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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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ward, ihn anzusehen; da sie nun seine Tränen sah, wurde sie so sehr gerührt, daß sie von mir ging und ihren Vater umarmte, sie drückte ihr Gesicht an das seinige, und beide fingen ein so herzliches Wehklagen an, daß viele von denen, die zugegen waren, ebenfalls weinen mußten.
    Als ihr Vater sie aber so festlich geschmückt und mit so vielen Juwelen bedeckt sah, sagte er in ihrer Sprache zu ihr: ›Was ist dies, meine Tochter? Gestern, ehe uns dies gegenwärtige fürchterliche Unglück betroffen hatte, sah ich dich in deinen gewöhnlichen häuslichen Kleidern, und jetzt, ohne daß du Zeit hattest dich anzukleiden, und ohne daß ein Glücksfall dir Veranlassung gab dich zu putzen und zu schmücken, sehe ich dich in dem herrlichsten Schmuck, den ich dir nur jemals schenken konnte, als das Glück uns am günstigsten war? Antworte mir hierauf, denn es verwundert mich noch viel mehr als das Unglück, in welchem ich mich befinde.‹
    Alles, was der Mohr zu seiner Tochter sprach, erklärte uns der Renegat, und sie antwortete mit keinem Laut. Als er aber in einem Winkel der Barke das Kästchen sah, in welchem sie ihre Juwelen aufzuheben pflegte und wovon er wußte, daß es in Algier zurückgeblieben und nicht mit nach dem Garten genommen sei, geriet er in noch größere Verwirrung und fragte, wie das Kästchen in unsere Hände geraten wäre und was sich darin befinde? Worauf der Renegat, ohne Zorayda antworten zu lassen, so antwortete: ›Sei ruhig, Herr, und frage deine Tochter Zorayda dergleichen Sachen nicht, denn ich will dir mit einem Male alles beantworten. Wisse also, daß sie eine Christin ist, die Feile, die uns von unseren Ketten erlöste, die Befreiung unserer Gefangenschaft; mit ihrem Willen geht sie mit uns und ist über ihren gegenwärtigen Zustand vergnügt, denn sie kommt aus Finsternis in Licht, aus dem Tode in Leben, aus Trübsal in Herrlichkeit.‹
    ›Ist das Wahrheit, was jener sagt, meine Tochter?‹ fragte der Mohr.
    ›So ist es‹, antwortete Zorayda.
    ›Du wärst also‹, erwiderte der Alte, ›in der Tat Christin und hättest deinen Vater in die Gewalt seiner Feinde gegeben?‹
    Worauf Zorayda antwortete: ›Wahr ist es, daß ich Christin bin, doch habe ich dich nicht in diesen Zustand versetzt, denn niemals habe ich den Wunsch gehabt, dich zu verlassen, noch dir etwas Übles, sondern nur mir Gutes zu tun.‹
    ›Und welches Gute tust du dir, mein Kind?‹
    ›Dies‹, antwortete sie, ›mußt du Lela Marien fragen, sie wird dir das besser als ich sagen können.‹
    Kaum hatte der Mohr dies gehört, als er sich mit unglaublicher Schnelligkeit köpflings ins Meer stürzte, wo er gewiß ertrunken wäre, wenn seine großen und weiten Gewänder ihn nicht einige Zeit über dem Wasser erhalten hätten. Zorayda rief, daß wir ihm helfen möchten, und wir alle liefen sogleich hinzu; er wurde bei seinem Oberkleide ergriffen und bewußtlos in das Schiff gezogen, worauf Zorayda mit solcher Trauer, als wenn er schon gestorben wäre, über ihn ein heftiges und klägliches Jammergeschrei begann. Wir stellten ihn mit dem Kopfe nach unten, und er gab vieles Wasser von sich, worauf er nach zwei Stunden wieder zu sich kam, während welcher Zeit sich der Wind wieder gedreht hatte und uns nach dem Lande zutrieb, wogegen wir uns mit aller Gewalt des Ruderns setzen mußten. Das Glück aber fügte es besser, so daß wir in eine Bucht gelangten, die an einem kleinen Vorgebirge liegt, welches die Mohren Cava Rumia nennen, was in unserer Sprache soviel als das böse Christenweib heißt, und es ist bei den Mohren eine Sage, daß die Cava hier begraben liege, durch welche Spanien verlorenging; denn Cava heißt in ihrer Sprache soviel als das böse Weib, und Rumia Christin. Sie halten es auch für eine üble Vorbedeutung, sich hier vor Anker zu legen, wenn sie die Not einmal dazu zwingt, denn freiwillig tun sie es niemals; für uns aber war dieser Ort kein böses Weib, sondern eine sichere Zuflucht, bis sich das Meer geändert hätte. Auf dem Lande stellten wir Wachen aus, und die übrigen ließen die Ruder nicht aus den Händen; wir aßen von dem, womit uns der Renegat versorgt hatte, und baten Gott und unsere Jungfrau von ganzem Herzen, daß sie uns helfen und begünstigen möchten und einem so glücklichen Anfange einen ebenso glücklichen Ausgang gewähren.
    Es wurde hierauf auf Bitten der Zorayda eingerichtet, daß man ihren Vater und die übrigen gebundenen Mohren an das Land setzte; denn sie konnte es in ihrem

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