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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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wagen dürfte, die Sache bekanntzumachen: denn dieses Übel ziehen neben andern die Vergehungen der Hausfrauen nach sich, daß sie die Sklavinnen ihrer eigenen Mägde werden und gezwungen sind, deren schändliche Aufführung zu bedecken, wie es auch der Camilla erging: denn ob sie es gleich öfter gewahr wurde, daß Leonella mit ihrem Liebhaber in einem Zimmer des Hauses war, so getraute sie sich doch nicht, sie zu schelten, ja sie gab ihr Gelegenheit, ihn einzuschließen, und räumte alles weg, daß er nur nicht von ihrem Manne gesehen würde; doch konnte sie es nicht verhindern, daß ihn nicht Lotario gesehen hätte, wie er eines Morgens bei Tagesanbruch aus dem Hause ging. Dieser, ohne ihn zu kennen, hielt ihn erst für ein Gespenst, da er ihn aber fortgehen und sich mit größter Sorgfalt in einen Mantel einwickeln und verhüllen sah, kam er von dieser törichten Vorstellung zurück und verfiel auf eine andere, die alle ins Verderben gestürzt hätte, wenn es durch Camilla nicht wäre vermittelt worden. Lotario glaubte nämlich, daß dieser Mann, den er zu so ungewöhnlicher Stunde aus Anselmos Hause hatte gehen sehen, nicht der Leonella wegen gekommen wäre, ja, er wußte jetzt nicht einmal, ob eine Leonella in der Welt sei; sondern daß Camilla, wie sie für ihn leichtsinnig gewesen, es auch für einen andern geworden; denn dies ist die Folge, die die schlechte Aufführung nach sich zieht, daß selbst derjenige an ihrer Ehre zweifelt, auf dessen Bitten und Überredungen sie sich ergeben hat, dieser glaubt, daß sie sich andern noch schneller ergeben könnte, und so gibt er jeglichem Argwohn Raum, der ihm in den Sinn kömmt ; so war es auch, als wäre in diesem Augenblicke Lotario völlig von seinem Verstande verlassen worden und als sei jeder vernünftige Gedanke seinem Gedächtnisse entfallen, denn ohne irgend etwas zu unternehmen, das gut oder nur klug gewesen wäre, ging er ohne weiteres, noch ehe Anselmo aufgestanden war, ungeduldig und blind vor eifersüchtiger Wut, die sein Herz zernagte, darnach dürstend, sich an Camilla zu rächen, die ihn auf keine Weise beleidigt hatte, sogleich zu Anselmo und sagte zu ihm: »Wisse, Anselmo, daß ich schon seit einigen Tagen mit mir selber gestritten habe und mir selbst Gewalt angetan, dir dasjenige nicht zu sagen, was doch ebenso unmöglich als unrecht wäre, dir länger zu verhehlen; wisse also, daß Camillas Tugend sich schon ergeben und allem dem unterworfen hat, was ich mit ihr tun möchte, und wenn ich zögerte, dir dies zu entdecken, so geschah es nur darum, um zu sehen, ob es wirklich ihr Leichtsinn sei oder ob sie mich nur auf die Probe stellen wolle, um zu erfahren, ob die Anträge ernsthaft wären, die ich ihr auf dein Verlangen getan habe; ich glaube nun, daß, wenn sie das wäre, wofür wir sie beide gehalten haben, sie dich schon von meinen Bemühun gen unterrichtet hätte; da ich aber sehe, daß sie zögert, so kann ich abnehmen, daß die Versprechungen, die sie mir gegeben hat, ernst sind, daß sie mich nämlich, wenn du wieder einmal vom Hause abwesend wärst, auf dem Saale sprechen wolle, auf dem deine Geräte aufgestellt sind« (und dort pflegte er wirklich Camilla zu sprechen); »ich wünschte nun nicht, daß du eine plötzliche Rache nähmst, denn noch ist die Sünde nur in Gedanken begangen, und es könnte sein, daß Camilla noch in der Zwischenzeit bis zur Ausübung andern Sinnes würde und die Reue in ihr Raum fände; und da du zum Teil bis hierher immer meinem Rate gefolgt bist, so befolge auch den, den ich dir jetzt geben will, damit du, ohne dich zu trügen oder zu übereilen, das tun mögest, was dir dann am besten scheinen mag. Stelle dich, als verreistest du auf zwei oder drei Tage, wie es schon der Fall gewesen ist, richte es aber so ein, daß du dich auf dem Saale verborgen hältst, wozu dir die Tapeten, die dort hängen, nebst andern Dingen die bequemste Gelegenheit anbieten, dann kannst du mit deinen eigenen Augen, wie ich mit den meinigen, die Absicht der Camilla gewahr werden; ist sie nun ehrvergessen, wie wir lieber nicht befürchten wollen, so magst du in der Stille und mit Verstand dann die Kränkung bestrafen, die sie dir zugefügt hat.«
    Lotarios Worte versetzten Anselmo in die allergrößte Verwunderung, Erstaunen und Erschrecken, denn er hörte sie zu einer Zeit, da er sie am wenigsten zu hören gedachte, denn schon hielt er Camilla für Siegerin der erdichteten Liebesanträge Lotarios und genoß schon den Preis ihres

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