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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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Armes erstrecke. Mit Ungeduld und Zuversicht erwartete er also den Verlauf der vier Tage, die ihm nach seiner Rechnung vierhundert Ewigkeiten dünkten.
    Wir wollen dies aber wie schon viele andere Dinge fallen lassen, um den Sancho zu begleiten, der halb fröhlich und halb traurig auf seinem Grauen seine Reise fortsetzte, seinen Herrn aufzusuchen, dessen Gesellschaft ihm mehr Freude machte, als Statthalter über alle Inseln in der Welt zu sein.
    Es geschah nun, daß, als er sich noch nicht weit von der Insel seiner Statthalterschaft entfernt hatte (denn er hat niemals erfahren können, ob das, was er regiert hatte, eine Insel, Stadt, ein Flecken oder Dorf gewesen war), daß er auf dem Wege, den er reiste, sechs Pilger mit ihren Stäben sich entgegenkommen sah, von jenen Fremden, die singend Almosen begehren. Diese machten, als sie ihm nahe gekommen waren, Front gegen ihn und erhoben alle zugleich ihre Stimmen, indem sie in ihrer Sprache etwas sangen, wovon Sancho kein Wort verstand, außer ein einziges, welches sie deutlich vortrugen, nämlich Almosen, woraus er annahm, daß sie in ihrem Gesange Almosen begehrten, und da er, wie Cide Hamete sagt, überaus mitleidig war, so nahm er aus seinem Schnappsacke das Stück Brot und Käse, womit er sich versorgt hatte; er gab ihnen bei deshalb und machte ihnen durch Zeichen deutlich, daß er nichts weiter bei sich habe, was er ihnen geben könnte. Sie nahmen es sehr gern und sagten: Geld! Geld! »Ich verstehe nicht,« antwortete Sancho, »was ihr von mir haben wollt, meine guten Leute.« Hierauf nahm einer von ihnen einen Beutel aus dem Busen und zeigte ihn dem Sancho, um ihm zu verstehen zu geben, daß sie Münze haben wollten; er aber, indem er den Daumen an die Kehle und die übrige Hand ausstreckte, gab ihnen so zu verstehen, daß er keinen Heller Geld bei sich habe, wobei er zugleich seinen Grauen anstieß, um durch sie hindurchzureiten. Indem er vorbeiritt, betrachtete ihn einer von jenen sehr genau, hielt ihn an, schlug ihm die Arme um den Leib und rief laut in reiner kastilianischer Sprache: »Bei Gott, wen sehe ich? Ist es möglich, daß ich meinen teuern Freund in meinen Armen halte, meinen lieben Nachbar Sancho Pansa? O ganz gewiß, denn ich schlafe nicht, auch bin ich jetzt nicht betrunken.«
    Sancho war verwundert, sich bei seinem Namen nennen zu hören und sich von einem fremden Pilger umarmt zu sehen; er betrachtete ihn ohne ein Wort zu sprechen lange mit der größten Aufmerksamkeit, konnte ihn aber nicht erkennen; da der Pilger seine Verwirrung annahm, sagte er zu ihm: »Ist es möglich, Freund Sancho Pansa, daß du deinen Nachbar nicht kennst, den Gewürzkrämer aus deinem Dorfe?«
    Hierauf betrachtete ihn Sancho mit der größten Aufmerksamkeit und fing an, sich seiner zu erinnern, endlich aber erkannte er ihn völlig und, ohne von seinem Tiere abzusteigen, schlug er ihm die Arme um den Hals und sagte: »Welcher Teufel sollte dich, Ricote, in der närrischen Verkleidung da wiedererkennen? Sage mir nur, wie hast du dich so zu einem Franzosen machen können, und wo nimmst du die Dreistigkeit her, wieder nach Spanien zu kommen, wo es dir übel ergehen wird, wenn sie dich kriegen und wiedererkennen sollten?«
    »Wenn du mich nicht angibst, Sancho«, antwortete der Pilger, »so bin ich sicher, daß mich keiner in dieser Kleidung wiedererkennen soll; wir wollen uns aber vom Wege entfernen und uns in jenes Gehölz dort begeben, wo meine Kameraden essen und ausruhen wollen, da sollst du mit ihnen essen, denn sie sind sehr friedliche Menschen; dort will ich dir auch erzählen, wie es mir gegangen ist, seit ich unser Dorf verlassen habe, um dem Befehl Seiner Majestät zu gehorchen, der mit so großer Schärfe die Angehörigen unseres unglücklichen Volkes bedrohte, wie dir bekannt sein wird.«
    Sancho tat es, und indem Ricote mit den übrigen Pilgern sprach, gingen sie nach dem Gehölze, welches in einer ziemlichen Entfernung von der großen Straße lag. Sie warfen ihre Stäbe weg, zogen ihre Röcke oder Kapuzen aus und blieben in Hemdsärmeln, worauf sich alle als junge, gut aussehende Leute zeigten, Ricote ausgenommen, der schon ein Mann bei Jahren war. Alle führten Schnappsäcke bei sich, und diese waren dem Anscheine nach gut versorgt, wenigstens mit solchen Sachen, die den Durst reizen und ihn wohl auf zwei Meilen herbeirufen. Sie streckten sich auf die Erde und machten aus dem Rasen ihr Tischtuch, legten Brot darauf, Salz, Messer, Nüsse, Stückchen Käse,

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