Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
wie seine Geschichte erzählte, wurde er von seiner Dame Oriana verschmäht, die ihm geboten hatte, nicht eher, als bis es ihr Wille sei, in ihrer Gegenwart zu erscheinen; er zog sich deshalb auf den Felsen Armut zurück, seine Gesellschaft war ein Einsiedel, und dorten weinte er so lange, bis ihm der Himmel in seiner größten Not und Bedrängnis Hilfe sendete. Ist dies nun wahr, wie es wahr ist, warum soll ich mich damit abquälen, ganz nackt herumzulaufen, diesen Bäumen Schaden zuzufügen, die mir kein Leid tun, warum soll ich das Wasser dieser klaren Bächlein trüben, die mir, wenn ich durstig bin, zu trinken reichen müssen? Nein! es lebe Amadis! Und ihm will Don Quixote von la Mancha nachahmen, so gut er nur kann: wenigstens soll man auch auf ihn den bekannten Ausspruch anwenden können, daß, wenn er große Taten nicht vollendete, er im Versuche starb. Und wenn ich auch nicht von meiner Dulcinea verworfen oder verachtet bin, so ist es, wie schon gesagt, genug, von ihr entfernt zu sein. Auf dann! Die Hand ans Werk! Kommt in mein Gedächtnis, all ihr Handlungen des Amadis, und lehrt mich, wie ich den Anfang mache, euch nach zu ahmen! Doch ich erinnere mich, das Vorzüglichste, was er tat, war beten, und dieses will ich auch tun«. –
Er zog hierauf einige große Galläpfel von einer Eiche auf einen Faden, die ihm zum Rosenkranze dienen mußten; was ihn aber sehr bekümmerte, war, daß er keinen Einsiedler auffinden konnte, dem er beichtete und mit dem er sich tröstete, er mußte sich also damit unterhalten, auf der kleinen Wiese auf und ab zu gehen, Verse in die Rinde der Bäume zu schneiden oder im Sande niederzuschreiben, die seine Traurigkeit besangen und andere zum Lobe Dulcineas waren; diejenigen, die man noch fand und die man noch lesen konnte, als man sie fand, waren nicht mehr als folgende:
Ihr Pflanzen, so frisch und so heiter,
die ihr auf dem Platze hier seid,
ihr Bäume, ihr grünenden Kräuter,
wenn ihr euch des Unglücks nicht freut,
so hört meine Klagen nun weiter.
Macht doch meinen Schmerz nicht zur Zote,
denn er ist so fürchterlich ja,
so steht euch ein Bach zu Gebote,
denn hier bewein’ ich, Don Quixote,
die Trennung von Dulcinea
von Toboso.
Hier ist er, der Ort, den erwählet
der Liebende, ewig getreu,
der ihn der Geliebten verhehlet,
hier reißet der Schmerz ihn entzwei,
er weiß nicht recht, was ihn quälet.
Die Liebe, sie schleppt ihn im Kote,
wie keinem es jemals geschah,
drum welkt er wie Bohn’ oder Schote,
denn hier bewein’ ich, Don Quixote,
die Trennung von Dulcinea
von Toboso.
Er suchte wohl hier Abenteuer,
in Orten an Felsen so reich,
er flüchtete dem Ungeheuer,
dort hört er im wüsten Gesträuch
von Leiden nur die alte Leier.
Es peitscht ihn die Liebe zu Tode
und bleibet zur Marter ihm nah,
drum kratzt er den Kopf mit der Pfote,
denn hier bewein’ ich, Don Quixote,
die Trennung von Dulcinea
von Toboso.
Bei denjenigen, die diese Verse fanden, erregte der Zusatz von Toboso nach dem Namen Dulcinea ungemeines Gelächter, denn sie glaubten, daß Don Quixote glauben müsse, daß, wenn er Dulcinea nenne und nicht auch das Toboso hinzufügte, die Strophe unverständlich bliebe: und dies war auch in der Tat der Fall, wie er es nachher gestanden hat. Er schrieb noch mehr Gedichte, aber wie gesagt, sie erhielten sich nicht und nur diese drei Strophen blieben vollständig übrig. Hiermit, und daß er seufzte und die Faunen und Sylvanen der Gebüsche dort anrief, die Nymphen der Flüsse und das trauernde klägliche Echo, wie sie ihm alle antworten, Trost geben und zuhören möchten, unterhielt er sich, auch suchte er Kräuter, um sich mit diesen so lange zu erhalten, bis Sancho wiederkäme; wenn dieser so drei Wochen weggeblieben wäre, wie er drei Tage ausblieb, so wäre der Ritter von der traurigen Gestalt so ungestalt geworden, daß ihn seine leibliche Mutter selbst nicht wiedererkannt hätte.
Wir wollen ihn jetzt in seinen Seufzern und Versen verhüllt lassen, um zu erzählen, was dem Sancho Pansa auf seiner Gesandtschaft begegnete. Als er auf die große Straße gelangt war, machte er sich auf den Weg nach Toboso und gelangte am folgenden Tage bei der Schenke an, wo ihn das Mißglück mit der Prelle betroffen hatte; er hatte die Schenke kaum erblickt, als es ihm auch schon so war, als wenn er wieder in den Lüften flöge, weshalb er auch nicht einkehren wollte, ob es gleich eine Stunde war, in der er es wohl gekonnt und gesollt hätte, denn es war um die Mittagszeit, und er
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