Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
Vorhabens vor Gott und Menschen Nachsicht finden werde und keine Strafe verdiene. Kurz, Camillas Schönheit und Trefflichkeit, verbunden mit der Gelegenheit, die der unverständige Mann ihm selbst in die Hände gegeben hatte, besiegten Lotarios Biederkeit völlig; und ohne etwas anderes zu beachten als das, wohin ihn sein Vergnügen lenkte, fing er an, nachdem drei Tage nach Anselmos Abreise verflossen waren, in denen er einen beständigen Kampf gegen seine Vorsätze gestritten hatte, Camilla mit einem solchen Sturm von Erklärungen seiner Liebe zu erschüttern, daß sie erstaunt dasaß und dann nichts weiter tat, als daß sie ihren Sessel verließ und, ohne eine Silbe zu antworten, in ihr Zimmer ging; dies aber schlug in Lotario dennoch nicht die Hoffnung nieder, die immer mit der Liebe zugleich entsteht ; sondern er liebte nun Camilla um so mehr, die nicht wußte, was sie denken oder tun sollte, da sie den Lotario niemals so gesehen hatte, und da es ihr aber weder sicher noch gut getan schien, ihm Gelegenheit zu geben, zum zweitenmal mit ihm zu sprechen, entschloß sie sich, noch an demselben Abend einen Diener mit einem Briefe an Anselmo zu schicken; dies tat sie auch wirklich, und der Brief enthielt folgende Worte.

    3. [34.] KAPITEL
    In welchem die Novelle von der unziemlichen Neugier
    fortgesetzt wird

    Wie man zu sagen pflegt, daß eine Armee ohne ihren General wie ein Kastell ohne seinen Kastellan sich übel befinde, so sage ich, daß eine junge, verheiratete Frau ohne ihren Mann noch schlimmer steht, wenn ihn nicht die dringendsten Ursachen entfernen. Ich befinde mich ohne Dich so übel, und es fällt mir so unmöglich, diese Trennung zu ertragen, daß, wenn Du nicht schnell kommst, ich mich in das Haus meiner Eltern begeben werde, wenn auch das Deinige ohne Aufsicht bleibt; denn diejenige, die Du zurückgelassen hast, wenn sie anders mit solchem Anspruch hier war, scheint mehr ihr Vergnügen als Dein Bestes zu beachten, und weil Du verständig bist, mag ich nicht mehr hinzufügen; auch ist es überflüssig, noch ein Wort zu sagen.
    Diesen Brief bekam Anselmo, und er ersah daraus, daß Lotario die Unternehmung begonnen hatte und daß Camilla ihm nach seinen Wünschen geantwortet haben müsse; sehr vergnügt über diese Neuigkeiten, ließ er Camilla mündlich sagen, sie möchte durchaus ihren Wohnort nicht verändern, weil er sehr bald zurückkomme. Camilla war über diese Antwort Anselmos verwundert und in noch größere Verwirrung als zuvor gebracht; denn sie wagte nun nicht, in ihrem Hause zu bleiben, noch weniger aber zu ihren Eltern zu gehen; denn wenn sie blieb, so lief ihre Sittsamkeit Gefahr, und ging sie fort, so handelte sie gegen den Befehl ihres Gemahls; sie entschloß sich endlich zum Schlimmern, nämlich zu bleiben, mit dem Vorsatze, Lotarios Gegenwart nicht zu vermeiden, um ihren Dienern keine Gelegenheit zu geben, darüber zu sprechen; ja, es gereuten sie selbst die Worte, die sie ihrem Gemahl geschrieben hatte, weil sie fürchtete, er möchte auf die Gedanken kommen, Lotario habe etwas Ungeziemliches an ihr bemerkt, welches ihn veranlaßt habe, den Anstand gegen sie nicht mehr zu beobachten. So, auf ihre Tugend gestützt, vertraute sie Gott und ihren edlen Gesinnungen, mit denen sie glaubte, allem, was Lotario sagte, widerstehen zu können, ohne ihrem Manne weiter etwas zu klagen, um ihn nicht in Händel und Verdrießlichkeiten zu verwickeln; sie suchte sogar ein Mittel, um Lotario vor Anselmo zu entschuldigen, wenn er sie fragen sollte, wodurch sie bewogen sei, ihm jenes Blatt zu senden. Mit diesen Vorstellungen, die mehr tugendhaft als sicher und dienlich waren, hörte sie am folgenden Tage den Lotario an, dessen Anstrengung so leidenschaftlich war, daß Camillas Standhaftigkeit zu wanken anfing und sie die Sittsamkeit ihrer Augen zu Hülfe rufen mußte, um in ihren Blicken nicht Spuren eines zärtlichen Mitleidens zu zeigen, welches Lotarios Worte und Tränen in ihrem Busen erweckt hatten. Dies bemerkte Lotario und entzündete ihn noch mehr. Er glaubte endlich, er müsse die Gelegenheit der Abwe senheit Anselmos benutzen, um die Festung völlig zu umzingeln; er bestürmte daher ihre Eitelkeit mit Lobpreisungen ihrer Schönheit: denn nichts überwältigt so schnell und bezwingt die umschanzten Bollwerke der Eitelkeit der Schönen als eben diese Eitelkeit, wenn sie von der Zunge der Schmeichelei sich hören läßt. Kurz, er untergrub mit solchem Eifer den Felsen ihrer Tugend, daß Camilla

Weitere Kostenlose Bücher