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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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gab ihnen den Abschied, die Rechnungen über Aussaat und Ernte gingen durch meine Hände; über die Ölmühlen, die Weinkeltern, über die Herden des großen und kleinen Viehes, über die Bienenzucht, kurz, über alles, was zum Besitztume eines so reichen Landmannes gehört, als mein Vater war, führte ich die Rechnung; ich war die Haushälterin und Herrscherin, und meine Sorgfalt erwarb mir sein Wohlgefallen in solchem Maße, daß ich es unmöglich ausdrücken kann. Die Stunden, die mir vom Tage übrigblieben, nachdem ich die nötige Zeit den obersten Hirten oder Winzern gewidmet hatte, wendete ich zu jenen Übungen an, die den Jungfrauen ebenso nützlich als nötig sind, wie die Arbeiten mit der Nadel oder am Stickrahm, oft auch das Spinnrad; und ließ ich diese Arbeiten, um meinen Sinn zu ermuntern, so las ich zu meinem Vergnügen irgendein geistliches Buch, oder ich spielte meine Harfe; denn die Erfahrung zeigte mir, wie die Musik unruhige Gemüter beruhigt und die Leiden der Seele erleichtert. Ein solches Leben führte ich in meiner Eltern Hause, welches ich Euch nicht aus Prahlerei so umständlich beschrieben habe, oder um zu zeigen, daß ich reich sei, sondern damit Ihr sehen mögt, wie ich ohne meine Schuld aus jener glücklichen Lage in das Elend geraten bin, in welchem ich mich jetzt befinde.
    Wie ich also mein Leben so eingezogen unter diesen Beschäftigungen fortführte, daß man es mit dem Aufenthalte in einem Kloster vergleichen durfte, ohne, wie ich es glaubte, von jemand anders als den Dienern im Hause gesehen zu werden – denn wenn ich zur Messe ging, geschah es so früh am Tage, überdies von meiner Mutter und meinen Mägden begleitet, auch so verhüllt und verschleiert, daß meine Blicke kaum mehr Boden sahen als den, wo ich den Fuß hinsetzte –, so vermochten es dennoch die Augen der Liebe oder vielmehr der Müßigkeit, die schärfer sind als die Augen des Luchses, daß Don Fernando mich bemerkte, denn so heißt der jüngere Sohn des Herzogs, von dem ich erst gesprochen habe.«
    Kaum hatte die Erzählerin den Namen des Don Fernando genannt, als Cardenio die Farbe im Gesichte veränderte, wobei ihm in heftiger Erschütterung der Schweiß ausbrach, so daß der Pfarrer wie der Barbier, die auf ihn achtgaben, schon befürchteten, daß er den Anfall von Wahnsinn bekommen möchte, der ihn, wie sie gehört hatten, von Zeit zu Zeit heimsuchte; aber Cardenio tat in seiner Erschütterung nichts anderes, als daß er erstaunt dastand und das Landmädchen starr ansah, indem er zu wissen glaubte, wer sie sei; sie aber, ohne Cardenios Bewegungen zu bemerken, fuhr also in ihrer Erzählung fort:
    »Er hatte mich kaum gesehen, als er auch, wie er mir nachher sagte, sich so von Liebe zu mir ergriffen fühlte, wie ich es wohl an seinem Betragen wahrnehmen konnte. Um aber bald die Geschichte meiner endlosen Leiden zu endigen, so übergehe ich alle Bemühungen des Don Fernando, die mir seine Absicht kundtun sollten; er bestach alle Leute in meinem Hause; meine Angehörigen erhielten Geschenke und Begünstigungen von ihm; jeder Tag war ein Fest und führte eine Ergötzlichkeit in meine Straße; in den Nächten konnte vor Spiel und Gesang niemand schlafen; der Briefchen, die mir, ohne zu wissen wie, in die Hände kamen, waren unzählige, voll von glühender Liebe und Ergebenheit, mehr Beteuerungen und Schwüre als Buchstaben; alles dieses aber erweichte mich so wenig, daß es mich im Gegenteil so gegen ihn verhärtete, daß er mir wie mein Todfeind erschien, so daß alles, was er tat, um mich seinen Wünschen geneigt zu machen, durchaus die entgegengesetzte Wirkung hervorbrachte; nicht, als ob mir die edle Gestalt Don Fernandos mißfallen hätte oder als ob ich auf seine Bemühungen einen Unwillen geworfen: denn ich empfand im Gegenteil ein gewisses Vergnügen, mich von einem so vorzüglichen Ritter geschätzt und geliebt zu sehen; auch verdroß es mich nicht, mein Lob in seinen Briefen zu lesen – denn wenn wir Weiber auch noch so häßlich sind, so schmeichelt es uns doch, wie ich glaube, immer uns schön genannt zu hören –, sondern meine Tugend und der gute Rat meiner Eltern widersetzten sich ihm, die schon um die Absicht Don Fernandos wußten, weil er sich nicht darum kümmerte, ob die ganze Welt sie erführe. Meine Eltern sagten mir, wie sie meiner Tugend allein ihre Ehre und ihren guten Ruf vertrauten, daß ich die Ungleichheit bedenken möchte, die mich und Don Fernando voneinander trennte, und daraus

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