Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Tagen für den Grauen recht sorgen, damit er tüchtig ist, den Harnisch zu tragen, verdopple sein Futter, sieh nach dem Reitkissen und dem übrigen Zeuge; denn wir ziehen nicht etwa auf Hochzeiten aus, sondern die ganze Welt zu durchstreifen, und da gibt es ein Wer da und ein Her da mit Riesen, mit Drachen und Gespenstern, da hört man Zischen, Toben, Schreien und Brüllen, und doch wären alles dieses nur noch Butterblumen, wenn wir nur mit Yanguesern und verzauberten Mohren nichts zu verhandeln hätten.«
»Ich glaube wohl, Mann«, versetzte Theresa, »daß die irrenden Stallmeister ihr Brot nicht umsonst essen, und darum will ich unseren Herrgott bitten, daß er dich bald aus deinem Elend erlöse.«
»Ich sage dir, Frau«, antwortete Sancho, »daß, wenn ich nicht dächte, mich in kurzer Zeit als Statthalter einer Insel zu sehen, ich vor dir tot niederfallen würde.«
»Nicht doch, lieber Mann«, sagte Theresa; »mag die Henne leben bleiben, wenn sie auch den Pips hat. Ohne Statthalterei bist du aus dem Leibe deiner Mutter gekommen, ohne Statthalterei hast du bisher gelebt, und ohne Statthalterei wirst du zu Grabe gehen oder getragen werden, wenn es Gott gefällig ist. Wie viele gibt es nicht in der Welt, die ohne Statthalterei leben? Und doch leben sie immerfort und werden zu den Menschen gerechnet.
Das beste Gewürz von der Welt ist der Hunger; und da dieser den Armen nicht fehlt, so macht ihnen das Essen immer Vergnügen. Aber bedenke, Sancho, daß, wenn du dich plötzlich in einer Statthalterei sähest, du mich und deine Kinder nicht vergessen mußt; überlege, daß Sanchico schon volle fünfzehn Jahre alt ist und daß es hohe Zeit ist, daß er in die Schule geht, wenn ihn sein Oheim, der Abt, noch für die Kirche brauchen soll. Bedenke auch, daß Marie Sancha, deine Tochter, sich nicht zu Tode grämen wird, wenn wir sie verheiraten; denn es schwant mir, daß sie ebenso gern einen Mann wie du eine Statthalterei hätte. Und, lieber Gott, besser die Tochter schlecht verheiratet, als daß sie gut zu Falle kommt.«
»Wahrlich«, antwortete Sancho, »wenn Gott mir so gnädig ist, daß er mir irgendeine Statthalterei gönnt, so will ich dir, liebe Frau, Marie Sancha so vornehm verheiraten, daß sie sie nicht anders als Exzellenz nennen sollen.«
»Nein, Sancho«, antwortete Theresa, »verheirate sie mit ihresgleichen, denn das ist das beste. Wenn sie aus Holzschuhen auf hohe Absätze und aus grauem Fries in Reifröcke und seidene Kleider käme, aus Mieken und du in Doña Soundso und Exzellenz, so würde sich das Kind darein nicht finden können; bei jedem Schritte würde sie in tausend Fehler fallen, woraus sich denn der Faden ihres geringen und groben Gewebes zeigte.«
»Schweig, Närrin«, sagte Sancho, »denn alles kommt auf die Übung von zwei oder drei Jahren an, dann wird ihr die Damenschaft und Ehrbarkeit wie angegossen stehen; und geschieht es nicht, was schade? Sie bleibt Exzellenz, und es mag gehen, wie es gehen will.«
»Bleibe doch, Sancho, in deinem Stande«, antwortete Theresa, »und suche nicht höher hinaufzusteigen; denke nur an das Sprichwort: ›Putz’ dem Sohne deines Nachbars die Nase, und nimm ihn in dein Haus.‹ Das wäre doch wahrhaftig ein herrliches Ding, wenn wir unsere Marie mit so einem Grafenburschen oder Ritterbengel verheirateten und er ihr denn, sooft es ihm einfiele, den Stuhl vor die Türe setzte, sie Bauermensch hieße und Fräulein Spinnrocken oder Heugabel; nein, meiner Seele, Mann, dazu habe ich mein Kind nicht großgezogen! Bringe du nur Geld, Sancho, und für das Verheiraten laß mich sorgen. Da ist hier der Lope Tocho, der Sohn des Juan Tocho, ein frischer und gesunder Bursche, den wir kennen und der ein Auge auf das Mädchen hat; mit ihm, da er unsersgleichen ist, wird sie gut verheiratet sein, wir behalten sie immer unter Augen und machen zusammen eine Familie, Eltern und Kinder, Enkel und Schwiegerkinder, und der Friede und Segen Gottes wird bei uns wohnen. Aber das ist nichts, sie nach den Residenzen hinverheiraten, in die großen Paläste hinein, wo andere sie nicht verstehen und sie sich selbst nicht versteht.«
»Hör’ doch, Bestie und Weib des Barrabas!« versetzte Sancho, »was fällt dir denn ein, daß du mich so um nichts und wieder nichts hindern willst, meine Tochter mit jemand zu verheiraten, der mir Enkel schafft, die Exzellenz genannt werden? Sieh, Theresa, immer habe ich von meinen Vorfahren sagen hören, daß wer das Glück nicht zu brauchen
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