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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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ihm jetzt so schnell und freiwillig überlassen habe. Ich fürchte, daß er diesen behenden Leichtsinn geringschätzen wird, ohne zu fühlen, daß es mir unmöglich war, ihm zu widerstehen.«
    »Sei deshalb unbesorgt, Señora«, antwortete Leonella, »denn es ist nicht der Mühe wert; das ist kein Grund, die Gabe gering zu achten, weil man sie bald gegeben hat, wenn sie nur sonst gut ist und an sich selbst geschätzt zu werden verdient; so pflegt man ja auch zu sagen, wer bald gibt, gibt doppelt.«
    »Man pflegt aber auch zu sagen«, antwortete Camilla, »was man wohlfeil kauft, wird nicht sonderlich geachtet.«
    »Das paßt nicht hierher«, antwortete Leonella, »denn ich habe mir sagen lassen, daß Amor einmal fliegt und ein andermal geht: Mit diesem läuft er, und mit jenem schreitet er gemächlich, den einen macht er lau, den andern brennend, diesen verwundet er, jenen bringt er um; schnell entsteht der Lauf seiner Wünsche, und schnell gelangen sie ans Ziel; am Morgen umzingelt er die Festung, und in der Nacht muß sie sich erge ben, weil sie keine Kraft zum Widerstande hat; wenn dem nun so ist, warum bist du besorgt, oder weshalb quälst du dich, weil dasselbe auch dem Lotario begegnet sein muß, da Amor die Abwesenheit unsres Herrn zum Mittel gebraucht hat, Euch zu bezwingen? In dieser Abwesenheit war es nötig, alles zu vollbringen, was Amor beschlossen hatte, ohne der Zeit Zeit zu lassen, damit nicht Anselmo zurückkäme und die Vollendung des Werkes durch seine Gegenwart störe, denn Amor hat keinen bessern Diener, um sein Vorhaben auszuführen, als die Gelegenheit ; der Gelegenheit bedient er sich in allen seinen Taten, vorzüglich im Anfange. Alles dies hab ich mehr aus Erfahrung als vom Hörensagen, und du sollst wohl einmal erfahren, daß ich auch ein Mädchen bin, aus Fleisch und Blut geformt; auch hast du dich ja nicht so schnell ergeben, daß du nicht vorher in den Blicken, Seufzern, Worten, Versprechungen und Geschenken des Lotario seine ganze Seele gesehen hättest, in ihr alle seine Tugenden, und wie sehr er deshalb verdiente geliebt zu werden. Wenn dem aber so ist, so laß dich nicht von Furcht und ängstlichen Zweifeln beunruhigen, sondern sei versichert, daß Lotario dich ebenso achtet, wie du ihn achtest, und lebe mit der Überzeugung ruhig, daß, wenn du dich einmal in die Liebesnetze verstrickt hast, du doch einem Würdigen zuteil geworden bist : denn er besitzt nicht nur die vier S. S., von denen man sprichwörtlich sagt, daß sie die vollkommenen Liebhaber haben müßten, sondern er hat das ganze Alphabet ; höre nur zu, denn ich will es dir gleich auswendig hersagen. Nach meiner Meinung ist er nämlich Angenehm, Beständig, Cavalier, Dankbar, Erkenntlich, Freigebig, Galant, Heimlich, Jung, Liebenswürdig, Männlich, Natürlich, Offen, Prächtig, Reich, nun folgen die vier S.S., dann Tapfer, Vornehm, Wahrhaft, X paßt sich für einen Geliebten nicht, denn es ist ein zu harter wie Y ein fremder Buchstabe, dann folgt zum Beschluß Z, Zärtlich über deine Ehre.« Camilla lachte über das Alphabet ihres Mädchens und fand
    sie in Liebessachen erfahrner, als sie sich vorgestellt hatte; diese gestand der Camilla nun, daß sie mit einem jungen, wohlerzogenen Menschen aus der nämlichen Stadt in Verbindung stehe; worüber sich Camilla sehr beunruhigte, weil sie fürchtete, daß dies zum Nachteil ihrer Ehre ausfallen dürfte. Sie forschte nach, ob sie miteinander schon weiter als bis zu Worten gekommen wären. Jene antwortete mit weniger Beschämung und vieler Keckheit, daß sie schon vertrauter geworden: denn es ist eine ausgemachte Sache, daß die Unvorsichtigkeiten der Herrschaften dem Gesinde alle Scham nehmen, die, wenn sie ihre Gebieterin nur einen unrechten Schritt tun sehen, sich gleich wenig kümmern, so zu hinken, daß es in die Augen fällt. Camilla konnte nun nichts weiter tun als Leonella bitten, daß sie ihrem Geliebten nichts von ihrem Verhältnis sagen möchte und die Sache ja so geheimhalten, daß Anselmo sowenig wie Lotario davon erführe. Leonella antwortete, daß sie es tun wolle, aber sie erfüllte so wenig ihr Versprechen, daß Camillas Furcht, ihren guten Ruf zu verlieren, beinahe zur Gewißheit wurde: denn die unverschämte und freche Leonella, als sie sah, daß ihre Gebieterin sich nicht ihrer Pflicht gemäß betrug, wurde so dreist, daß sie ihren Liebhaber zu sich ins Haus ließ, weil sie überzeugt war, daß, wenn ihre Gebieterin ihn auch sähe, diese es doch nicht

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