Viele Male habe ich den Verbündeten in einer dir unfreundlichen Verfassung gesehen, aber diesmal war es das richtige Omen, und ich wußte, daß der Verbündete ein Stück Wissen für dich bereithielt. Das war auch der Grund, warum ich dir sagte, du habest eine Verabredung mit dem Wissen, eine Verabredung mit einem Nachtfalter, die seit langem fällig war. Aus uns unerfindlichen Gründen wählte der Verbündete die Gestalt eines Nachtfalters, um sich dir zu offenbaren.«
    »Aber du sagtest doch, der Verbündete sei gestaltlos, und man könne ihn nur an seinen Wirkungen erkennen«, sagte ich. »Das ist wahr«, sagte er. »Aber für außenstehende Betrachter, die mit dir in Verbindung stehen - für Genaro und mich -, ist der Verbündete ein Nachtfalter. Für dich ist er nur ein Effekt, eine Empfindung in deinem Körper oder ein Geräusch oder die goldenen Flecken des Wissens. Tatsache ist aber, daß der Verbündete, indem er die Gestalt eines Nachtfalters annimmt, Genaro und mir etwas sehr Wichtiges mitteilt. Nachtfalter sind Boten des Wissens und Freunde und Helfer der Zauberer. Gerade weil es dem Verbündeten gefallen hat, in deiner Gegenwart ein Nachtfalter zu sein, nimmt Genaro es bei dir so genau. Jene Nacht, als du, wie ich vorhergesehen hatte, dem Nachtfalter begegnet bist, da war es für dich eine echte Verabredung mit dem Wissen. Du lerntest den Ruf des Nachtfalters kennen, spürtest den Goldstaub seiner Flügel, aber vor allem warst du dir in dieser Nacht zum erstenmal bewußt, daß du sahst, und dein Körper erfuhr, daß wir leuchtende Wesen sind. Bisher hast du dir noch keinen rechten Begriff von diesem folgenschweren Ereignis in deinem Leben gemacht. Genaro bewies dir mit ungeheurer Eindringlichkeit und Klarheit, daß wir ein Gefühl sind und daß das. was wir unseren Körper nennen, ein Bündel leuchtender Fasern ist, die Bewußtsein haben. Und als du gestern abend herkamst, standst du wieder unter der freundlichen Obhut des Verbündeten. Als du eintrafst, kam ich und schaute dich an, und da wußte ich, daß ich Genaro rufen mußte, damit er dir das Geheimnis vom Träumer und dem Geträumten erkläre. Wie immer glaubtest du, ich spielte dir einen Streich. Aber Genaro war nicht im Gebüsch versteckt, wie du annehmen mochtest. Er kam eigens für dich herbei, auch wenn deine Vernunft sich weigert, es zu glauben.«
    Diesen Teil von Don Juans Erläuterungen konnte ich allerdings am wenigsten glauben. Ich konnte es einfach nicht zugeben. Genaro, sagte ich, sei doch real und von dieser Welt gewesen.
    »Alles, was du bisher erlebt hast, war real und von dieser Welt«, sagte er. »Es gibt keine andere Welt. Dein Stolperstein ist

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