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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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Verräterei gegen meinen König zu begehen, wenn ich seinen Feinden Vorschub täte, will ich nicht mit dir gehen, wenn du mir auch statt der versprochenen zweihundert Taler gleich vierhundert bar aufzählen wolltest.«
    »Und welches Amt hast du denn niedergelegt, Sancho?« fragte Ricote.
    »Ich bin Statthalter einer Insel gewesen«, antwortete Sancho, »und zwar einer solchen, daß du wahrhaftig auf zwei Büchsenschüsse weit keine dergleichen finden sollst.«
    »Und wo liegt diese Insel?« fragte Ricote.
    »Wo?« antwortete Sancho, »zwei Meilen von hier, und sie heißt die Insel Barataria.«
    »Schweig doch, Sancho«, sagte Ricote, »die Inseln liegen ja dort unten in der See, und es gibt keine auf dem festen Land.«
    »Und warum denn nicht?« versetzte Sancho, »ich sage dir, Freund Ricote, diesen Morgen bin ich abgereist und gestern habe ich noch nach Herzenslust regiert wie ein Däuschen; aber ich habe es doch gelassen, weil mir das Amt eines Statthalters gar zu gefährlich schien.«
    »Und was hast du denn bei deiner Statthalterschaft gewonnen?« fragte Ricote.
    »Ich habe das gewonnen«, antwortete Sancho, »daß ich nun einsehe, daß ich nicht zum Regieren tauge, es müßte denn über eine Herde Schafe sein, und daß man die Reichtümer, die man in diesen Statthalterschaften erwirbt, nur auf Kosten der Ruhe, des Schlafes, ja selbst der Nahrung erlangt, denn in den Inseln dürfen die Statt halte nur wenig essen, vorzüglich wenn sie Ärzte haben, die für ihre Gesundheit sorgen.«
    »Ich verstehe dich nicht, Sancho«, sagte Ricote; »es scheint mir aber, alles, was du da sprichst, sei Unsinn; wie, dir sollte man Inseln geben, sie zu regieren? Fehlt es denn an Männern in der Welt, die nicht besser zu Statthaltern taugen sollten als du? Schweig, Sancho, und besinne dich, überlege, ob du mit mir gehen willst, wie ich dir gesagt habe, um mir den verborgenen Schatz ausgraben zu helfen, denn es ist in der Tat so viel, daß ich es wohl einen Schatz nennen kann, und dann, wie gesagt, will ich dir so viel davon geben, als du nötig hast.«
    »Ich habe dir schon gesagt, Ricote«, versetzte Sancho, »daß ich es nicht tun will; sei damit zufrieden, daß ich dich nicht angeben werde, und beendige deine Reise glücklich, ich muß die meinige fortsetzen, denn ich weiß sehr wohl, rechtmäßiges Gut geht verloren, das unrechtmäßige aber mit seinem Besitzer zugleich.«
    »Ich will nicht in dich dringen, Sancho«, sagte Ricote; »aber sage mir doch, warst du in unserem Dorfe, als meine Frau, meine Tochter und mein Schwager fortzogen?«
    »Freilich war ich da«, antwortete Sancho, »und ich muß dir sagen, daß deine Tochter so schön war, daß alle Leute, die nur im Dorfe waren, hinkamen, sie zu sehen, und alle sagten, sie sei die schönste Kreatur auf der Welt. Sie weinte und umarmte alle ihre Freundinnen und Bekannten und alle, die gekommen waren, sie zu sehen, sie bat alle, sie möchten sie dem Herrn und seiner heiligen Mutter empfehlen; und das sagte sie so rührend, daß sie mich weinen machte, ob ich gleich nicht leicht zum Weinen zu bringen bin. Und wahrhaftig, viele wollten sie verstecken oder auf dem Wege wieder wegnehmen; nur die Furcht, wider den Befehl des Königs zu handeln, hielt sie zurück. Am meisten war Don Pedro Gregorio von ihr eingenommen, der reiche, vornehme Majoratsherr, den du kennst, man sagt, daß er sie sehr liebt, auch hat er sich nicht, seit sie weg ist, in unserem Dorfe sehen lassen, und wir alle glauben, daß er ihr nachgegangen ist, um sie zu entführen; bis jetzt aber haben wir noch nichts davon gehört.«
    »Den Verdacht habe ich immer gehabt«, sagte Ricote, »daß dieser Ritter in meine Tochter verliebt sei; aber ich habe mich auf die Tugend meiner Ricota verlassen und mich nie darüber gegrämt, daß er sie liebte; du wirst wissen, Sancho, daß sich die Morisken selten oder niemals in Liebe mit den alten Christen einlassen, und meine Tochter, wie ich glaube, sorgt mehr dafür, eine Christin als eine Verliebte zu sein, und wird sich nicht um die Bewerbungen dieses Majoratsherrn kümmern.«
    »Das gebe Gott«, versetzte Sancho, »denn es wird für beide nicht taugen; jetzt aber laß mich fort, Freund Ricote, denn ich will noch heute abend zu meinem Herrn Don Quixote.«
    »Gott sei mit dir, Freund Sancho, meine Kameraden rühren sich schon, und es ist auch Zeit, daß wir unseren Weg fortsetzen.« Beide umarmten sich, Sancho bestieg seinen Grauen, Ricote nahm seinen Pilgerstab, und sie

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