Don Quixote
diese Insel kommen, denn ich will mich ins Zeug werfen und ein solcher Statthalter sein, daß ich den Gottlosen zum Trotz in den Himmel komme; und es geschieht nicht aus Geiz, um etwa nur aus meiner lieben Not zu kommen oder mich zu etwas Vornehmeren zu machen, sondern bloß aus Neugier, um zu versuchen, wie es einem schmeckt, Statthalter zu sein.«
»Wenn Ihr es einmal versucht habt, Sancho«, sagte der Herzog, »werdet Ihr alle zehn Finger nach der Statthalterschaft lecken, denn es ist ein herrliches Ding, zu befehlen und sich gehorchen zu lassen, o wahrlich, wenn Euer Herr erst Kaiser ist, wie er es denn gewiß werden muß, so wie ihm die Dinge jetzt geraten, wird er sich das Ding nie wieder nehmen lassen, und alle die Zeit, in der er unterlassen hat, es zu sein, wird er in seinem innersten Herzen für verloren achten.«
»Gnädiger Herr«, versetzte Sancho, »ich bilde mir ein, daß es ein gutes Ding um das Befehlen ist, und wäre es auch nur über eine Herde Schafe.«
»Ich will sterben, Sancho, wenn Ihr nicht alles wißt«, antwortete der Herzog; »ich hoffe, daß Ihr ein solcher Statthalter sein werdet, wie es Euer Verstand verspricht, und dabei mag es sein Bewenden haben; wißt also, daß Ihr morgen am Tage zur Regierung der Insel abgehen sollt, heute abend wird man Euch den Anzug besorgen, den Ihr braucht, sowie alle Dinge, die zu Eurer Abreise nötig sind.«
»Sie mögen mich anziehen«, sagte Sancho, »wie sie immer wollen, denn wie ich auch gekleidet sein mag, so werde ich doch Sancho Pansa bleiben.«
»Das ist wahr«, sagte der Herzog; »aber die Kleidung muß sich doch zu dem Amte oder der Würde schicken, der man vorsteht, denn es wäre nicht gut, wenn sich ein Rechtsgelehrter wie ein Soldat trüge oder ein Soldat wie ein Priester. Ihr, Sancho, müßt zum Teil die Kleidung eines Gelehrten, zum Teil die eines Feldherrn tragen, denn auf der Insel, die ich Euch gebe, sind die Waffen so nötig wie die Wissenschaften und die Wissenschaften so unentbehrlich wie die Waffen.«
»Wissenschaften«, antwortete Sancho, »besitze ich wenige, denn ich weiß nicht einmal das Abc, aber es ist genug, Christum im Gedächtnisse zu haben, um ein guter Statthalter zu sein. Was die Waffen betrifft, so werde ich die führen, die man mir gibt, bis ich sie fallen lasse, und Gott wird weiter sorgen.«
»Mit einem solchen Gedächtnisse«, sagte der Herzog, »wird Sancho in keinem Dinge irren können.«
Jetzt kam Don Quixote hinzu, und da er hörte, wovon die Rede sei und wie bald Sancho zu seiner Statthalterschaft abreisen solle, nahm er ihn mit der Erlaubnis des Herzogs bei der Hand und führte ihn in der Absicht in sein Zimmer, ihm zu raten, wie er sich in seinem Amte zu betragen habe. Als sie in das Gemach gekommen waren, verschloß er hinter sich die Tür, setzte den Sancho fast mit Gewalt neben sich nieder und sagte mit langsamer Stimme:
»Ich danke dem Himmel tausendmal, lieber Sancho, daß, ehe und bevor mir noch irgendein Glück begegnet ist, ein günstiges Schicksal dir schon entgegengeht, um dich zu empfangen. Ich, der ich in meinem Gelingen dir die Verschreibung aufbewahrte, um in Zukunft dir die Zahlung für deine Dienste zu leisten, sehe mich noch in den ersten Anfängen, um mein Glück zu verbessern, und du siehst vor der Zeit und gegen alle Gesetze eines natürlichen Laufes der Dinge deine Wünsche gekrönt. Andere bestechen, bestürmen, bitten, eifern, flehen, dringen und erreichen doch ihre Absicht nicht, und wieder ein anderer kömmt, und ohne zu wissen wie und warum, findet er sich in dem Amte und der Bedienung, um die sich viele andere beworben haben; so daß hier der gewöhnliche Spruch paßt, daß gutes und böses Glück unsere Bewerbungen regieren. Du, der du, gegen mich gerechnet, ohne Zweifel ein gemeiner Mensch bist, bist plötzlich, ohne früh aufzustehen, ohne Nächte zu durchwachen, ohne dir irgend Mühe zu geben, bloß vom Atem der irrenden Ritterschaft angerührt, ohne weiteres Statthalter einer Insel, als wenn es nur so sein müßte. Ich sage dieses alles, o Sancho, damit du diese Gunst nicht deinen Verdiensten beimessen mögest, sondern daß du dem Himmel dankest, der die Sachen so gelind führt, und daß du nun die Glorie erkennen magst, die in dem Berufe der irrenden Ritterschaft befangen liegt. Wenn nun dein Herz gestimmt ist, daß du das glaubst, was ich gesagt habe, so höre jetzt, mein Sohn, deinem Cato aufmerksam zu, der dir Rat erteilen und dein Stern und Führer sein will, um
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