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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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Präsidentin befahl einem Bedienten, sogleich die achtzig Taler, die auf ihren Teil gefallen waren, auszuzahlen, und die Hauptleute hatten die sechzig schon abgezählt. Die Pilger wollten ihr ganzes bißchen Armut hergeben, aber Roque sagte ihnen, sie möchten ruhig sein. Er wandte sich hierauf zu seinen Leuten und sagte: »Von diesen Talern bekommt jeder von euch zwei und zwanzig bleiben übrig, zehn davon sollen diese Pilger und die anderen zehn dieser wackere Stallmeister erhalten, damit er von diesem Abenteuer etwas Gutes sagen könne. Er zog ein Schreibzeug hervor, mit welchem Roque immer versehen war, und gab ihnen einen geschriebenen Paß an die Anführer seiner Leute, worauf er sich von ihnen beurlaubte und sie frei ziehen ließ, indem sie über seinen Edelmut, seinen schönen Anstand und sein seltsames Betragen erstaunt waren, denn sie sahen ihn eher für einen Alexander Magnus als für einen bekannten Straßenräuber an.
    Einer von den Knappen sagte in seiner gaskognischen und katalonischen Sprache: »Unser Kapitän taugt besser zu einem Pater als zu einem Räuber; wenn er sich in Zukunft freigebig beweisen will, so mag er es von seinem Gelde und nicht von dem unsrigen tun.«
    Der Elende hatte es nicht so leise gesagt, daß es Roque nicht gehört haben sollte, der sogleich den Degen faßte und ihm den Kopf spaltete, indem er sagte: »So bestrafe ich die frechen Zungen.«
    Alle erschraken, und keiner wagte ein Wort zu sprechen; so groß war der Gehorsam, den sie beobachteten. Roque ging beiseite und schrieb einen Brief an einen seiner Freunde zu Barcelona, worin er ihm Nachricht gab, daß er den berühmten Don Quixote von la Mancha, den irrenden Ritter, von dem so viele Dinge erzählt würden, bei sich habe; und daß er ihm melde, er sei der verständigste Mann von der Welt, und daß innerhalb vier Tagen, am Tage des heiligen Johannes des Täufers, er ihn mitten auf die Reede vor der Stadt liefern wolle, bewaffnet mit allen seinen Waffen, auf Rosinante, seinem Pferde, und seinen Stallmeister Sancho auf seinem Esel. Er möchte seinen Freunden, den Niarros, diese Nachricht mitteilen, damit sie sich mit ihm ergötzten, er wünsche zwar, daß die Cadells, seine Gegner, dieses Vergnügens entbehren möchten, dies sei aber unmöglich, denn die törichte und verständige Art des Don Quixote und die Anmut seines Stallmeisters Sancho Pansa müßten notwendig der ganzen Welt ein allgemeines Vergnügen erregen.
    Diesen Brief schickte er durch einen seiner Knappen, der die Tracht eines Räubers mit der eines Bauern vertauschte, so nach Barcelona ging und ihn dem überlieferte, an welchen er gerichtet war.

61. Kapitel

    Was Don Quixote bei seinem Einzuge in Barcelona begegnete, nebst anderen Sachen, die mehr als verständig sind.
    Drei Tage und drei Nächte blieb Don Quixote bei Roque, und wäre er dreihundert Jahre bei ihm geblieben, so hätte es ihm nicht an Gelegenheit gefehlt, seine Lebensweise zu bewundern. Hier waren sie am Morgen, dort aßen sie zu Mittag; einmal flohen sie, ohne zu wissen vor wem, ein andermal lauerten sie, ohne zu wissen auf wen. Sie schliefen stehend, oft ihren Schlaf unterbrechend, indem sie den Ort verließen und einen anderen aufsuchten. Immer wurden Spione ausgeschickt, Schildwachen abgehört, die Lunten der Musketen fertig gehalten, ob sie gleich nur wenige hatten, sondern sich mehr der kurzen Büchsen mit Feuersteinen bedienten. Roque war des Nachts von seinen Leuten entfernt und hielt sich an Orten auf, die sie nicht wissen konnten, denn die vielen Befehle, die der Vizekönig von Barcelona gegen sein Leben hatte ergehen lassen, machten ihn unruhig und furchtsam, so daß er keinem traute, auch seine eigenen Leute fürchtete, daß sie ihn umbringen oder der Gerechtigkeit ausliefern möchten; ein ohne Zweifel armseliges und angstvolles Leben.
    Endlich gelangten auf unbetretenen Wegen, Fußsteigen und heimlichen Pfaden Roque, Don Quixote und Sancho nebst anderen Knappen vor Barcelona. Sie kamen auf die Reede den Abend vor dem Sankt-Johannis-Tage an, und indem Roque den Don Quixote und Sancho umarmte, dem er die versprochenen zehn Taler gab, die er ihm bis dahin noch nicht gegeben hatte, verließ er sie unter tausend Höflichkeitsbezeigungen, die von beiden Seiten getan und erwidert wurden. Roque ging zurück und Don Quixote blieb, den Tag, so wie er war, zu Pferde erwartend; dieser blieb auch nicht lange aus, sondern bald zeigte sich an den Fenstern des Orients das Antlitz der glänzenden

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