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Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten

Titel: Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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um ihm zu erklären, daß ich mich durch Don Genaros Gebärden hätte täuschen lassen. Er machte eine rasche Handbewegung und sagte, ich solle nicht sprechen und gut achtgeben, was Don Genaro tun werde. Ich schaute mich wieder nach Don Genaro um, aber er war nicht mehr da. Ich meinte, er sei wohl herabgeklettert. Einige Zeit wartete ich darauf, daß er aus dem Gebüsch auftauchte. Der Felsen, auf dem er gestanden hatte, war eine eigentümliche Gesteinsformation; er sah eher wie ein riesiger Vorsprung an der Flanke einer noch höheren Felswand aus. Ich hatte doch nur für ein paar Sekunden weggeschaut. Falls er hinaufgeklettert war, hätte ich ihn bestimmt gesehen, bevor er den Gipfel der Felswand erreichte, und falls er herabgeklettert war, hätte ich ihn von dort, wo ich saß ebenfalls sehen müssen. Ich fragte Don Juan, wo Don Genaro sein mochte. Er antwortete, er stehe immer noch auf dem Felsvorsprung. Soviel ich erkennen konnte, war dort niemand, aber Don Juan behauptete immer wieder, Don Genaro stehe immer noch oben auf dem Felsen. Offenbar scherzte er nicht. Seine Augen blickten fest und wild. In scharfem Ton sagte er, meine Sinne seien nicht das geeignete Mittel, um zu ermessen, was Don Genaro tue. Er befahl mir, meinen inneren Dialog abzustellen. Ich lehnte mich auf und wollte eben meine Augen schließen. Da sprang Don Juan herbei und rüttelte mich an den Schultern. Er flüsterte, ich müsse die Augen auf den Felsvorsprung richten. Ich war schläfrig und hörte Don Juans Worte wie aus weiter Ferne. Automatisch schaute ich zum Vorsprung hinauf. Don Genaro war wieder da. Das interessierte mich nicht mehr. Halb bewußt stellte ich fest, daß mir das Atmen schwerfiel, aber bevor ich noch einen Gedanken daran wenden konnte, sprang Don Genaro herab. Auch dieser Vorgang weckte nicht mein Interesse. Er kam herbei und half mir, aufrecht zu stehen, indem er mich am Arm festhielt; Don Juan hielt meinen anderen Arm. So stützten die beiden mich von links und rechts. Dann war es nur noch Don Genaro, der mir beim Gehen half. Er flüsterte mir etwas ins Ohr, das ich nicht verstand, und plötzlich hatte ich das Gefühl, als ob er meinen Körper auf ganz komische Art vorwärtszog. Er packte mich buchstäblich an der Haut über meinem Bauch und zog mich auf den Felsvorsprung oder vielleicht auf einen anderen Felsen hinauf. Ich wußte, daß ich mich einen Augenblick lang auf einem Felsen befand. Ich hätte schwören können, daß es jener Felsvorsprung war; das Bild war jedoch so flüchtig, daß ich es nicht im einzelnen erkennen konnte. Dann spürte ich. wie irgend etwas in mir aussetzte und ich stürzte rücklings hinab. Ganz schwach empfand ich so etwas wie Angst oder körperliches Unbehagen. Als nächstes merkte ich. daß Don Juan mit mir sprach. Ich konnte ihn nicht verstehen. Ich konzentrierte meine Aufmerksamkeit auf seine Lippen. Ich fühlte mich wie im Traum und versuchte eine folienartige Hülle, die mich einschloß. von innen aufzureißen, während Don Juan sich bemühte, sie von außen aufzureißen. Schließlich platzte sie tatsächlich auf. und Don Juans Worte wurden hörbar - und ihre Bedeutung glasklar. Er befahl mir. aus eigener Kraft wiederaufzutauchen. Verzweifelt mühte ich mich, mein klares Bewußtsein wiederzugewinnen: doch ohne Erfolg. Ganz bewußt fragte ich mich, wieso es mir nur so schwerfiel. Ich kämpfte darum, mit mir selbst zu sprechen. Anscheinend wußte Don Juan um meine Schwierigkeiten. Er forderte mich auf, mich noch mehr anzustrengen. Irgend etwas da draußen hinderte mich daran, in meinen vertrauten inneren Dialog zu verfallen. Es war. als ob eine eigentümliche Macht mich schläfrig und gleichgültig machte. Ich kämpfte dagegen an, bis ich außer Atem war. Ich hörte, wie Don Juan auf mich einredete. Unwillkürlich krümmte mein Körper sich unter der Anspannung. Mir war. als kämpfte ich eng umschlungen einen tödlichen Kampf gegen irgend etwas, das mich am Atmen hinderte. Ich hatte keine Angst, eher war ich von einer unkontrollierbaren Wut besessen. Mein Zorn nahm solche Formen an, daß ich wie ein Tier knurrte und brüllte. Dann wurde mein Körper von einem Frösteln geschüttelt. Ich verspürte einen Schock, der mich auf der Stelle stoppte. Ich konnte wieder normal atmen, und dann wurde mir klar, daß Don Juan seinen Wasserbehälter über meinen Bauch und mein Genick geleert hatte und ich tropfnaß war.
    Er half mir aufrecht zu sitzen. Don Genaro stand auf dem Felsvorsprung. Er rief

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