Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
den Gürtel los?«
    »Ich bin es«, antwortete Don Quixote, »weil ich deine Unterlassung ergänzen und meiner Qual Linderung verschaffen will; ich komme, dich zu geißeln, Sancho, und die Schuld zum Teil abzutragen, zu welcher du dich verpflichtet hast. Dulcinea verdirbt, du lebst sorglos, und ich sterbe im Wünschen; und darum ziehe dich nur gutwillig aus, denn ich bin willens, dir in dieser Einsamkeit wenigstens zweitausend Streiche zu geben.«
    »Ja nicht«, sagte Sancho, »haltet Euch ruhig, oder, beim lebendigen Gott, die Tauben sollen uns hören können; die Streiche, die ich auf mich genommen habe, sollen freiwillige sein und ohne Gewalt geschehen, und jetzt habe ich keine Lust, mich zu geißeln, genug, daß ich Euch mein Wort gebe, mich zu geißeln und zu hauen, sobald es mir in den Sinn kommt.«
    »Ich kann mich auf deinen Edelmut nicht verlassen, Sancho«, sagte Don Quixote, »denn dein Herz ist grausam, und so sehr du Bauer bist, ist dein Fleisch doch zärtlich.« Hierbei arbeitete er und bestrebte sich, ihm die Schleife aufzubinden. Als Sancho dergleichen wahrnahm, stand er auf und ergriff seinen Herrn, mit dem er sich umfaßte und herumschwenkte, worauf er ihm ein Bein unterschlug und ihn mit aufgerecktem Gesichte auf die Erde hinschmiß; er stemmte ihm nun sein rechtes Knie auf die Brust und hielt ihm mit den Händen die seinigen so fest, daß er sich weder rühren noch regen konnte. Don Quixote sagte zu ihm: »Wie, Verräter, du empörst dich gegen deinen Herrn und rechtmäßigen Gebieter? Das unterstehst du dich gegen den, der dich ernährt?«
    »Keinen König nehme ich, keinen König setze ich«, antwortete Sancho, »ich stehe mir bei, denn ich bin mein Gebieter; Ihr versprecht mir hier, daß Ihr mich in Ruhe lassen und mich nicht zwingen wollt, mich zu geißeln, und ich lasse Euch los und ledig, wo nicht,
    Mußt Verräter allhier sterben, O du Feind der Doña Sancha.«

Don Quixote versprach es ihm und schwor ihm, bei dem Leben seiner Gedanken, auch nicht einen Faden seines Gewandes anzurühren und daß er es ganz seiner Willkür und Laune heimstellen wolle, sich zu geißeln, wenn es ihm gefiele. Sancho stand auf und entfernte sich von dem Orte eine geraume Strecke, und indem er sich unter einem andern Baume lagern wollte, fühlte er, wie ihm etwas an den Kopf stieß, worauf er mit der Hand tappte und zwei menschliche Beine mit ihren Schuhen und Strümpfen ergriff. Er zitterte vor Furcht, lief zu einem andern Baum, und ihm begegnete das nämliche; er schrie laut nach Don Quixote, daß dieser ihm helfen solle. Don Quixote kam und fragte ihn, was ihm begegnet sei, daß er sich so fürchte, worauf Sancho antwortete, daß alle Bäume dort voller menschlichen Füße und Beine hingen. Don Quixote fühlte darnach und erriet, was es sein würde, weshalb er zu Sancho sagte: »Es ist nichts, worüber du dich fürchten könntest, denn diese Füße und Beine, welche du fühlst und nicht siehst, gehören ohne Zweifel einigen Spitzbuben und Straßenräubern, die an diesen Bäumen aufgehängt sind, denn hier pflegt sie die Obrigkeit zu hängen, wenn sie ergriffen werden, zu Zwanzigen und zu Dreißigen, woraus ich abnehme, daß wir uns nahe bei Barcelona befinden müssen.« Und so verhielt es sich auch in der Tat. Gegen Sonnenaufgang hoben sie die Augen auf und sahen die Trauben dieser Bäume, welche Körper von Räubern waren.
    Indem wurde es Tag, und wenn die Toten sie schon erschreckt hatten, so taten dies vierzig lebendige Räuber noch mehr, welche sie plötzlich umzingelten und ihnen in katalonischer Sprache zuriefen, daß sie sich ruhig verhalten und warten sollten, bis ihr Hauptmann käme. Don Quixote war zu Fuß, sein Pferd unaufgezäumt, seine Lanze an einen Baum gelehnt und, mit einem Worte, ohne alle Verteidigung, und deshalb hielt er es für gut, die Arme unterzuschlagen und den Kopf hängen zu lassen, um sich für eine bessere Zeit und Gelegenheit aufzusparen. Die Räuber gingen hin, um den Grauen zu plündern, auf welchem sie nichts von alledem ließen, was sie nur im Schnappsacke und im Felleisen fanden; es war für Sancho ein Glück, daß sich in einer Geldkatze, die er umgegürtet hatte, die Dukaten des Herzogs sowie derjenigen befanden, die er aus seiner Heimat mitgenommen hatte, aber dessenungeachtet würden diese wackern Leute so nachgeforscht und untersucht haben, bis sie gefunden, was er zwischen Haut und Fleisch verborgen hätte, wenn nicht in diesem Augenblicke ihr Hauptmann herzugekommen

Weitere Kostenlose Bücher