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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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Gebüsche erklang, und gleich darauf sahen sie aus dem Schatten eine schöne Ziege hervorspringen, deren Fell mit schwarzen, weißen und grauen Flecken bedeckt war, hinter ihr kam ein Schäfer, der sie mit den gebräuchlichen Tönen und Worten zurückrief, daß sie stillstehen oder nach dem Stalle kommen sollte. Die Ziege, die erschreckt und in Angst war, lief zu den Leuten, als wenn sie um ihren Schutz bitten wollte, und blieb bei ihnen. Der Ziegenhirt kam auch herbei, faßte sie bei den Hörnern und sagte, als wenn sie ihn verstehen könnte: »Du Läuferin, Läuferin, Schecke, Schecke, ei! ei! wie bist du denn heute wieder auf so schlechten Wegen? Jagen dir etwa Wölfe Furcht ein, mein Kind? Wie kommt denn das, mein schönes Tier? Aber du bist freilich ein Weibchen, und da kannst du nicht ruhig bleiben; zum Henker mit deiner Laune und allen, denen du es nachmachst! Komm zurück, komm zurück, mein Tierchen, denn wenn es dir auch nicht ganz wohl da ist, so bist du doch in deiner Hürde sicherer, oder auch unter deinen anderen Gefährten; du sollst ihnen ein Beispiel geben und sie anführen und läufst selber so ohne Weg und Steg herum, was sollen sie sich daraus entnehmen?«
    Die Worte des Hirten machten allen Zuhörern vieles Vergnügen, vorzüglich dem Kanonikus, welcher sagte: »Tut mir den Gefallen, mein Freund, und gebt Euch nun zur Ruhe, bringt auch die Ziege nicht so geschwind nach dem Stalle zurück, denn sie ist ja ein Weibchen, wie Ihr sagt, und muß ihrer natürlichen Neigung folgen, wenn Ihr sie auch noch so sehr bewacht. Nehmt diesen Bissen und trinkt einmal dazu, damit Ihr Euren Zorn dämpft und die Ziege indessen ausruhen kann.« Mit diesen Worten reichte er ihm zugleich auf einem Messer ein Stück von einem gebratenen Kaninchen.
    Der Ziegenhirt nahm es und bedankte sich, trank hierauf, beruhigte sich und sagte.«Glaubt nicht deswegen, meine Herren, weil ich mit diesem Vieh so gesprochen habe, daß ich ein Narr bin, denn die Worte, die ich gesagt habe, haben was zu bedeuten. Ich bin ein Bauer, aber doch nicht so dumm, daß ich nicht wissen sollte, daß man anders mit Menschen und anders mit Tieren umgehen muß.«
    »Das will ich gern glauben«, sagte der Pfarrer, »denn die Erfahrung hat ja gezeigt, daß die Gebirge Gelehrte hervorbringen und oft in den Schäferhütten Philosophen wohnen.«
    »Zum wenigsten«, versetzte der Ziegenhirt, »oftmals ganz verständige Menschen, und damit ihr einseht, daß dies Wahrheit ist und ihr es mit Händen faßt, will ich euch, wenn ich auch nicht darum gebeten bin, im Fall es euch nämlich nicht verdrießt, bitten, mir ein wenig zuzuhören, um euch eine wahrhaftige Begebenheit zu erzählen, die das bestätigt, was der Herr da (indem er auf den Pfarrer zeigte) gesagt hat.«
    Hierauf antwortete Don Quixote: »Weil ich sehe, daß dieser Vorfall eine Art von Ähnlichkeit mit den Ritterabenteuern hat, so will ich für mein Teil Euch gern zuhören, und dies werden auch diese Herren tun, weil sie verständig sind und gern seltsame Neuigkeiten vernehmen, die das Gemüt zugleich ergötzen und unterhalten, wie ich gewiß glaube, daß Eure Erzählung tun wird. Fangt nur an, guter Freund, denn wir alle wollen Euch zuhören.«
    »Ich ausgenommen«, antwortete Sancho, »denn ich will mich mit dieser Pastete an den Bach da begeben, wo ich mich auf drei Tage satt essen will; denn ich habe meinen Herrn Don Quixote oft sagen hören, daß der Stallmeister eines irrenden Ritters essen muß, wenn er die Gelegenheit findet, denn es trifft sich wohl, daß er sich mal in einem dichten Walde verirrt, aus dem er sich nicht herausfinden kann; wenn aber der Mensch nicht satt ist oder nicht einen vollen Schnappsack bei sich hat, so kann er so dürr wie ein Stock werden, wie es sich oft zuträgt.«
    »Du hast recht, Sancho«, sagte Don Quixote, »geh, wohin du magst, und iß, soviel du vermagst, denn ich bin gesättigt und will nur noch meiner Seele eine kleine Erquickung gönnen, indem ich der Erzählung dieses guten Menschen zuhöre.«
    »Das wollen wir ebenfalls tun«, sagte der Kanonikus; hierauf bat er den Hirten, daß er sogleich seinen Vortrag anfangen möchte. Der Hirt gab der Ziege mit der Hand zwei Schläge auf den Rücken, indem er sie bei den Hörnern hielt, und sagte: »Lege dich hier nieder, Schecke, denn wir haben nachher Zeit genug, nach unserer Wohnung zu gehen.«
    Die Ziege schien ihn zu verstehen, denn sie legte sich sogleich neben ihm nieder und blieb sehr ruhig, sah ihm ins

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