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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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Sieges. Es war eine geraume Zeit still, indem er mit starren Augen den Fußboden betrachtete, ohne auch nur die Augenwimpern zu bewegen, endlich sagte er: »Du hast so gehandelt, Lotario, wie ich von deiner Freundschaft erwarten konnte, ich bin immer deinem Rate gefolgt, handle auch jetzt, wie es dir gut dünkt, und bewahre das Geheimnis, das mich so plötzlich überrascht.«
    Lotario versprach es ihm, und als er sich entfernt hatte, ge reute ihn alles durchaus, was er gesagt hatte, denn er sah nun ein, wie töricht er gehandelt habe, weil er sich wenigstens an Camilla auf eine andere als diese grausame und schimpfliche Weise hätte rächen können; er verwünschte sein übereiltes Beginnen und wußte doch nicht, was er tun sollte, um das Geschehene ungeschehen zu machen, oder auf welchem Wege er es vermitteln könne; endlich fiel er darauf, Camillen alles zu erzählen, und da es ihm nicht an Gelegenheit mangelte, dies auszuführen, so fand er sie noch am nämlichen Tage allein. Sowie diese ihn nur ansichtig wurde, rief sie aus: »Oh, mein Freund Lotario, Ihr müßt wissen, daß ich etwas auf dem Herzen habe, das mich so quält, daß mir das Herz im Busen zerspringen möchte, und es wäre nicht zu verwundern, wenn es geschähe, denn die Unverschämtheit der Leonella ist so hoch gestiegen, daß sie jegliche Nacht einen Liebhaber in das Haus nimmt und ihn nur erst mit dem Tage von sich läßt, auf die Gefahr meiner Ehre, die dem durchaus verdächtig werden muß, der diesen Menschen zu so ungewöhnlicher Zeit aus meinem Hause herauskommen sieht; und was mich vorzüglich bekümmert, ist, daß ich sie nicht bestrafen kann, nicht einmal schelten, weil sie die Vertraute unserer Liebe ist und dadurch meine Zunge so bezähmt, daß ich zu ihrem Betragen schweigen und darum fürchten muß, daß daraus ein Unglück entstehen wird.«
    Als Camilla anfing zu reden, glaubte Lotario, daß es nur ein Kunstgriff sei, ihm einzubilden, als wenn der Mann, den er gesehen hatte, von Leonella und nicht von ihr gekommen wäre; da er sie aber weinen, schluchzen, um Hülfe bitten sah, glaubte er ihr endlich, und dadurch wurde seine Verwirrung wie seine Reue noch vergrößert ; doch antwortete er, sie solle sich nicht bekümmern, denn er wolle schon ein Mittel ersinnen, Leonellens Unverschämtheit Einhalt zu tun; zugleich erzählte er ihr, was er, von Wut und Eifersucht getrieben, Anselmo gesagt habe und wie dieser sich vorgesetzt, sich in dem Saale zu verbergen, um dort ihre Treulosigkeit mit eignen Augen zu sehen; er bat seines Wahnsinns wegen um Verzeihung, und wie sie ein Mittel ersinnen möge, um aus dieser Verworrenheit zu kommen, die sein Unbedacht veranlaßt habe.
    Camilla war erschrocken, als sie den Lotario dies sagen hörte, sie schalt ihn entrüstet und verwies ihm sein Mißtrauen sowie sein törichtes und höchst unbilliges Benehmen mit sehr verständigen Worten; wie aber das Weib von Natur mehr als der Mann einen schnellen Verstand sowohl zum Guten als zum Bösen hat, wenn er ihr gleich mangeln kann, wenn sie mit dem Vorsatz sich verständig zeigen will, so fand auch Camilla augenblicklich ein Mittel, um sich aus dieser Verwirrung zu befreien, die unauflöslich schien; sie sagte daher Lotario, er möchte veranlassen, daß sich Anselmo am folgenden Tage an dem bewußten Orte verberge, denn eben dadurch denke sie es zu veranstalten, daß sie sich künftig ohne alle Furcht sehen und sprechen könnten; und ohne ihren Plan weiter auseinanderzusetzen, befahl sie ihm, sich in der Nähe zu befinden, damit er sogleich hereinkommen könnte, wenn ihn Leonella riefe, und daß er ihr dann auf ihre Fragen antworten möchte, wie er antworten würde, wenn er auch nicht wüßte, daß ihm Anselmo zuhöre. Lotario bestand darauf, sie möchte ihm ihre ganze Absicht auseinandersetzen, damit er um so sicherer alles beobachten könne, was nötig sei. »Es ist nichts weiter zu beobachten«, sagte Camilla, »als daß Ihr so antwortet, wie ich frage«; denn Camilla wollte ihm nicht sagen, was sie sich zu tun vorgenommen hatte, weil sie fürchtete, er möchte es alsdann nicht so ausrichten, wie sie es für das beste hielt, sondern auf eine andere Weise, die nicht so schicklich sein dürfte.
    So entfernte sich Lotario; und Anselmo reiste am folgenden Tage mit dem Vorgeben ab, seinen Freund auf dem Dorfe zu besuchen, kam aber zurück, um sich zu verbergen, welches er auch leicht bewerkstelligen konnte, da ihm Camilla und Leonella vorsätzlich dazu verhalfen.

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