Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
Unze Silber gegeben, und zwar grüner Seide, weil die Strümpfe grün waren.
    Hier ruft Benengeli aus und schreibt also: O Armut, Armut! ich weiß nicht, was den großen Poeten aus Cordova bewog, dich »ein heiliges ungewürdigtes Geschenk« zu nennen; obgleich ich ein Maure bin, weiß ich doch aus dem Umgange, den ich mit Christen gehabt habe, daß die Heiligkeit in der Barmherzigkeit, Demut, im Glauben, dem Gehorsam und der Armut besteht; aber dessenungeachtet sage ich, daß derjenige viel von Gott selbst haben muß, der damit zufrieden ist, arm zu sein, wenn nicht jene Armut damit gemeint ist, von der einer ihrer größten Heiligen sagt: »Besitzt alle Dinge so, als wenn ihr sie nicht besäßet, und welches sie die Armut im Geiste nennen«; aber du, o zweite Armut, von der ich jetzt hier spreche, warum willst du doch immer lieber Edelleuten und feinen Menschen als anderen gegenübertreten? Warum zwingst du sie doch durch Rauch die Schuhe zu schwärzen, und daß die Knöpfe ihrer Westen teils aus Seide, teils aus Garn und teils aus Glas bestehen? Warum müssen denn ihre Kragen fast immer wie welkes Kraut einfallen und nicht geformt aufrecht stehen? (Und hieraus kann man sehen, daß der Gebrauch der Stärke sowie die stehenden Kragen schon eine alte Mode sind.) Er fuhr so fort: O Unglück eines feinen Mannes, der der Krankenpfleger seiner Ehre ist, der schlecht und bei verschlossenen Türen speist und dann mit seinem Zahnstocher den Heuchler spielt, mit welchem er auf die Gasse hinaustritt, ohne doch irgend etwas genossen zu haben, das ihn nötigte, die Zähne zu reinigen; unglücklich, sage ich, ist derjenige, den die Ehre in Furcht hält und der sich ängstigt, man möchte auf eine Meile weit den Flicken seines Schuhes, die Abgeschabtheit des Hutes, die Zerscheurung seines Mantels und den Hunger seines Magens entdecken! An dies alles erinnerte sich Don Quixote beim Aufspringen seiner Maschen; er tröstete sich aber, als er sah, Sancho habe ihm ein Paar Halbstiefeln dagelassen, welche er am folgenden Tage anlegen wollte. Endlich legte er sich nieder, nachdenkend und schwermütig, sowohl über die Lücke, die ihm Sanchos Abwesenheit machte, als auch über den unersetzlichen Schaden seiner Strümpfe, deren Maschen er so gern aufgenommen hätte, zur Not mit Seide einer anderen Farbe, welches eins der größten Merkmale von Elend ist, die ein Edelmann nur immer im Zustande seiner mannigfaltigen Dürftigkeit geben kann. Er löschte die Kerzen aus, es war heiß, und er konnte nicht schlafen, er erhob sich vom Bette und öffnete ein Fenster ein wenig, das auf einen schönen Garten stieß, und beim Eröffnen merkte und vernahm er, daß Leute im Garten gingen und redeten; er hörte aufmerksam zu, die unten erhoben die Stimme, so daß er folgende Worte verstehen konnte:
    »Dringe nicht in mich, o Emerenzia, daß ich singen soll, denn du weißt, daß, seit der Fremde in dies Schloß gekommen ist und ihn meine Augen gesehen haben, ich nicht singen, sondern nur weinen kann; überdies ist der Schlaf meiner Dame mehr leicht als tief, und ich wollte um alles in der Welt nicht, daß sie uns hier fände; gesetzt aber auch, sie schliefe und wachte nicht auf, so würde mein Singen doch nur vergeblich sein, wenn dieser Äneas schläft und nicht erwacht, mich zu hören, der in mein Bereich gekommen ist, mich elend zu machen.«
    »Laß dich nicht abhalten, liebe Altisidora«, war die Antwort, »denn ohne Zweifel schlafen die Herzogin sowie alle, die im Hause sind, ausgenommen der Gebieter deines Herzens und Erwecker deiner Seele, denn ich hörte soeben, wie er das Fenster seines Zimmers öffnete, und deswegen muß er ohne Zweifel wachen; singe, liebe Betrübte, in einem stillen und sanften Ton zu deiner Harfe, und wenn die Herzogin uns hören sollte, so wollen wir alle Schuld auf die Hitze schieben.«
    »Daran liegt mir nicht am meisten, liebe Emerenzia«, antwortete Altisidora, »sondern ich möchte nicht, daß mein Gesang mein Herz entdeckte, und daß die, die mit der gewaltigen Macht der Liebe unbekannt sind, mich für ein freches und leichtsinniges Mädchen hielten; aber komme, was kommen mag, besser die Schamröte auf dem Gesicht als die Wunde im Herzen«, und hiermit fing sie an, auf eine liebliche Weise die Harfe zu spielen.
    Als Don Quixote dies hörte, war er entzückt, denn in demselben Augenblicke fielen ihm die tausend Abenteuer ein, diesem ähnlich, die an Fenstern, Gittern und in Gärten vorkommen, die Ständchen,

Weitere Kostenlose Bücher