Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
anschrieb, und ging so und mit einem Jungen, der ein Endchen Licht trug, und mit den beiden oben genannten Jungfrauen zu Don Quixote hin. Diesem gebot er, sich auf die Knie niederzulassen, und indem er in seinem Manuale las (als wenn er ein andächtiges Gebet hersagte), erhob er unter dem Lesen die Hand und gab ihm einen guten Schlag an den Hals, hierauf einen zierlichen Rückenschlag mit seinem eigenen Schwerte, indem er immer zwischen den Zähnen murmelte, als wenn er etwas hersagte. Dann befahl er der einen Dame, ihm das Schwert umzugürten, die es auch mit vieler Artigkeit und ziemlichem Anstande tat, ob sie gleich große Mühe hatte, bei diesen Zeremonien nicht in ihr erstes Lachen wieder zu verfallen; doch hielten die Tapferkeiten, die sie den neuen Ritter verüben gesehen, die Lachlust in ihre Schranken zurück. Indem sie ihm das Schwert umgürtete, sprach die wackere Dame: »Gott mache Euer Gnaden zu einem glücklichen Ritter und gebe Euch glückliche Kämpfe.« Don Quixote fragte nach ihrem Namen, um zu wissen, wem er für die empfangene Vergünstigung verbindlich, weil er gesonnen, ihr einen Teil der Ehre, die ihm die Tapferkeit seines Armes erwerben würde, abzutreten. Sie antwortete mit vieler Demut, daß man sie Tolosa nenne, sie sei die Tochter eines Pfandlehners zu Toledo gebürtig, jetzt auf den Bleichen von Sanchobienaya ansässig, und daß sie ihn in allem, worin er befehlen, dienen und ihn für ihren Herrn erkennen wolle. Don Quixote antwortete, daß sie sich aus Liebe zu ihm künftig Fräulein möge nennen lassen und das Lehn vor ihren Namen setzen, mithin sich also Lehnfräulein zu Tolosa nennen solle. Sie versprach es ihm, und die andere befestigte ihm die Sporen, mit der dasselbe Gespräch wie mit der Schwert-Dame begann. Er fragte nach ihrem Namen, und sie sagte, daß man sie die Müllerin nenne, denn ihr Vater sei ein angesehener Müller zu Anteaquera. Don Quixote bat sie gleichfalls, das Don vorzusetzen, und sich Doña Müllerin zu nennen, indem er ihr Dienste und Dankbarkeit anbot.
    Nachdem schnell und eilig diese unerhörten Zeremonien beendigt waren, konnte Don Quixote die Zeit nicht mehr erwarten, sich auf dem Pferde zu sehen, um auszuziehen und Abenteuer aufzusuchen. Er lief sogleich zum Rosinante, bestieg ihn und umarmte seinen Wirt, indem er ihm so wunderliche Dinge sagte, und seine Verbindlichkeit, daß er ihn zum Ritter geschlagen, so erhöhte, daß es sich nicht wiederholen und erzählen läßt. Der Schenkwirt, um ihn nur bald aus seiner Schenke zu wissen, antwortete ebenso rhetorisch, aber kürzer, und ließ ihn, ohne seine Zehrung zu verlangen, auf gut Glück fortziehn.

4. Kapitel

    Was unserem Ritter begegnete, als er die Schenke verließ.
    Mit Tagesanbruch verließ Don Quixote die Schenke, so zufrieden, vergnügt und hocherfreut, sich als Ritter zu sehen, daß er fast vor Entzücken den Sattelgurt seines Pferdes zerriß. Er erinnerte sich aber des Rats seines Wirtes, in Ansehung der notwendigen Erfordernisse, die er bei sich führen solle, vorzüglich Geld und Hemden, und beschloß also nach Hause zurückzukehren, um sich zugleich mit einem Edelknaben zu versorgen, wozu er einen Bauer, seinen Nachbar, bestimmte, der arm war und Kinder hatte, ihm aber zum Dienste eines Edelknaben der Ritterschaft vorzüglich tauglich schien.
    Mit diesen Vorstellungen lenkte er den Rosinante nach der Gegend seines Dorfes zu, der, als wenn er diese Absicht verstünde, mit solcher Bereitwilligkeit zu laufen anfing, daß es schien, als wenn seine Beine den Boden nicht berührten. Er war noch nicht weit geritten, als es ihm vorkam, als wenn rechts aus einem Gebüsche die schwache Stimme einer Person ertöne, die Klagen führe. Kaum hatte er sie vernommen, als er sprach: »Ich danke dem Himmel für die Gnade, die er mir widerfahren läßt, indem er mir so schnell Gelegenheiten vorführt, die Pflichten meines Standes zu erfüllen und die Früchte meines edlen Entschlusses einzusammeln; ohne Zweifel rühren diese Klagen von einem Genotdrängten oder von einer Notgeängsteten her, die meiner Liebe und Hilfe benötigt sind.« – Er lenkte zugleich den Zügel und ritt mit dem Rosinante dahin, woher ihm die Stimme zu kommen schien. Als er im Gebüsche nur wenige Schritte gemacht hatte, sah er eine Stute an einer Eiche, an einem anderen Eichbaume aber einen Jungen gebunden, der von den Schultern bis zu den Hüften nackt war, ungefähr fünfzehn Jahre alt sein mochte und eben derjenige war, der Klagen

Weitere Kostenlose Bücher