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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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einer Schuld bewußt zu sein und ohne vorher den umzubringen, der die Ursach ihres Elends war; auch ich kann sterben, aber vorher will ich an dem vollgenügende Rache nehmen, der mich veranlaßt hat, diesen Ort zu betreten, um seine Frechheit, die ich nicht veranlaßte, zu beweinen.«
    Leonella ließ sich noch lange bitten, ehe sie fortging, um Lotario zu rufen; endlich ging sie, und ehe sie wiederkam, sagte Camilla, wie zu sich selber sprechend: »Aber beim Himmel, wäre es nicht sicherer gewesen, dem Lotario seine Absicht zu verweisen, wie ich es schon mehr als einmal getan habe, als ihm die Veranlassung zu geben, mich für schlecht und entartet zu halten, wie er wenigstens in der Zwischenzeit tun muß, bis ich ihm seinen Wahn benehme? Ohne Zweifel wäre es besser gewesen; aber ich wäre ohne Rache und die Ehre meines Mannes ohne Genugtuung geblieben, wenn er gesund und unverletzt die Schritte zurückmäße, die er mit so bösen Absichten vorwärts tat ; mit dem Leben bezahle der Verräter, was er mit seinen unzüchtigen Gedanken verbrochen hat; die Welt erfahre – wenn sie sich um diese Begebenheit kümmert –, daß Camilla ihrem Gemahl nicht nur ihre Pflicht treu bewahrte, sondern daß sie auch den bestrafte, der diese Pflicht zu verletzen gedachte; aber doch wäre es vielleicht besser, Anselmo von allem zu benachrichtigen; doch habe ich ihm schon einen Wink in jenem Briefe gegeben, den ich ihm nach dem Dorfe schickte, und wenn er diesen Wink nicht benutzte, so mußte es wohl daher kommen, daß er sich nicht überzeugen konnte, daß in der Brust eines treuen Freundes jemals ein Gedanke entstehen könne, der gegen seine Ehre gerichtet wäre, wie ich es lange nicht habe glauben wollen und niemals glauben würde, wenn seine Unverschämtheit nicht so hoch gestiegen, daß mich seine Geschenke, Versprechungen und immerwährende Tränen nur zu sehr davon überzeugen. Doch warum stelle ich jetzt diese Betrachtungen an? Bedarf ein edler Entschluß etwa der Überlegung? Nein, wahrlich nicht! Fort ihr Zweifel, herbei du Rache! Er komme, der Falsche, er trete herein, er nähere sich, sterbe, und alles geschehe, was geschehen mag! Rein kam ich in die Arme dessen, den mir der Himmel bestimmte, und rein muß er mich wiederfinden, und sollte ich auch mit meinem keuschen Blute und dem schändlichen Blute des falschesten Freundes bedeckt sein.« Indem sie dieses sprach, ging sie mit gezücktem Dolch durch den Saal; ihr Gang war so heftig, ihr Anstand so zornig, und ihre Gebärden hatten so sehr den Ausdruck der Wut, daß man glaubte, ihr Bewußtsein habe sie gänzlich verlassen und daß sie kein zartes Weib, sondern ein verzweifelter Mörder sei.
    Alles dies sah Anselmo hinter einigen Teppichen an, die ihn verbargen; er war verwundert und glaubte, daß das, was er gesehen und gehört, allein schon hinreichend sei, noch stärkern Argwohn zu vertilgen, er wünschte schon, daß Lotario gar nicht kommen möchte, weil er irgendein plötzliches Unheil besorgte; er war willens, hervorzutreten, seine Gattin zu umarmen und sie aus ihrem Irrtum zu reißen, doch hielt er sich noch zurück, denn er sah nun Leonella zurückkommen, die den Lotario bei der Hand hielt. Sowie ihn Camilla hereintreten sah, machte sie mit dem Dolche vor sich einen langen Strich auf dem Fußboden und sagte: »Lotario, höre, was ich dir sage: Wagst du es, diesen Strich zu überschreiten, ja ihm nur nahe zu kommen, so durchstoße ich in dem nämlichen Augenblicke meine Brust mit diesem Dolche, den ich in den Händen habe; und bevor du mir hierauf etwas erwiderst, sollst du meinen Worten zuhören, dann magst du sagen, was dir gefällt. Zuerst sage mir, Lotario, ob du meinen Mann Anselmo kennst und wie du von ihm denkst; zweitens will ich wissen, ob du mich kennst. Hierauf antworte ohne Verworrenheit, und ohne dich lange zu bedenken, denn meine Fragen sind leicht zu fassen.«
    Lotario war nicht so ungeschickt, daß er nicht von dem Augenblicke, in welchem ihm Camilla gesagt hatte, er möchte veranstalten, daß sich Anselmo verstecke, alles begriffen hätte, er half also ihrer Absicht so verständig, daß die Verstellung vollkommen den Schein der Wahrheit erhielt. Darum antwortete er Camillen auf folgende Weise: »Ich dachte nicht, schöne Camilla, daß du mich gerufen hättest, um mich Sachen zu fragen, die der Absicht, warum ich komme, so fern liegen; tust du es, um den versprochenen Lohn zu verzögern, so durftest du ihn nur weiter verschieben, denn man fühlt sich

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