Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
einigen Tagen ging, ihr die Hände zu küssen und ihren Segen zu empfangen, ihr Wohlwollen und ihre Erlaubnis zu diesem dritten Auszuge, fand ich eine andere, als die ich suchte. Ich fand sie verzaubert und aus einer Prinzessin in eine Bäuerin verwandelt; aus einer Schönen in eine Häßliche; aus einem Engel in einen Teufel; aus einer Lieblichduftenden in eine Verpestete; aus einer Beredten in eine Grobe; aus einer Anständigen in eine Springerin; aus Licht in Finsternis; und kurz, aus Dulcinea von Toboso in eine gemeine Bauerndirne.«
»Aber um Gottes willen«, sagte hierauf der Herzog mit einem lauten Ausruf, »wer ist derjenige, der der Welt ein so großes Übel zugefügt hat? Wer hat ihr die Schönheit entrissen, die sie erfreute, die Anmut, die sie zierte, und die Anständigkeit, die sie schmückte?«
»Wer?« antwortete Don Quixote, »wer könnte es anders sein als ein boshafter Zauberer, einer von den vielen neidischen, die mich verfolgen? Diese verwünschte Rotte, die zur Welt gekommen ist, um die Taten der Rechtschaffenen zu verdunkeln und zu vernichten, und um das zu erheben und ans Licht zu ziehen, was die Bösen verüben. Zauberer haben mich verfolgt, Zauberer verfolgen mich, und Zauberer werden mich vefolgen, bis sie mich und meine erhabenen Rittertaten in den tiefen Abgrund der Vergessenheit begraben. Und nun treffen und verwunden sie mich auf einer Seite, wo sie wissen, daß ich es am meisten empfinde; denn einem irrenden Ritter seine Dame nehmen, heißt ihm die Augen nehmen, mit denen er sieht, die Sonne, von der er erleuchtet wird, und die Nahrung, durch welche er sich erhält. Ich habe es schon oftmals gesagt und sage es jetzt noch einmal, daß der irrende Ritter ohne Dame wie ein Baum ohne Blätter ist, wie ein Gebäude ohne Grundlage, wie ein Schatten ohne Körper, der ihn verursacht.«
»Dagegen ist nichts zu sagen«, sagte die Herzogin; »wenn wir aber der Historie Glauben beimessen sollen, die seit einiger Zeit vom Herrn Don Quixote an das Licht der Welt getreten ist und allgemeinen Beifall erhält, so läßt sich aus dieser abnehmen, wenn ich mich recht erinnere, daß Euer Gnaden niemals diese Dame Dulcinea gesehen hat, und daß diese Dame sich nicht in der Welt befindet, sondern daß sie eine Phantasiegestalt sei, und daß Ihr sie in Eurem Verstande erzeugt und geboren habt und mit aller möglichen Anmut und Vollkommenheit ausgeschmückt.«
»Darüber ließe sich vieles sagen«, antwortete Don Quixote; »Gott weiß, ob es eine Dulcinea in der Welt gibt oder nicht, ob sie eine Phantasiegestalt ist oder nicht. Denn dieses sind Dinge, deren Entscheidung bis zum Äußersten erfolgen muß. Weder gezeugt noch geboren habe ich meine Dame, ob sie mir gleich so vorschwebt, wie es einer solchen Dame geziemt, die alles besitzt, um sie in aller Welt berühmt zu machen, nämlich folgende Gaben: Schönheit ohne Tadel, Ernst ohne Stolz, Liebe mit Ehrbarkeit, Anmut durch Artigkeit, Artigkeit durch Wohlerzogenheit und endlich erhabene Abstammung; denn in einem edlen Blute glänzt und leuchtet die Schönheit heller als in Schönheiten, die niedrig geboren sind.«
»So ist es«, sagte der Herzog.«Aber der Herr Don Quixote gebe mir die Erlaubnis, etwas zu sagen, wozu mich die Historie von seinen Taten bewegt, die ich gelesen habe, und woraus sich ergibt, daß, wenn Dulcinea auch in Toboso oder an einem anderen Orte sei, und wenn sie auch mit der äußersten Schönheit begabt ist, wie Ihr sie uns geschildert habt, in der Abstammung sie sich doch nicht mit den Orianen vergleichen darf, mit den Alastrajareen, mit den Madasimen oder anderen derart, von welchen die Historien voll sind, wie Ihr wohl wissen werdet.«
»Hierauf kann ich sagen«, antwortete Don Quixote, »daß Dulcinea die Tochter ihrer Taten ist und daß die Tugenden das Blut adeln; daß auch ein niedriger Tugendhafter mehr geschätzt und geehrt werden müsse als ein vornehmer Lasterhafter; um so mehr, da Dulcinea ein Wappen führt, wodurch sie zur Königin mit Krone und Zepter erhoben werden kann. Denn das Verdienst einer schönen und tugendhaften Frau reicht wohl hin, noch größere Wunder zu tun; und geben ihr Anspruch, wenn auch nicht wirklich, doch moralisch, auf noch höhere Glücksumstände.«
»Ich gestehe, Herr Don Quixote«, sagte die Herzogin, »daß in allem, was Ihr sagt, Ihr mit dem Senkblei und dem Winkelmaße zu Werke geht, und daß ich von nun an glaube und alle in meinem Hause will glauben machen, selbst wenn es nötig wäre,
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