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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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weichen Herzen nicht länger ertragen, ihren Vater gebunden vor sich und die übrigen aus ihrem Lande entführt zu sehen. Wir hatten auch bei unserer Abreise dies zu tun versprochen, und wir liefen dabei keine Gefahr, sie an einem einsamen Orte zurückzulassen.
    Unsere Gebete waren nicht vergeblich, sondern der Himmel erhörte sie, denn es fing an ein günstiger Wind zu wehen, das Meer wurde ruhig, worauf wir den Vorsatz faßten, mit frischem Mute unsere angefangene Reise fortzusetzen. Wir banden also die Mohren los und setzten sie einen nach dem anderen an das Land, worüber sie sich sehr verwunderten; als wir aber den Vater der Zorayda, der wieder zu sich gekommen war, ans Land führen wollten, sagte er: ›Warum meint ihr, Christen, daß dieses böse Mädchen will, daß ihr mir die Freiheit gebt? Meint ihr, es sei aus Liebe, die sie zu mir trägt? Nein, wahrlich nicht, sondern sie will sich nur von meiner Gegenwart nicht stören lassen, wenn sie ihr böses Vorhaben ausführt; glaubt auch nicht, daß sie ihre Religion deswegen verändert, weil sie einsieht, daß die eurige besser als die unserige ist, sondern weil sie weiß, daß in eurem Lande die Schändlichkeit öffentlicher als in dem unserigen getrieben wird.‹ Er kehrte sich hierauf zu Zorayda, indem er von mir und einem anderen Christen an beiden Armen gehalten wurde, damit er kein Unheil anrichten möchte, und sagte: ›O du nichtswürdiges Kind! Unverständige Törin! Wohin willst du, Verblendete, in der Gesellschaft dieser Hunde, unserer geborenen Feinde? Verflucht sei die Stunde, in der ich dich zeugte! Verflucht sei die Freude und jede Liebkosung, womit ich dich erzogen habe!‹
    Da ich aber sah, daß er noch lange fortfahren würde, ließ ich ihn schnell ans Land setzen, von wo er uns laut schreiend mit seinen Verwünschungen und Wehklagen verfolgte, indem er Mahomet und Allah anrief, uns zu vernichten und gänzlich zu zerstören. Als wir schon weiter fortgesegelt waren und seine Worte nicht mehr hören konnten, sahen wir doch noch seine Gebärden, denn er riß seinen Bart aus, raufte sich die Haare und wälzte sich auf dem Boden; nur einmal erhob er die Stimme so laut, daß wir seine Worte vernehmen konnten: ›Komm zurück, geliebtes Kind, komm zurück, denn ich vergebe dir alles, überlaß diesen Leuten alles Geld, und komm zurück, um deinen elenden Vater zu trösten, der auf diesem wüsten Sande sein Leben lassen wird, wenn du ihn verläßt!‹
    Alle diese Worte hörte Zorayda, sie weinte unaufhörlich und antwortete ihm folgendes: ›Bitte Allah, mein Vater, daß Lela Marien dich tröste, die mich dazu bewogen hat, Christin zu werden. Allah weiß, daß ich nichts anderes tun konnte, als was ich getan habe, und daß diese Christen mich nicht dazu überredet haben, denn wenn ich auch nicht mit ihnen gereist wäre, so hätte ich doch nicht in meinem Hause bleiben können, weil meine Seele mich eifrig antrieb, das ins Werk zu setzen, was mir so gut scheint, wie du es, geliebter Vater, für böse hältst.‹
    So sprach sie noch, indem ihr Vater sie nicht mehr hörte und wir ihn nicht mehr sahen. Ich tröstete Zorayda, und wir setzten unsere Reise fort, die der günstige Wind beschleunigte, so daß wir gewiß glaubten, uns am folgenden Morgen am spanischen Ufer zu befinden.
    Wie aber das Glück selten oder nie ganz rein und ungetrübt erscheint, ohne daß ein Unglück es begleite oder zerstöre, so wollte es das Schicksal haben – oder vielleicht machten es die Flüche des Mohren, die er seiner Tochter mitgegeben hatte, denn die Verwünschungen eines Vaters sind immer furchtbar –, daß, als wir so fortfuhren und schon drei Stunden der Nacht verflossen waren, das Segel aufgespannt, die Ruder in Ruhe, weil der Wind unsere Arbeit unnötig machte, wir plötzlich beim hellen Scheine des Mondes nahe an uns ein rundes Schiff sahen, das mit vollen Segeln und so dicht vor uns vorbeistrich, daß wir die Segel einziehen mußten, um nicht anzustoßen, und sie richteten sich ebenfalls ein, damit wir vorbeifahren könnten. Sie hatten sich auf den Rand des Schiffes begeben, um zu fragen, wer wir wären, wohin wir führen und woher wir kämen; da sie dies aber in französischer Sprache fragten, sagte der Renegat: ›Antworte keiner, denn sie sind gewiß französische Korsaren, die auf alles fahnden.‹
    Wir gaben nach diesem Rat keine Antwort, und da wir schon etwas weiter gefahren waren und wieder Wind gewonnen hatten, wurden plötzlich zwei Stücke

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