Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
gebracht, vorzüglich Don Quixote, der sich vor Unruhe nicht auf seinem Sessel halten konnte; vom Sancho versteht es sich, daß ihn die Furcht nach seinem gewöhnlichen Zufluchtsort führte, an die Seite oder auf die Schleppe der Herzogin, denn der Ton, welchen man vernahm, war wirklich und in der Tat höchst kläglich und schwermütig. Indem sie noch alle in dieser Spannung waren, sahen sie zwei Menschen in den Garten treten in Trauergewändern, die so weit und lang waren, daß sie ihnen auf der Erde nachschleppten; diese schlugen im Gehen auf zwei große Trommeln, die ebenfalls schwarz überzogen waren. Ihnen zur Seite ging der Pfeifer, schwarz und dunkel wie sie selbst. Diesen dreien folgte eine riesengroße Gestalt, umhängt mehr als bekleidet mit dem schwärzesten Umwurf, der ihr ebenfalls in ungeheurer Schleppe nachzog; über dieses weite Gewand trug der Fremde querüber ein breites Bandelier, nicht weniger schwarz, an welchem ein unmäßiger Säbel hing, mit schwarzem Gehenke und in schwarzer Scheide. Sein Gesicht war mit einem durchsichtigen schwarzen Schleier verhüllt, durch welchen ein sehr langer Bart, so weiß wie der Schnee, hervorleuchtete. Er setzte seine Schritte mit vieler Würde und großem Anstande nach dem Takte der beiden Trommeln. Mit einem Wort, seine Größe, seine Feierlichkeit, seine Schwärze und Begleitung konnte und mußte alle diejenigen in Erstaunen setzen, welche ihn sahen, ohne ihn zu kennen. Mit dieser Ruhe und Erhabenheit näherte er sich also und kniete vor dem Herzoge nieder, der ihn so wie die übrigen stehend erwartete. Der Herzog gab es aber durchaus nicht zu, daß er reden dürfe, bevor er sich erhoben. Dieses tat nun das wundersame Gespenst, und als er aufrecht stand, hob er die Decke vom Antlitz hinweg und zeigte den fürchterlichsten, breitesten, weißesten und dicksten Bart, den menschliche Augen bis dahin je gesehen hatten, und zugleich erhob er wälzend aus der großen und tiefen Brust eine laute und tönende Stimme, wandte die Augen auf den Herzog und sagte: »Hocherhabener und gewaltiger Gebieter, man nennt mich Dreischleppino mit dem weißen Barte; ich bin Stallmeister der Gräfin Dreischleppina, die mit einem anderen Namen die Dueña Schmerzenreich genannt wird, von derentwegen ich zu Eurer Hoheit eine Botschaft überbringe, welche darin besteht, daß Eure Durchlauchtigkeit ihr die gnädigste Erlaubnis erteilen möge, herzukommen und ihr Leid vorzutragen, welches das sonderbarste und verwunderungswürdigste Leid ist, das nur jemals der leidvollste Gedanke in der ganzen Welt hätte erdenken können; zuvor wünsche ich aber zu erfahren, ob in diesem Eurem Kastell sich der tapfere und noch niemals besiegte Ritter Don Quixote von la Mancha befindet, den sie zu suchen gekommen ist, zu Fuß und ohne Nahrung zu nehmen, vom Königreiche Candaya her bis zu diesem Eurem Gebiete, was man für ein Wunderwerk halten kann und muß, oder für eine Wirkung der Zauberei; sie befindet sich draußen vor dem Tore dieser Festung oder dieses Gartenhauses und erwartet nur um einzutreten Eure gnädige Erlaubnis. Dixi.«
Er hustete hierauf, strich sich den Bart von oben herunter mit beiden Händen und erwartete mit vieler Ruhe die Antwort des Herzogs, welcher also sprach: »Schon seit vielen Tagen, trefflicher Stallmeister Dreischleppino mit dem weißen Barte, haben wir Nachricht von dem Mißgeschick der edlen Gräfin Dreischleppina, welche durch die Schuld des Zauberers den Namen der Dueña Schmerzenreich erhalten hat; Ihr mögt ihr, bewunderungswürdiger Stallmeister, sagen, daß sie hereintrete und daß sich der tapfere Ritter Don Quixote von la Mancha hier befindet, von dessen edler Gesinnung sie sich ohne Zweifel jegliche Hilfe und jeglichen Beistand versprechen darf; auch könnt Ihr derselben meinerseits sagen, daß, wenn ihr mein Beistand vonnöten wäre, sie dessen nicht entbehren sollte, denn auch ich bin verpflichtet, ihr denselben zu leisten, da ich ein Ritter bin, dem es Gesetz und Vorschrift ist, allen Arten von Frauen beizustehen, vorzüglich aber verwitweten, bedrängten und schmerzenreichen Dueñas, zu welchen ihre Herrlichkeit gehören muß.«
Als dieses Dreischleppino hörte, beugte er sein Knie bis auf die Erde und gab dem Pfeifer und den Trommelschlägern ein Zeichen, das Spiel zu rühren, worauf er mit dem nämlichen Gange, mit welchem er eingetreten war, den Garten wieder verließ und alle über seine Gestalt wie über sein Betragen erstaunt blieben. Und indem sich
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