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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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Was nun das betrifft, Abenteuer aufzusuchen, so glaubt mir nur, Don Diego, daß man lieber durch eine Karte zu viel als zu wenig verlieren soll, denn den Ohren klingt es schöner, wenn man die Leute so sprechen hört: der Ritter ist tollkühn und verwegen, als: der Ritter ist furchtsam und feig.«
    »Ich sage, Herr Don Quixote«, antwortete Don Diego, »daß alles, was Ihr sagt und tut, genau von dem Wagezünglein der Vernunft selbst abgemessen wird, und ich glaube, daß, wenn die Ordnungen und Gesetze der irrenden Ritterschaft verlorengingen, sie sich in Eurer Brust, als ihrer Niederlage und ihrem Archive wiederfänden. Aber wir wollen eilen, denn es ist schon spät, damit wir meine Heimat und meine Wohnung erreichen, wo Ihr Euch von Eurer überstandenen Beschwer ausruhen mögt; denn wenn auch nicht Euer Körper, so hat doch Euer Geist gearbeitet, und das pflegt oft die Ermattung des Körpers nach sich zu ziehen.«
    »Ich nehme Euer Anerbieten mit dem größten Danke an, Herr Don Diego«, antwortete Don Quixote; worauf sie ihre Pferde mehr als vorher anspornten und etwa um zwei Uhr nachmittags in den Ort und die Wohnung des Don Diego ankamen, welchen Don Quixote nannte den Ritter vom grünen Mantel.

18. Kapitel

    Was dem Don Quixote in dem Kastell oder Hause des Ritters vom grünen Mantel begegnete, nebst anderen absonderlichen Dingen.
    Don Quixote fand in dem Hause des Don Diego de Miranda ein geräumiges Landhaus; in Steinarbeit sah man über der Tür der Landstraße das Wappen auf eine grobe Art ausgehauen; im Hofe befand sich das Speisegewölbe, der Keller unter dem Eingange, und rund umher standen viele irdene Krüge, die aus Toboso waren, und ihm daher das Andenken seiner bezauberten und verwandelten Dulcinea erneuerten; seufzend und ohne zu bedenken, was er sagte, noch wer zugegen sei, rief er aus:
»O süße Pfänder, mir zum Schmerz gefunden,
Wohl süß und froh, wenn es ein Gott so wollte!
    O ihr tobosinischen Krüge, die ihr in mein Gedächtnis das süße Pfand meiner herbsten Bitterkeiten zurückruft!« – –
    Diese Worte hörte der Student und Poet, der Sohn des Don Diego, der ihnen mit seiner Mutter entgegengegangen war, und Mutter und Sohn standen verwundert, die seltsame Figur des Don Quixote vor sich zu sehen, der vom Rosinante stieg, mit vieler Zierlichkeit die Hand der Dame ergriff und sie küßte, indem Don Diego sagte: »Empfanget, werte Frau, mit Eurer gewöhnlichen Artigkeit den Herrn Don Quixote von la Mancha, denn der ist es, den Ihr vor Euch seht; ein irrender Ritter, und zwar der tapferste und verständigste, den die Welt besitzt.«
    Die Dame, welche Doña Christina hieß, empfing ihn sehr freundlich und höflich, und Don Quixote zeigte einen Überfluß von verständigen und artigen Redensarten. Fast die nämlichen Höflichkeiten fielen hierauf mit dem Studenten vor, den Don Quixote für verständig und geistreich erklärte, nachdem er ihn hatte sprechen hören.
    Hier schildert der Verfasser nun sehr weitläufig alles im Hause des Don Diego; er schildert uns alles, was man gewöhnlich in dem Hause eines reichen Landedelmannes zu finden pflegt; der Übersetzer dieser Historie hat aber lieber diese, wie andere, dem ähnliche Sachen, mit Stillschweigen übergehen wollen, weil sie nicht sonderlich mit dem Hauptzwecke der Historie übereinstimmen, welcher mehr auf die Wahrheit als auf frostige Digressionen gerichtet ist. Man führte Don Quixote in einen Saal, Sancho nahm ihm die Rüstung ab, und er blieb in Beinkleidern und Wams von Gemsleder, beide an allen Orten vom Rost der Rüstung beschmutzt; sein Kragen war auf wallonische Art, wie ihn die Studenten tragen, ungesteift und ohne Spitzen; die Halbstiefeln braun und die Schuhe gewichst. Er gürtete sein gutes Schwert um, welches in einem Bandelier von Seehund hing; denn man meint, daß er schon seit vielen Jahren an den Nieren litt. Außerdem legte er sich einen Mantel von gutem grauen Tuche an, vor allen Dingen aber brauchte er fünf oder sechs Kannen Wasser (denn in der Menge der Kannen befindet sich hier eine verschiedene Lesart), womit er sich den Kopf und das Angesicht wusch und alles dieses Wasser wie Molken färbte; Dank sei’s der Gefräßigkeit des Sancho und dem Ankaufe seiner vermaledeiten Käse, mit welchen er seinen Herrn so gesegnet hatte! In dem vorerwähnten Schmucke und mit schönem und freiem Anstande begab sich Don Quixote nach einem andern Saale, wo der Student ihn schon erwartete, um sich mit ihm in der

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