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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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Welt Ende zu begleiten; sogleich packte ich in einen leinenen Beutel einen weiblichen Anzug, nebst einigen Kleinodien, und Geld auf alle Fälle, und ohne meinem verräterischen Mädchen ein Wort zu sagen, verließ ich das Haus in stiller Nacht, in Begleitung des Dieners und mannigfaltiger Vorstellungen, und machte mich zu Fuße auf den Weg nach der Stadt, von dem Vorsatze beflügelt, ihn zu finden und, wenn auch nicht zu hindern, was ich schon getan glaubte, doch wenigstens den Don Fernando zu fragen, mit welchem Herzen er es habe tun können.
    In zwei und einem halben Tage gelangte ich, wohin ich wünschte, und sowie ich in die Stadt getreten war, fragte ich nach dem Hause, in dem die Eltern der Luzinde wohnten, und der erste, dem ich diese Frage tat, antwortete mir mehr, als ich zu hören wünschte; er gab mir Nachricht vom Hause und von allem, was sich mit der Tochter des Hauses zugetragen hatte: eine Sache, die in der Stadt so bekannt war, daß man an allen Orten laut davon redete; er erzählte mir, wie an dem Abende, da Luzinde mit Don Fernando vermählt wurde, als sie das Ja ausgesprochen, seine Gattin zu sein, sie von einer plötzlichen Ohnmacht befallen wäre; wie ihr Gemahl nun zu ihr gegangen, ihr die Brust frei zu machen, damit sie Luft schöpfen könne, habe er ein Blatt von Luzindens Hand gefunden, in welchem sie bestimmt erklärte, daß sie unmöglich die Gemahlin Don Fernandos sein könne, weil sie es schon vom Cardenio sei, der, nach dem Berichte dieses Mannes, ein vornehmer Ritter aus derselben Stadt war; daß sie dem Don Fernando ihr Jawort gegeben, habe sie nur getan, um ihren Eltern gehorsam zu sein; kurz, das Blatt enthielt nach seiner Erzählung solche Ausdrücke, daß man aus diesen begriff, sie habe den Vorsatz gehabt, sich selber umzubringen, sowie die Zeremonie beendigt gewesen; zugleich hatte sie die Ursachen angezeigt, aus denen sie sich des Lebens berauben wollte; alles dieses soll auch ein Dolch bestätigt haben, den man in einem Teile ihrer Kleidung fand. Als dem Don Fernando dies alles kund wurde und er meinte, von Luzinden hintergangen, verschmäht und verachtet zu sein, stürzte er auf sie zu, noch ehe sie aus ihrer Ohnmacht zurückgekommen war, und faßte den gefundenen Dolch, um sie zu erstechen, was er auch getan hätte, wenn ihn die Eltern und die übrigen, die zugegen waren, nicht daran gehindert hätten; man sagte auch, daß sich Don Fernando schnell entfernt, Luzinde sich aber erst am folgenden Tage von ihrer Betäubung erholt und dann ihren Eltern erzählt habe, wie sie die wahrhaftige Gemahlin des erst genannten Cardenio sei; man wußte auch, daß dieser Cardenio bei der Vermählung selbst gegenwärtig gewesen sei, und als er sie vermählt gesehen, was er nie hatte glauben können, sei er verzweifelnd aus der Stadt entflohen, habe aber ein geschriebenes Blatt zurückgelassen, in dem er Luzindens Treulosigkeit verwünschte, und daß er dort hinginge, wo ihn niemals das Auge eines Menschen wiederfinden solle. Dieses alles war in der ganzen Stadt allgemein bekannt, alle sprachen davon; noch mehr aber redeten sie darüber, als man erfuhr, daß Luzinde aus dem Hause ihrer Eltern und aus der Stadt entflohen sei; denn man fand sie nicht in der Stadt, worüber ihre Eltern fast wahnsinnig wurden und nicht wußten, welche Mittel sie ergreifen sollten, um sie wiederzufinden. Als ich dies erfuhr, erwachten meine Hoffnungen von neuem, es schien mir jetzt besser, daß ich Don Fernando nicht gefunden hatte; denn da ich ihn nicht verheiratet fand, schien mir noch nicht ganz das Tor meines Trostes verschlossen; ich glaubte, der Himmel habe vielleicht seiner zweiten Heirat dies Hindernis geschickt, um seine Pflicht für die erste in ihm wiederzuerwecken, ihn zu erinnern, daß er ein Christ sei und daß er seine Seligkeit höher als alle irdischen Rücksichten achten müsse; alles dies stellte sich meiner Einbildung dar, und ich tröstete mich, ohne einen Grund des Trostes; ich ersann ferne, kaum schimmernde Hoffnungen, um ein Leben zu fristen, das ich jetzt hasse. Indem ich noch in der Stadt war, ohne zu wissen, was ich tun sollte, weil ich Don Fernando nicht fand, hörte ich einen öffentlichen Ausruf, welcher demjenigen eine große Belohnung nachwies, der mich auffände, wobei er mein Alter und die Kleidung, die ich trug, als Zeichen beschrieb; ich hörte ihn sagen, der Bursche, der mit mir ging, habe mich aus dem Hause meiner Eltern entführt : etwas, das mir durch die Seele ging, weil ich

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