Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
wieder aus der Phrenesie kommen; aber den andern Mischmasch und die Sprüche und eingerührten Dinge habe ich so rein vergessen wie die Wolken vom vorigen Jahre; darum wird es nötig sein, daß Ihr sie mir schriftlich gebt, denn wenn ich auch nicht selber lesen und schreiben kann, so will ich sie doch meinem Beichtvater geben, daß er sie mir wiederholt, eintränkt und repitert, sooft es nötig tut.«
    »Ach du Unglückskind!« antwortete Don Quixote, »ha! wie schickt es sich doch für einen Statthalter, weder lesen noch schreiben zu können. Denn du mußt wissen, o Sancho, daß, wenn ein Mensch nicht lesen kann oder linkisch ist, dieses immer eins von den beiden anzeigt, entweder daß er von äußerst gemeinen und niedrigen Eltern abstammt oder daß er so verkehrt und bösartig ist, daß weder Unterricht noch gute Sitten an ihm haften. Das ist also an dir ein großer Fehler, und ich wünschte sehr, daß du wenigstens unterzeichnen lerntest.«
    »Ich kann wohl meinen Namen unterzeichnen«, antwortete Sancho, »denn als ich einmal in meinem Dorfe die Almosen einsammelte, lernte ich etliche Buchstaben machen, wie die Zeichen auf den Kisten, welche vorstellten, daß es mein Name vorstellte; noch besser aber ist es, ich tue, als wenn mir die rechte Hand gelähmt wäre, und lasse einen andern für mich unterzeichnen, denn es gibt für alle Dinge ein Mittel, außer für den Tod, und wenn ich Stab und Gesetz führe, so kann ich auch tun, was ich will: denn es heißt, wer einen Advokaten zum Vater hat – – – Und wenn ich Statthalter bin, so bin ich noch mehr als ein Advokat, drum mögen sie nur kommen, so sollen sie es schon sehen, sie sollen einmal lachen und mich zum besten haben, sie sollen nach Wolle gehen und geschoren nach Hause kommen, wem Gott wohlwill, dem verschafft er Ehre, und die Torheiten des Reichen gehen für Weisheit durch die Welt, und wenn ich Statthalter und freigebig zugleich bin, wie ich es sein werde, so wird kein Mensch einen Fehler an mir sehen; ja wer sich zum Schaf macht, den fressen die Wölfe; du giltst soviel, als du Geld hast, sagte meine Großmutter, und bist du reich, bist du ein Weiser zugleich.«
    »O daß dich Gott verwünsche, Sancho!« rief Don Quixote aus, »sechzigtausend Teufel mögen dich und deine Sprichwörter holen! Schon seit einer Stunde stopfst und knetest du sie ineinander, und mit jedem quälst du mich mit Folterschmerzen. Ich versichere dich, daß diese Sprichwörter dich noch einmal an den Galgen bringen werden, ihrethalben werden dir deine Untertanen das Regiment entreißen, oder du wirst damit Meuterei und Aufruhr erregen. Sage mir nur, Dummkopf, wo du sie hernimmst oder wie du sie anbringst, Esel! denn um nur eins zu finden und gut anzubringen, schwitze und arbeite ich wie ein Drescher.«
    »Bei Gott, lieber gnädiger Herr«, versetzte Sancho, »Ihr beschwert Euch auch über rechte Kleinigkeiten. Wen Teufel geht es etwas an, wenn ich mein Vermögen brauche, denn kein anderes habe ich nicht, auch keinen anderen Grund und Boden als Sprichwörter und wieder Sprichwörter; und soeben fallen mir wieder viere ein, die hier wie gegossen passen, die wie Brot in einen Schnappsack hergehören; aber ich werde sie nicht sagen, denn wer zu schweigen weiß, den nennt man Sancho.«
    »Dieser Sancho bist du nicht«, sagte Don Quixote, »denn du weißt so wenig zu schweigen, daß du vielmehr der umständlichste und zudringlichste Schwätzer bist; dessenungeachtet möchte ich wissen, welche vier Sprichwörter dir jetzt ins Gedächtnis gekommen sind, die hier schicklich wären, denn so sehr ich auch in dem meinigen, welches doch ein sehr gutes ist, nachsuche, finde ich sonst kein einziges.«
    »Wie könnten sie besser sein«, sagte Sancho, »als die: Stecke keinem den Finger zwischen seine Backenzähne, und jeder fege vor seiner Tür, mit großen Herren ißt man nicht Kirschen gern, und mag der Krug im Steine liegen oder der Stein im Krug, steht's übel um den Krug, die hier alle wie gerufen kommen. Keiner soll sich mit seinem Statthalter messen oder mit einem, der ihm zu befehlen hat, denn es wird ihm sonst so übel gehen wie einem, der den Finger zwischen zwei Backenzähne steckt, und wenn es auch keine Backenzähne sind, es schadet drum nicht, wenn es nur Zähne sind; und was der Statthalter befiehlt, das muß geschehen, drum fege jeder vor seiner Tür, und mit großen Herren und endlich das mit dem Stein im Kruge kann ein Blinder einsehen. Drum ist es nötig, daß, wer den

Weitere Kostenlose Bücher