Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Trauerzypressen, und in den Händen hielt er einen großen Stock. Als er näher gekommen, erkannten alle in ihm den liebenswürdigen Basilio, und alle waren in Verwunderung, was sein Geschrei und seine Worte zu bedeuten hätten, indem sie von seinem Erscheinen, gerade in dieser Stunde, irgendein Unglück befürchteten. Ermattet und atemlos kam er endlich herbei und stellte sich vor das Brautpaar, indem er seinen Stab in die Erde stieß, der unten mit einem eisernen Stachel bewehrt war, worauf er, bleich und die Augen auf Quiteria geheftet, mit zitternder und heiserer Stimme diese Worte sprach: »Du weißt wohl, undankbare Quiteria, daß, der heiligen Religion gemäß, zu welcher wir uns bekennen, du keinen Gatten nehmen darfst, solange ich lebe; auch ist dir nicht unbekannt, daß ich, in der Hoffnung, daß die Zeit und mein Fleiß meine Glücksgüter verbessern sollten, niemals die Rücksicht aus den Augen gesetzt habe, die deine Ehre verlangte. Du aber hast allen deinen Pflichten gegen mich den Rücken gewandt und willst einen anderen zum Besitzer meines Eigentums machen, dessen Reichtümer dazu dienen, ihm nicht nur Glück, sondern auch die schönste Liebe zu gewähren. Und damit er diese ganz genieße (nicht so, wie er sie verdient, sondern wie sie ihm der Himmel hat schenken wollen), will ich mit meinen eigenen Händen die Unmöglichkeit oder das Hindernis aus dem Wege räumen, welches ihn stören könnte, indem ich mich selber fortschaffe. Es lebe, es lebe der reiche Camacho mit der undankbaren Quiteria viele und glückliche Jahre, und es sterbe der arme Basilio, dessen Armut die Flügel seines Glückes lähmte und es in ein Grab einschloß!« Und mit diesen Worten zog er aus dem Stabe, den er in die Erde gestoßen hatte, indem die Hälfte davon im Boden stehen blieb, wie aus einer Scheide eine ziemlich lange Klinge, die darin verborgen gewesen war; das, was den Griff vorstellte, stemmte er gegen den Boden und stürzte sich leicht und entschlossen auf die Spitze. Sogleich sah man, mit Blut bedeckt, die Hälfte der Klinge wieder aus dem Rücken dringen; der Unglückliche selbst lag auf dem Boden ausgestreckt, in seinem Blute gebadet und von seiner eigenen Waffe durchbohrt.
Alle seine Freunde liefen sogleich hinzu, ihm beizustehen, von seinem Elende und diesem kläglichen Ausgang erschüttert. Don Quixote stieg sogleich vom Rosinante und kam herzu, ihm zu helfen; er nahm ihn in seine Arme und fand, daß er noch atme. Man wollte den Degen herausziehen, aber der Pfarrer, welcher zugegen war, riet, ihn nicht eher herauszuziehen, bis er gebeichtet habe; denn ihn herausnehmen und sein Verscheiden sei ein und dasselbe. Basilio kam inzwischen wieder ein wenig zu sich und sagte mit matter und ohnmächtiger Stimme: »Wolltest du mir, grausame Quiteria, in diesen letzten Augenblicken deine Hand als Gattin geben, so würde ich denken, daß mein vermessenes Unterfangen Entschuldigung verdiene, weil er mir das Glück verschaffte, der deinige zu sein.«
Als der Pfarrer dieses hörte, sagte er, daß er auf das Heil seiner Seele bedacht sein möchte, nicht mehr aber auf irdisches Vergnügen denken, er möchte mit ernsthafter Reue Gott um die Vergebung seiner Sünden und seines verzweifelten Entschlusses bitten. Worauf Basilio versetzte, daß er durchaus nicht beichten würde, wenn ihm nicht vorher Quiteria ihre Hand als seine Gattin gereicht hätte; denn diese Freude würde seinen Willen antreiben und ihm Kräfte geben, um zu beichten. Als Don Quixote die Bitte des Verwundeten hörte, sagte er mit lauter Stimme, daß die Bitte des Basilio durchaus gerecht, vernünftig und überdies leicht auszuführen sei, und daß der Herr Camacho ebenso geehrt bliebe, die Dame Quiteria als die Witwe des braven Basilio zu erhalten, als wenn er sie von ihrem Vater empfangen hätte. Hier ist nur ein Ja erforderlich, welches keine anderen Folgen hat, als daß es ausgesprochen wird; denn das Hochzeitsbette dieser Vermählung ist das Grab.
Alles dieses hörte Camacho, und alles machte ihn verwirrt und unentschlossen, so daß er nicht wußte, was er tun oder was er sagen sollte. Aber der Stimmen der Freunde des Basilio waren so viele, die ihn alle baten, er möchte erlauben, daß Quiteria ihm ihre Hand als Gattin reichte, damit die Seele nicht verlorengehe, wenn sie in Verzweiflung dies Leben verließe, daß sie ihn soweit bewegten, ja ihn zwangen, zu erklären, daß, wenn Quiteria jenem die Hand reichen wolle, er es zufrieden sei, indem die
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