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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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keusche, tugendhafte und edle Dame; dann ein christlicher Ritter, der ebenso tapfer als menschlich ist; dort wieder ein wilder, prahlerischer Barbar; hier ein vortrefflicher Fürst, der sich großmütig und verständig zeigt; die treue Ergebenheit seiner Untertanen, die Hoheit und die Belohnung seiner Günstlinge, ja, der Verfasser kann sich als Astrolog zeigen, als kundiger Kosmograph, als Musiker, als einen Staatsverständigen, und wenn es die Gelegenheit erfordert und er sonst Lust hat, selbst als Nekromanten. Er kann uns die Schlauheit des Ulysses darstellen, die Frömmigkeit des Äneas, den Mut des Achilles, das Unglück des Hektor, die Verräterei des Sinon, die Freundschaft des Eurialus, die Freigebigkeit Alexanders, die Seelengröße Cäsars, die Güte und Wahrhaftigkeit Trajans, die Treue des Zopyrus, die Weisheit des Cato, kurz, alle die Vollkommenheiten, welche einen großen Mann ausmachen, bald in einem Helden vereinigt, bald unter verschiedene verteilt. Dies in einem anmutigen Stile vorgetragen und von einer sinnreichen Erfindung begleitet, die so nahe als möglich an die Wahrheit grenzt, würde gewiß ein Gewebe von buntfarbigen und schön verschlungenen Fäden darstellen, welches vollendet uns eine so große Vollkommenheit und Schönheit zeigte, daß eine solche Erfindung den Zweck, zugleich zu ergötzen und zu belehren, besser als alle übrigen Schriften ausfüllen würde, denn der mannigfaltige Inhalt gäbe dem Verfasser Gelegenheit, sich bald als epischen, lyrischen, tragischen oder komischen Dichter zu zeigen, in Verbindung aller jener Dinge, aus denen die höchst lieblichen und anmutigen Künste der Poesie und der Rede bestehen; denn die epische Dichtkunst darf ebensowohl in Prosa wie in Versen vorgetragen werden.«

48. Kapitel

    In welchem der Kanonikus die Materie von den Ritterbüchern fortsetzt, nebst anderen Dingen, die seines Verstandes nicht unwürdig sind.
    »Ihr habt vollkommen recht, Herr Kanonikus«, sagte der Pfarrer, »und deshalb verdienen diejenigen sehr scharf getadelt zu werden, die bisher dergleichen Bücher schrieben, ohne auf eine verständige Anordnung, auf Kunst und Regeln Rücksicht zu nehmen, wodurch sie sich in Prosa ebenso berühmt hätten machen können, als es in Versen die beiden Fürsten der griechischen und lateinischen Poesie geworden sind.«
    »Ich wenigstens«, versetzte der Kanonikus, »bin in großer Versuchung gewesen, ein Ritterbuch zu verfassen, in dem ich alles beobachten wollte, von dem ich soeben gesprochen habe, und die Wahrheit zu gestehen, so habe ich schon mehr als hundert Bogen davon geschrieben, und um die Probe zu machen, ob ich auch meinen Endzweck erreicht hätte, habe ich es Leuten mitgeteilt, die solche Lektüre mit Leidenschaft lieben, sowohl Verständigen und Unterrichteten als auch Unwissenden, die nur ein Vergnügen daran finden, Unsinn zu hören, und alle haben mir einstimmig ihren Beifall bezeigt. Ich habe aber dessenungeachtet nicht fortgefahren, weil es mir vorkam, daß dies eine Beschäftigung sei, die sich für meinen Stand nicht zieme, und weil ich bedachte, daß es mehr Narren als Kluge in der Welt gibt, und ob es freilich wohl vorzuziehen ist, von wenigen Verständigen gelobt als von vielen Toren getadelt zu werden, so mochte ich mich doch nicht dem verwirrten Urteile der nichtigen Menge zu unterwerfen, die doch nur meistenteils dergleichen Bücher liest.
    Was mir aber diese Arbeit am meisten verleidete, so daß ich sogar den Gedanken daran aufgab, war ein Argument, das ich mir selber vorlegte und das ich von den Komödien entlehnte, die jetzt vorgestellt werden, indem ich zu mir sagte: Wenn die Schauspiele, die jetzt gebräuchlich sind, sowohl die erfundenen als die aus der Historie entlehnten, alle, oder doch die meisten für unsinnig erkannt und Dinge sind, die weder Hand noch Fuß haben, und der große Haufe sie dennoch mit dem größten Vergnügen anhört und sie für vortrefflich hält, so weit sie auch davon entfernt sind, und wenn die Autoren, die sie machen, sowie die Schauspieler, die sie vorstellen, sagen, daß sie so sein müssen, weil sie der große Haufe so verlangt und durchaus nicht anders, und daß diejenigen, die die Fabel nach der Kunst behandeln, nur für ein paar Verständige schreiben, die es begreifen, und alle übrigen bei ihrem Kunstwerke nur Langeweile empfinden, und daß sie es für besser halten, von vielen Brot zu erwerben als Ehre bei wenigen; so wäre es mir am Ende mit meinem Buche auf gleiche Weise

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