Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
der Herzog gegen Don Quixote wandte, sagte er: »So können denn doch nicht, berühmter Ritter, die Schatten der Bosheit und der Unwissenheit den Glanz der Tugend verhüllen oder verfinstern. Ich sage dies, weil es kaum sechs Tage sind, daß Eure Trefflichkeit sich in diesem Kastelle befindet und Ihr doch schon aus weiten und entlegenen Ländern gesucht werdet, und zwar nicht in Wagen oder auf Dromedaren, sondern zu Fuß und nüchtern von den Traurigen und Bedrängten, die versichert sind, in diesem tapferen Arm die Hilfe für ihr Leid und Mühseligkeit zu finden: Dank sei es Euren großen Taten, die sich auf der ganzen entdeckten Erde schleunig verbreiten.«
»Ich wünschte, mein gnädiger Herzog«, antwortete Don Quixote, »daß nur jener liebe Priester hier zugegen wäre, der neulich über Tisch so großen Widerwillen und Zorn gegen die irrenden Ritter blicken ließ, damit er mit seinen eigenen Augen sähe, ob dergleichen Ritter der Welt nötig sind; er würde es wenigstens mit Händen greifen, daß die übermäßig Betrübten und Trostlosen in wichtigen Begebenheiten und ungeheuren Unglücksfällen ihre Hilfe nicht in den Häusern der Gelehrten suchen, noch bei den Dorfküstern, noch bei einem Ritter, der nie die Grenzen seines Örtchens verlassen hat, noch bei dem trägen Höfling, der lieber Neuigkeiten sucht, um sie zu erzählen und umzutragen, als daß er Werke und Taten tun sollte, damit andere sie erzählen und beschreiben können. Die Hilfe der Leidenden, der Beistand der Bedrängten, die Stütze der Jungfrauen, der Trost der Witwen wird bei niemand anders so gewiß gefunden als bei den irrenden Rittern, und ich danke dem Himmel tausendmal, daß ich einer bin, und halte alle Arbeit und Beschwer für gut angewandt, die mir nur immer in diesem ehrenvollen Berufe zustoßen möchten. Diese Dueña komme also nur und bitte immer was sie wolle, denn ich werde ihr ihre Erlösung in der Tapferkeit dieses meines Armes und in dem unerschrockenen Mute meiner hochstrebenden Seele verschaffen.«
37. Kapitel
In welchem das große Abenteuer der Dueña Schmerzenreich fortgesetzt wird.
Ungemein freuten sich der Herzog und die Herzogin, als sie sahen, wie sehr Don Quixote ihrer Absicht entgegenkam, und Sancho sagte jetzt: »Ich möchte nicht, daß die Frau Dueña mir einen Stein des Anstoßes in meine versprochene Statthalterschaft würfe, denn ich habe von einem Apotheker zu Toledo, der wie eine Amsel reden konnte, gehört, daß, wo nur Dueñas, dazwischenkämen, man kein Glück oder Heil erwarten dürfte. Lieber Himmel, ei! ei! wie übel war dieser Apotheker auf sie zu sprechen! Woraus ich denn abnehme, daß, da alle Dueñas, widerwärtig und unausstehlich sind, von welcher Beschaffenheit und von welchem Stande sie auch sein mögen; wie muß es nun vollends mit den schmerzenreichen sein, wie mit dieser Gräfin Dreischlepp oder Dreischwanz? Denn bei mir zu Hause ist Schleppe und Schwanz, und Schwanz und Schleppe ein und dasselbe.«
»Schweig, Freund Sancho«, sagte Don Quixote, »denn da diese gnädige Dueña aus so entlegenen Landen kommt, um mich zu suchen, so kann sie nicht zu denen gehören, die übel bei dem Apotheker angeschrieben standen; um so mehr, da diese eine Gräfin ist, und wenn Gräfinnen als Dueñas, dienen, so sind sie nur bei Königinnen oder Kaiserinnen in Diensten, sind aber in ihrem Hause selber erlauchte Damen, die sich wieder von anderen Dueñas, bedienen lassen.«
Hierauf antwortete Doña Rodriguez, die zugegen war: »Meine gnädige Herzogin hat auch Dueñas, in ihren Diensten, die gar wohl Gräfinnen sein könnten, wenn es das Schicksal so gewollt hätte; aber der Mensch denkt’s und Gott lenkt’s, und darum spreche nur keiner von den Dueñas, übel, besonders wenn sie alt und Jungfern sind, denn ob ich es gleich nicht bin, so leuchtet mir doch der Vorzug deutlich ein, den eine ledige Dueña vor einer verwitweten Dueña hat, und wer uns scheren will, der wird sich selber mit der Schere schneiden.«
»Bei alledem«, versetzte Sancho, »gibt es an den Dueñas, genug zu scheren, wenn ich mich auf meinen Apotheker verlassen kann, und es würden beim Dreschen Körner genug herausfallen.«
»Immer«, antwortete Doña Rodriguez, »sind die Stallmeister unsere Feinde, denn da sie in den Vorsälen spuken und uns beständig sehen, so bringen sie alle die Zeit, in der sie nicht beten (und es bleibt ihnen viel übrig) damit zu, auf uns zu lästern; sie möchten noch unsere Gebeine ausgraben und
Weitere Kostenlose Bücher