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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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würden. Wie er seiner Tochter ansichtig ward, fing er an auf das kläglichste zu weinen, vorzüglich als er sah, daß ich sie fest in meine Arme geschlossen hielt und daß sie, ohne sich zu sträuben, zu klagen oder nur auszuweichen, ruhig blieb, aber dennoch schwieg er still, damit die Drohungen des Renegaten nicht in Erfüllung gehen möchten. Wie sich nun Zorayda in der Barke sah und daß wir zu rudern anfangen wollten, und wie sie ihren Vater und die festgebundenen Mohren wahrnahm, sagte sie dem Renegaten, daß er mich bitten möchte, die Mohren loszubinden und ihren Vater frei zu machen, denn sie würde sich eher ins Meer stürzen, als vor ihren Augen und ihretwegen einen Vater gefangen zu sehen, der sie immer so sehr geliebt habe. Der Renegat sagte mir dies, und ich antwortete, daß ich es zufrieden sei, er aber erwiderte, daß man das nicht könne, denn wenn man sie dort ließe, würden sie sogleich das Land und die Stadt in Aufruhr bringen und bewirken, daß man uns mit einigen leichten Fregatten nachsetzte. Man würde uns Land und Meer abschneiden, wodurch wir dann unmöglich entwischen könnten; man könne ihnen aber wohl die Freiheit geben, sobald wir an ein christliches Land gekommen seien.
    In diese Meinung stimmten wir alle ein, und Zorayda (der dies und die Ursachen gesagt wurden, weshalb wir nicht sogleich ihren Wunsch erfüllten) war auch damit zufrieden, und zugleich griffen alle stillschweigend und mit freudigem Mute zu den Rudern; wir empfahlen uns Gott von ganzem Herzen und schifften nach der Gegend der Insel Majorca, die das nächste christliche Land ist. Ein starker Wind aber fing an uns entgegenzuwehen, und das Meer wurde so stürmisch, daß es nicht möglich war, die Fahrt nach Majorca fortzusetzen. Wir waren also gezwungen, dicht am Lande nach der Gegend von Oran fortzurudern, indem wir immer besorgen mußten, von Sargel aus entdeckt zu werden, welches auf dieser Küste, sechzig Meilen von Algier entfernt, liegt, so wie wir auch befürchten mußten, auf diesem Wege einer von den Galeeren zu begegnen, die mit Kaufmannsgütern von Tetuan kommen, obgleich wir alle glaubten, daß, wenn uns ein Kauffahrteischiff begegnete, vorausgesetzt, daß es kein Korsar sei, wir uns wohl halten oder gar das andere Schiff erobern könnten, in welchem wir dann unsere Reise sicherer fortsetzen würden. Zorayda hielt indes immer ihren Kopf in meinen Händen, um ihren Vater nicht zu sehen, und ich hörte, wie sie Lela Marien um Beistand anrief.
    Wir mochten wohl dreißig Meilen gefahren sein, als der Morgen anbrach, und wir uns nur drei Musketenschüsse vom Land entfernt sahen, die ganze Gegend aber war einsam und kein Mensch zu sehen, der uns hätte verraten können; aber dennoch ruderten wir mit aller Gewalt weiter in das hohe Meer hinein, das nun schon beruhigter war, und nachdem wir zwei Meilen gefahren waren, sagte ich, daß wir abwechselnd rudern wollten, um essen zu können, denn wir hatten unsere Barke gut versehen; diejenigen aber, die am Ruder saßen, sagten, daß noch keine Zeit wäre, um auszuruhen, die übrigen, die nicht ruderten, möchten nur essen, sie wollten die Arbeit durchaus nicht fahren lassen. So geschah es, und zu gleicher Zeit fing ein starker Wind an zu wehen, so daß wir die Segel aufspannen und das Rudern unterlassen mußten, worauf wir uns nach Oran wandten, weil jede andere Richtung unmöglich war. Dies alles geschah sehr schnell, und so segelten wir in einer Stunde wohl acht Meilen, indem wir nichts weiter fürchteten, als daß uns ein Korsar begegnen möchte. Den Mohren gaben wir Speise, und der Renegat tröstete sie, daß sie keine Gefangenen wären, sondern daß sie mit der ersten Gelegenheit ihre Freiheit haben sollten. Dasselbe sagte er dem Vater der Zorayda, welcher antwortete: ›Ich kann, ihr Christen, von eurer Freigebigkeit und eurem guten Willen jedwedes andere Geschenk erwarten, haltet mich aber nicht für so einfältig, daß ich glauben sollte, ihr würdet mir die Freiheit geben, denn wie hättet ihr mich mit so großer Gefahr fortgeführt, wenn ihr mich loslassen wolltet? Da ihr außerdem wißt, wer ich bin und wie teuer ich meine Freiheit erkaufen kann; nennt nur den Preis, und ich will euch alles für mich und für diese meine unglückselige Tochter bewilligen, oder auch für sie allein, denn sie ist die größere und bessere Hälfte meiner Seele.‹
    Bei diesen Worten fing er an so bitterlich zu weinen, daß wir alle zum Mitleid bewegt wurden und Zorayda gezwungen

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