Don Quixote
du mich siehst, worauf ich auf diesem Pferde fortsprengte, den Don Vincente eine Meile von hier einholte, und ohne mich aufzuhalten, mich zu beklagen oder Entschuldigungen anzuhören, schoß ich diese Büchse und zum Überfluß auch diese beiden Pistolen auf ihn ab, so daß er, wie ich glaube, mehr als zwei Kugeln im Körper haben muß, wodurch ich Tore eröffnet habe, aus welchen, mit seinem Blute vermischt, meine Ehre wieder befreit wird. So ließ ich ihn unter seinen Dienern, die nicht wagten und nicht vermochten, ihn zu verteidigen; ich komme, dich zu suchen, daß du mich nach Frankreich hinüberschaffst, wo ich Verwandte habe, bei denen ich leben kann, zugleich will ich dich bitten, daß du meinen Vater beschützest, damit es die Anhänger des Don Vincente nicht wagen, an ihm eine schmähliche Rache zu nehmen.«
Roque, über die Schönheit, den Anstand und das Schicksal der reizenden Claudia verwundert, sagte zu ihr: »Komm, Señora, damit wir sehen, ob dein Feind tot ist, denn alsdann können wir beratschlagen, was dir am nötigsten ist.«
Don Quixote, der aufmerksam zugehört, was Claudia gesprochen und Roque geantwortet hatte, sagte: »Niemand darf sich der Mühe unterziehen, diese Dame zu verteidigen, weil ich es über mich nehme; gebt mir mein Pferd und meine Waffen und erwartet mich hier, denn ich will gehen, um diesen Ritter zu suchen, und tot oder lebendig soll er das Wort erfüllen, welches er dieser edlen Schönheit gegeben hat.«
»Daran darf niemand zweifeln«, sagte Sancho, »denn mein Herr hat zum Verheiraten eine sehr glückliche Hand, denn es ist noch nicht gar lange, als er auch einen anderen zwang, sich zu verheiraten, der auch einer Jungfrau sein Wort nicht halten wollte, und wenn es nicht geschehen wäre, daß die Zauberer, die ihn verfolgen, seine wahrhaftige Gestalt in die eines Lakaien verwandelt hätten, so würde es die jetzige Stunde mit sich bringen, daß diese Jungfrau keine mehr wäre.«
Roque, der mehr über das Schicksal der schönen Claudia nachdachte als auf die Reden des Herrn und Dieners achtgab, hörte nicht nach ihnen und befahl seinen Stallmeistern, daß sie dem Sancho alles wiedergeben sollten, was sie dem vom Grauen genommen hatten; zugleich gebot er ihnen, sich wieder nach der Gegend zurückzuziehen, in welcher sie diese Nacht zugebracht hatten, und hiermit entfernte er sich mit Claudia eilig, um den verwundeten oder toten Don Vincente aufzusuchen. Sie kamen an die Stelle, an welcher Claudia ihn getroffen hatte, und fanden hier nichts als frisch vergoßnes Blut; da sie sich aber nach allen Seiten umsahen, entdeckten sie Leute auf der Höhe eines Hügels, sie glaubten, wie es auch in der Tat war, daß sich Don Vincente unter diesen befinden müsse, den seine Diener tot oder lebendig fortführten, um ihn entweder zu heilen oder ihn zu begraben; sie machten sich eilig auf, um sie einzuholen, welches ihnen bald gelang, da jene nur langsam fortschritten. Sie fanden den Don Vincente in den Armen seiner Diener, die er mit schwacher und matter Stimme bat, ihn dort sterben zu lassen, denn der Schmerz seiner Wunden erlaube ihm nicht, noch weiter getragen zu werden. Claudia und Roque sprangen vom Pferde und eilten herbei, die Diener fürchteten die Gegenwart des Roque, und Claudia zitterte beim Anblick des Don Vincente; halb gerührt und halb erbittert ging sie zu ihm, faßte ihn bei den Händen und sagte: »Hättest du mir diese nach unsrer Übereinkunft gegeben, so hättest du dich nicht in diesem Zustande befunden.«
Der verwundete Ritter öffnete die fast geschlossenen Augen, erkannte Claudia und sagte: »Ich sehe wohl, meine schöne und getäuschte Gebieterin, daß du diejenige bist, die mich umgebracht hat: eine Strafe, die ich nicht verdiente und die meine Absichten nicht verschuldet haben, nach denen ich dich niemals durch Taten kränken wollte oder es jemals gekonnt hätte.«
»So ist es nicht Wahrheit«, sagte Claudia, »daß du dich heute morgen mit Leonora vermählen wolltest, der Tochter des reichen Balvastro?«
»Gewiß nicht«, antwortete Don Vincente; »mein schlimmes Glück hat dir diese Nachricht überbracht, damit du mir aus Eifersucht das Leben raubtest, und da ich es in deinen Händen und Armen aufgebe, so halte ich mein Schicksal immer noch für glücklich; und um dich von der Wahrheit zu versichern, so drücke mir die Hand und nimm mich zu deinem Gatten an, wenn du es willst, denn das ist meine letzte Freude, dich aus dem Irrtum zu ziehen, als habest du
Weitere Kostenlose Bücher