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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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allen Antwort zu geben. Darum wäre es mir sehr unlieb, wenn er meinetwegen auch noch Verdruß haben sollte.«
    Worauf die Haushälterin sagte: »Sagt mir nur, gnädiger Herr, ob es denn am Hofe bei Seiner Majestät nicht auch Ritter gibt?«
    »Freilich«, antwortete Don Quixote, »und viele; auch ist es gut, daß sie sich dort aufhalten als ein Schmuck der Fürsten und eine Erhöhung des königlichen Glanzes.«
    »Könntet Ihr denn nun nicht«, versetzte sie, »einer von denen sein, die ihrem Könige und Herrn in aller Ruhe dienen, indem sie sich am Hofe aufhalten?«
    »Sieh, mein Kind«, versetzte Don Quixote, »nicht alle Ritter können Hofleute sein, sowenig wie alle Hofleute irrende Ritter sein können und sollen. Es muß von allen Arten in der Welt geben; und ob wir schon alle Ritter sind, so herrscht doch die größte Verschiedenheit unter uns, denn die Hofleute, ohne aus ihren Zimmern zu gehen oder den Bezirk des Palastes zu verlassen, streifen durch die ganze Welt, indem sie eine Karte vor sich nehmen, und zwar ohne daß es ihnen einen Groschen kostet oder sie Kälte und Hitze, Hunger und Durst erdulden; wir aber, die wir die wahrhaften irrenden Ritter sind, sind der Sonne und Kälte, der Luft und allen Unfreundlichkeiten des Himmels ausgesetzt, und so ziehen wir bei Nacht und bei Tage, zu Fuße und zu Pferde auf unseren eigenen Füßen durch die Länder. Wir sehen nicht bloß gemalte Feinde, sondern die wahrhaft wirklichen und bekämpfen sie auf alle Weise und bei jeglicher Gelegenheit, ohne uns bei Kindereien oder den Gesetzen des Duelles aufzuhalten; ob des Feindes Schwert oder Lanze länger oder kürzer ist; ob er Reliquien oder einen anderen Zauber heimlich mit sich führt ; ob die Sonne zwischen beiden in gleiche Teile oder Stückchen geschnitten ist oder nicht, nebst anderen Zeremonien dieser Art, die bei einzelnen Zweikämpfen, Mann gegen Mann, gebräuchlich sind und die du nicht kennst, die mir aber wohl bewußt sind. Ferner mußt du wissen, daß der rechte irrende Ritter, wenn er auch zehn Ritter ansichtig wird, die mit den Köpfen nicht nur die Wolken erreichen, sondern darüber hinausragen, von denen jeder statt der Beine zwei gewaltige Türme hat und deren Arme den Mastbäumen der größten Kriegesschiffe gleichen, von denen jedes Auge so groß ist wie ein Mühlenrad und glühender als Glasofen, er doch auf keine Weise erschrickt; sondern mit edlem Anstande und unerschrockenem Herzen wird er sie angreifen und bekämpfen und, wenn es möglich ist, sie überwinden und in einem kleinen Augenblicke zu Boden strecken, wenn sie auch mit den Schuppen eines gewissen Fisches gepanzert wären, von denen man behauptet, daß sie härter als selbst der Demant sind, und wenn sie statt der Schwerter schneidende Klingen von damasziertem Stahle führten oder eiserne Keulen mit stählernen Spitzen, wie ich dergleichen mehr als einmal gesehen habe. Alles dieses, liebe Haushälterin, ist dazu gesagt, damit du den Unterschied einsehen mögest, der zwischen Rittern und Rittern stattfindet. Auch wäre es sehr gut, wenn alle Fürsten diese zweite oder, richtiger zu reden, erste Art der irrenden Ritter gehörig schätzten; denn wie wir in ihren Historien lesen, hat es welche darunter gegeben, die das Glück nicht nur eines Königreichs, sondern vieler gegründet haben.«
    »Ach, Herr Oheim!« rief die Nichte aus, »seht doch nur ein, daß alles, was Ihr da von den irrenden Rittern sagt, Fabeln und Lügen sind; und wenn man ihre Historien nicht verbrennt, so sollte man wenigstens ein Kreuz oder sonst ein Zeichen daran machen, damit man sie gleich für unehrlich und für Verderber aller guten Sitten erkennete.«
    »Bei dem Gott, der mich erschaffen hat«, sprach Don Quixote, »wärst du nicht meine leibliche Nichte, die Tochter meiner eigenen Schwester, so wollte ich dich so für die Lästerung, die du ausgesprochen hast, züchtigen, daß der Ruf davon die Welt durchdränge. Wie, bei allem, was heilig ist! ist es möglich, daß ein Naseweis, die kaum ihre zwölf Spitzenklöppel in Ordnung halten kann, sich untersteht, mit ihrer Zunge über die Historien der irrenden Ritter zu fahren und sie zu verlästern? Was würde Herr Amadis sagen, wenn er dergleichen hören sollte? Doch wahrlich, er würde es dir verzeihen; denn er war der demütigste und höflichste Ritter seiner Zeit und außerdem ein eifriger Beschützer der Jungfrauen. Es hätte aber dies ein solcher hören können, der es dir übel bezahlt hätte; denn nicht

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