Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
die Würde des Don Fernando und die Absicht des Don Luis erfuhren, so beschlossen sie unter sich, daß drei zurückkehren sollten, um dem Vater zu erzählen, was sich zugetragen habe, der eine aber sollte zu den Diensten des Don Luis bleiben und ihn nicht eher verlassen, bis jene zurückkämen oder er erführe, was der Vater seinetwegen beschlossen habe.
So wurden durch das Ansehen des Agramant und die Klugheit des Königs Sobrino diese verworrenen Händel entwirrt; da sich aber der Feind der Eintracht und der Widersacher des Friedens so verspottet und verachtet sah und wie ihm so wenig Nutzen daraus erwachsen, daß er sie alle in dieses Labyrinth geführt hatte, beschloß er, noch einmal Hand anzulegen und Zwist und Unfrieden von neuem zu erwecken.
Es geschah also, daß die Häscher ruhig wurden, da sie gehört, daß sie mit vornehmen Leuten gestritten hatten, sie zogen sich aus den Händeln zurück, weil sie glaubten, es möchte sich entscheiden, wie es wollte, so würden sie in dieser Schlacht immer den kürzeren ziehen; der eine aber, der von Don Fernando geprügelt und getreten war, erinnerte sich, daß unter anderen Verhaftsbefehlen, die er gegen einige Delinquenten bei sich habe, er auch einen gegen Don Quixote mit sich führe, den die heilige Brüderschaft deshalb ausgestellt, weil er die Galeerensklaven frei gemacht, wie Sancho es immer mit vielem Grunde befürchtet hatte. Da ihm dieser Gedanke einfiel, wollte er sich überzeugen, ob die angegebenen Kennzeichen mit Don Quixote übereinstimmten, er nahm deshalb ein Pergament aus dem Busen und fand das, was er suchte; nun fing er an langsam zu lesen, denn das Lesen wurde ihm sauer, und bei jedem Worte, das er las, warf er die Augen auf Don Quixote und verglich die Kennzeichen des Befehls mit dem Gesichte, worauf er überzeugt wurde, daß er der nämliche sei, den er hier beschrieben fand. Und kaum wußte er dieses gewiß, als er sein Pergament wieder einsteckte, in der Linken den Befehl hielt und mit der Rechten den Don Quixote so kräftig beim Kragen ergriff, daß dieser kaum Atem holen konnte, wobei er mit lauter Stimme rief: »Im Namen der heiligen Brüderschaft! und damit ihr seht, daß ich recht habe, leset diesen Befehl, worin mir geboten wird, diesen Straßenräuber zu fangen.«
Der Pfarrer nahm den Befehl und sah, daß der Häscher die Wahrheit sagte, da alle angegebenen Kennzeichen auf Don Quixote paßten. Dieser aber, da er sich von einem so gemeinen Bösewicht so schlecht behandelt sah, geriet in die äußerste Wut, er strengte alle seine Kräfte an und packte mit beiden Händen den Häscher bei der Gurgel, daß, wenn ihm seine Gefährten nicht zu Hilfe gekommen, dieser eher den Geist aufgegeben, als Don Quixote seine Beute fahren gelassen hätte. Der Wirt, der ihnen vermöge seines Amtes beistehen mußte, lief sogleich hinzu, um ihnen Hilfe zu leisten; die Wirtin, die ihren Mann von neuem in Händel verwickelt sah, erhob wieder ihre Stimme, bei deren Klang auch Maritorne und die Tochter einstimmten und den Himmel sowie die Umstehenden um Hilfe riefen. Da Sancho sah, was vorging, rief er aus: »So wahr Gott lebt, es ist doch wahr, was mein Herr von den Bezaubereien dieses Kastells sagt, denn man kann nicht eine Stunde ruhig darin leben!«
Don Fernando trennte den Häscher und Don Quixote und machte ihnen beiden zu ihrer Freude die Hände los, die dieser im Koller und jener in der Gurgel des anderen verwickelt hatte; deshalb wollten aber die Häscher ihre Beute nicht fahren lassen, sie riefen, man solle ihnen helfen den Menschen binden, dies sei man dem Könige und der heiligen Brüderschaft schuldig, in deren Namen sie wiederum um Beistand baten, um diesen Spitzbuben, Straßenräuber und Buschklepper gefangenzunehmen.
Don Quixote lachte, als er diese Reden hörte, und sagte mit großer Leutseligkeit: »Hört doch, ihr törichten und schlechterzogenen Menschen; nennt ihr das die Straßen berauben, wenn man Gefesselte befreit, Gefangene losmacht, den Elenden Hilfe leistet, die Gefallenen aufrichtet, die Hilfsbedürftigen tröstet? O ihr nichtswürdigen Menschen, ihr verdient durch eure niederträchtige Dummheit, daß euch der Himmel die Trefflichkeit niemals einsehen läßt, welche die irrende Ritterschaft mit sich führt, daß er niemals diese sündhafte Unwissenheit von euch nimmt, die euch hindert, den Schatten eines irrenden Ritters zu verehren, wie vielmehr den Ritter selbst mit seiner körperlichen Gegenwart! Hört doch, ihr aufhaschenden
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