Don Quixote
wäre, der ungefähr vierunddreißig Jahre alt schien, von starkem Körper, mehr als mittler Größe, von ernstem Blick und brauner Farbe war. Er ritt auf einem gewaltigen Pferde, mit einem Panzerhemde bekleidet und mit vier großen Pistolen an den Seiten bewaffnet. Er sah, daß seine Stallmeister – denn so nennen sich diejenigen, die dies Gewerbe treiben – den Sancho Pansa plündern wollten; er befahl ihnen, es zu unterlassen, worauf sie sogleich gehorchten und dadurch die Geldkatze gerettet wurde. Er verwunderte sich, die Lanze zu sehen, die am Baume lehnte, den Schild auf der Erde und Don Quixote gewaffnet und melancholisch, in der traurigsten und kummervollsten Gestalt, welche nur die Traurigkeit selbst jemals zeigen könnte. Er ging zu ihm und sagte: »Seid nicht so traurig, lieber Freund, denn Ihr seid nicht in die Hände eines grausamen Osiris, sondern in die des Roque Guinart gefallen, dessen Natur mehr mitleidig als streng ist.«
»Meine Traurigkeit rührt nicht daher«, antwortete Don Quixote, »daß ich mich in deiner Gewalt befinde, o tapferer Roque, dessen Ruhm auf der ganzen Erde keine Grenzen kennt, sondern daß ich so sorglos gewesen, daß deine Soldaten mich unberitten haben überfallen können, da es meine Pflicht heischt, dem Orden der irrenden Ritterschaft gemäß, zu welchem ich mich bekenne, im ewigen Aufmerken zu leben und zu aller Zeit meine eigene Schildwacht zu sein: denn du mußt wissen, o großer Roque, hätten sie mich zu Pferde angetroffen, mit meiner Lanze und meinem Schilde, so würde es ihnen nicht leicht geworden sein, mich zu überwältigen, denn ich bin Don Quixote von la Mancha, welcher mit seinen Taten den Erdkreis angefüllt hat.«
Roque Guinart sah sogleich ein, daß die Krankheit des Don Quixote mehr Narrheit als Tapferkeit sei, ob er gleich seinen Namen einigemal gehört hatte, so hatte er doch seine Taten nie für Wahrheit gehalten, auch hatte er sich nie überreden können, daß eine solche Phantasie das Herz eines Menschen beherrschen solle, darum freute er sich außerordentlich, auf ihn getroffen zu sein, um das in der Nähe zu sehen, was er aus der Ferne gehört hatte, er sagte also zu ihm: »Tapferer Ritter, betrübt Euch nicht, haltet es auch für kein schlimmes Glück, in welchem Ihr Euch jetzt befindet, denn es ist möglich, daß sich Euer erzürntes Schicksal in dergleichen Unfällen versöhne; denn der Himmel pflegt durch seltsame, von Menschen nie ersonnene Mittel die Gefallenen aufzurichten und die Armen reich zu machen.«
Don Quixote wollte seinen Dank abstatten, als sie hinter sich ein Geräusch hörten, wie von einem Trupp Pferden, es war aber nur ein einziges, auf welchem in voller Wut ein Jüngling herbeisprengte, dem Scheine nach von zwanzig Jahren, in grünen Damast gekleidet, mit goldener Stickerei, einem aufgekrempten wallonischen Hut, eng anschließenden Stiefeln, Sporen, Dolch und Degen vergoldet; in der Hand hatte er eine kleine Büchse und zwei Pistolen an den Seiten. Bei dem Geräusche drehte Roque den Kopf um und sah diese schöne Gestalt, welche, da sie nahe gekommen war, sagte: »Dich zu suchen, kam ich, o tapferer Roque, denn bei dir finde ich, wenn nicht Hülfe, doch Trost in meinem Unglücke, und damit du nicht ungewiß bleibst, weil ich weiß, du kennst mich nicht, so will ich dir sagen, wer ich bin; ich bin Claudia Geronima, die Tochter des Simon Forte, deines vertrauten Freundes, des Todfeindes des Clauquel Torrellas, der auch der deinige ist, weil er zu einer dir feindseligen Bande gehört ; du weißt, daß dieser Torrellas einen Sohn hat, welcher Don Vincente Torrellas heißt oder wenigstens noch vor zwei Stunden so hieß. Um die Erzählung meines Unglücks abzukürzen, will ich dir alles nur mit wenigen Worten sagen. Dieser sah mich, warb um mich, ich gab ihm Gehör und schenkte ihm meine Liebe ohne Wissen meines Vaters, denn es gibt kein Mädchen, wenn sie auch noch so einsam und streng gehalten wird, die nicht Gelegenheit finden sollte, das auszurichten, was sie sich vorgesetzt hat. Kurz, er versprach mir, mein Gemahl zu sein, und ich gab ihm mein Wort, die Seinige zu werden, ohne daß wir weiterschritten; gestern erfuhr ich, daß er, uneingedenk dessen, was er mir schuldig war, sich mit einer andern verheirate und daß diesen Morgen die Vermählung vor sich gehe: eine Nachricht, die mir die Sinne verwirrte und aller Geduld ein Ende machte, und da mein Vater nicht zu Hause war, fand ich Gelegenheit, die Tracht anzulegen, in der
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