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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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schließen, daß seine Absichten, wenn er auch andere Reden führe, nur dahin zielten, sein Vergnügen, nicht aber meine Wohlfahrt zu befördern; wenn ich also gesonnen sei, seinen unrechtmäßigen Bewerbungen ein Hindernis in den Weg zu stellen, so wollten sie mich schnell verheiraten, mit wem ich es am liebsten möchte, entweder mit einem der Vornehmsten unseres Ortes oder aus der Nachbarschaft ; denn unser großes Vermögen wie mein guter Ruf machte jede Wahl möglich. Durch diese gewissen Aussichten und die Wahrheit ihrer Vorstellungen stärkte ich mich in meinem Vorsatze und gab dem Don Fernando auch nicht eine einzige Silbe zur Antwort, die ihm, selbst nur aus der Ferne, die Hoffnung hätte einflößen können, seine Wünsche erfüllt zu sehen; diese Zurückgezogenheit aber, die er für Verschmähung halten sollte, mußte vielleicht nur noch heftiger seine Begier entzünden, denn so muß ich seine Gesinnung gegen mich nennen, die ich Euch, wenn sie gestaltet war, wie sie hätte sein sollen, heute nicht beschreiben dürfte, weil mir dann die Ursache fehlen würde, davon zu erzählen; kurz, Don Fernando erfuhr, daß meine Eltern damit umgingen, mich zu versorgen, um ihm jede Hoffnung meines Besitzes zu entreißen oder mir wenigstens mehr Wächter zu meinem Schutze zu geben, und diese Nachricht bewog ihn, das zu tun, was Ihr jetzt vernehmen sollt.
    Als ich mich nämlich in einer Nacht in meinem Zimmer allein befand, nur in der Gesellschaft eines Mädchens, die mich bediente, die Türen wohl verschlossen, damit mir aus Nachlässigkeit nichts begegnen möchte, was meine Ehre in Gefahr bringen könnte, fand ich plötzlich, ohne zu wissen oder zu begreifen wie, in meiner stillen Einsamkeit und trotz meiner Vorsicht ihn vor mir, dessen Anblick mich so erschütterte, daß meine Augen ihre Kraft verloren und meine Zunge verstummte; darum stand es nicht in meiner Gewalt, um Hülfe zu rufen, auch glaube ich nicht, daß er es geduldet hätte; denn schnell eilte er auf mich zu, faßte mich in seine Arme – weil ich, wie gesagt, keine Kräfte hatte, um mich zu verteidigen, so erschüttert wie ich war – und überhäufte mich mit so vielen Worten, daß es mir unbegreiflich ist, wie die Lüge sich so geschickt verstellen kann, daß sie wie Wahrheit erscheint; der Verräter brachte es dahin, daß seine Tränen seine Worte, seine Seufzer sein Versprechen bekräftigten. Ich armes Kind, einsam unter den Meinigen aufgewachsen, schlecht geübt zu dergleichen Dingen, fing an, ich weiß nicht wie, alle diese Falschheit für Wahrheit zu halten, doch nicht so, daß ich zu einem andern als erlaubten Mitleiden durch seine Seufzer und Tränen wäre bewogen worden. Darauf, als das erste Erschrecken vorüber war, sammelte ich wieder meine zerstreuten Geister, und mit mehr Festigkeit, als er vielleicht erwartet hatte, sagte ich zu ihm: ›Wenn ich so, Señor, wie ich mich in deinen Armen finde, in die Klauen eines wilden Löwen gefallen wäre und mich dadurch erretten könnte, daß ich etwas täte oder sagte, was meiner Tugend entgegen wäre, so wäre es mir ebenso unmöglich, das zu tun oder zu sagen, wie es mir unmöglich ist, nicht mehr das zu bleiben, was ich bis jetzt war; darum, wenn du meinen Leib auch mit deinen Armen umgürtet hältst, so ist meine Seele doch mit Gesinnungen der Tugend umschlossen, die von den deinigen so verschieden sind, wie du es wahrnehmen sollst, wenn du Gewalt brauchen und so noch weiter vorschreiten wolltest. Ich bin deine Vasallin, aber nicht Sklavin; der Adel deines Blutes hat kein Recht, das meinige zu entehren oder es als ein niedriges zu verachten; als Landmädchen, als Bäuerin halte ich mich so gut, wie du dich als Herr und Ritter dünkst ; deine Stärke soll nichts über mich vermögen; deine Schätze sollen mich nicht blenden; deine Worte haben keine Kraft, mich zu täuschen; deine Seufzer werden mich nie bewegen; sähe ich aber alles dieses an einem Manne, den meine Eltern mir zum Gatten bestimmt haben, dann würde ich seinem Willen den meinigen unterwerfen, ja, mein Wille würde mit dem seinen ein und derselbe sein, so daß mich, wenn ich meine Ehre behielte, auch keine Reue quälen und ich dir dann, Señor, das freiwillig geben würde, was du mir jetzt mit Gewalt zu entreißen suchst ; alles dieses sage ich, damit du nicht glauben mögest, daß irgend jemand etwas von mir erlange, der nicht mein rechtmäßiger Gemahl ist.‹
    ›Wenn dir nur dies Bedenken macht, schönste Dorothea‹« – denn so

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