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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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deinen Weg zu lenken und dich aus dem stürmischen Meere, auf welchem du dich jetzt einschiffst, in einen sicheren Hafen zu bringen: denn die Ämter und großen Wür den sind nichts anderes, als eine tiefe See von Verwirrungen zu betrachten.
    Fürs erste, mein Sohn, mußt du Gott fürchten, denn in dieser Furcht besteht alles Wissen, und wenn du weise bist, kannst du in keinem Dinge irren.
    Zweitens habe immer die Augen auf das, was du bist, suche dich selber zu kennen, welches die allerschwerste Bekanntschaft ist, die man nur ersinnen mag. Wenn du dich selber kennst, so wirst du auch nicht darauf fallen, dich wie der Frosch aufzublasen, der dem Ochsen gleich sein wollte; tust du es aber, so wende den Blick zu deinen häßlichen Füßen von dem Rade deiner Torheit weg und erwäge, daß du bei dir zu Hause die Schweine gehütet hast.«
    »Das ist wahr«, antwortete Sancho, »aber damals war ich ein kleiner Bursche; nachher, als ich ein Junge wurde, waren es Gänse, die ich hütete, und nicht Schweine, aber ich glaube, daß das nichts zur Sache tut, denn nicht alle, die regieren, können aus königlichem Geschlechte abstammen.«
    »Das ist wahr«, versetzte Don Quixote, »deswegen müssen diejenigen, die nicht aus edlem Stamme sind, das Ansehen ihrer Würde durch eine gütige Freundlichkeit mildern, die, schicklich angebracht, sie vor den Lästerungen schützt, denen kein Stand entgehen kann.
    Gedenke, Sancho, der Niedrigkeit deiner Abkunft, entblöde dich nicht, es zu sagen, daß du von Bauern herstammst, denn wenn man sieht, daß du dich dessen nicht schämst, wird dich keiner damit beschämen wollen, halte es für rühmlicher, ein demütiger Tugendhafter zu sein als ein stolzer Sünder. Unzählig sind diejenigen, die, aus einer niedrigen Familie entsprungen, zu den höchsten geistlichen und weltlichen Würden gelangt sind, und von dieser Wahrheit könnte ich dir so viele Beispiele geben, daß sie dich ermüden würden.
    Bedenke, Sancho, daß, wenn du dir die Tugend zu deinem Ziele setzest und dich bemühst, tugendhaft zu handeln, du keinen zu beneiden brauchst, der Fürsten und Herren unter seinen Vorfahren zählt, denn das Blut erbt man, aber die Tugend wird erworben, und die Tugend gilt durch sich selbst, wieviel das Blut nie gelten kann.
    Wenn dem nun so ist, wie es in der Tat ist, und es kömmt einer von deiner Freundschaft von ungefähr in deine Insel, dich zu besuchen, so verachte und verspotte ihn nicht, sondern begegne ihm vielmehr freundlich, liebkose ihn und mache viel aus ihm, denn dadurch erfüllst du das Begehren des Himmels, welcher verlangt, daß keins seiner Geschöpfe verachtet werde, und du erfüllst zugleich, was du den Gesetzen der Verwandtschaft schuldig bist.
    Wenn du deine Frau mit dir nimmst – denn es ist nicht gut, daß diejenigen, die lange der Regierung vorstehen, ohne ihre eigenen Frauen sind –, so belehre, unterrichte und säubere ihre natürliche Ungeschliffenheit, denn alles, was ein verständiger Statthalter aufzubauen pflegt, pflegt wohl eine bäuerische und einfältige Frau wieder zu verderben und einzureißen.
    Wenn du Witwer werden solltest – ein Ding, das sich zutragen kann – und du mit deinem Amte auch deine Gattin erhöhtest, so nimm keine solche, die dir als Hamen und Angelrute dient und die dir hinter dem Rücken krumme Finger macht ; denn wahrlich, ich sage dir, daß von allem, was die Frau des Richters bekömmt, der Mann bei dem allgemeinen Verhör Rechenschaft ablegen muß, wo er alsdann im Tode alles vierfach bezahlen muß, was ihm in seinem Leben nicht zur Last gefallen ist.
    Niemals laß dich verleiten, die Gesetze willkürlich auszudeuten, denn das pflegen die Unwissenden zu tun, die für scharfsinnig wollen gehalten werden.
    Die Tränen des Armen dürfen mehr Mitleid, aber nicht mehr Gerechtigkeit bei dir finden als die Nachweisungen des Reichen.
    Suche die Wahrheit unter den Geschenken und Versprechungen des Reichen zu entdecken wie unter den Klagen und Bitten des Armen.
    Wenn die Billigkeit Eingang finden kann und darf, so laß den Verbrecher nicht ganz die Strenge des Gesetzes fühlen: denn nicht größer ist der Ruhm des strengen Richters als der des mitleidigen.
    Beugst du einmal den Stab der Gerechtigkeit, so geschehe es nicht vom Gewicht der Geschenke, sondern von dem der Barmherzigkeit.
    Sollst du den Prozeß von einem deiner Feinde entscheiden, so entferne alle Erinnerungen seiner Beleidigung und stelle sie zur Wahrheit der Sache.
    Keine Eigenliebe

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