Don Quixote
von mir eine Kränkung erlitten.«
Claudia drückte ihm die Hand, wobei ihr das Herz so erdrückt wurde, daß sie ohnmächtig auf die blutende Brust des Don Vincente hinsank, und ihn ergriff eine tödliche Erstarrung. Roque war gerührt und wußte nicht, was er tun sollte. Die Die ner liefen fort, um Wasser zu suchen, das sie ihnen ins Gesicht spritzen könnten, was sie auch fanden und sie damit benetzten. Claudia erwachte wieder aus ihrer Ohnmacht, aber Don Vincente nicht aus seiner Erstarrung, denn er hatte sein Leben beschlossen. Als Claudia sah, daß ihr süßer Gemahl nicht mehr lebte, zerriß sie die Luft mit ihrem Jammer, schickte zum Himmel ihre Klagen, raufte ihre Haare aus und streute sie in den Wind, entstellte ihr Antlitz mit ihren eigenen Händen, nebst allen Zeichen des Schmerzes und der Verzweiflung, die sich nur von einem geängsteten Herzen denken lassen. »O grausames, o liebloses Mädchen!« rief sie aus, »wie leicht hast du dich bewegen lassen, einen so schrecklichen Gedanken auszuführen! O rasende Wut der Eifersucht, zu welchem fürchterlichen Ziele führst du, wer dir seine Brust eröffnet! O mein Gemahl, dessen elendes Verhängnis, weil du der meinige bist, dein Hochzeitbett zu deinem Grabe macht.«
So betrübte Klagen stieß Claudia aus, so daß die Augen des Roque in Tränen übergingen, der sie sonst bei keiner Gelegenheit zu vergießen pflegte. Die Diener weinten, und Claudia wurde in jeder Minute ohnmächtig, und das ganze Feld schien nur eine Bühne der Tränen und ein Ort des Unglücks zu sein. Endlich befahl Roque Guinart den Dienern des Don Vincente, seinen Leichnam nach dem Wohnsitze seines Vaters zu bringen, der nicht weit entlegen war, um ihm dort ein Begräbnis zu geben. Claudia sagte dem Roque, daß sie in ein Kloster gehen wolle, in welchem die Äbtissin ihre Tante sei, um dort ihr Leben zu beschließen, mit einem andern schönern Bräutigam auf die Ewigkeit verbunden. Roque lobte ihren guten Vorsatz und erbot sich, sie zu begleiten, wohin sie nur wolle, auch ihren Vater gegen die Verwandtschaft und gegen die ganze Welt zu verteidigen, wenn ihm einer zu nahe tun wolle. Claudia aber wollte seine Gesellschaft auf keine Weise annehmen, sondern sie dankte, so höflich sie nur konnte, für seine Freundschaft und nahm mit Tränen Abschied. Die Diener des Don Vincente trugen seinen Leichnam fort, und Roque begab sich wieder zu seinen Leuten; dieses Ende nahm die Liebe der Claudia Geronima. Wie konnte es aber anders sein, da das Gewebe ihrer kläglichen Geschichte von der unüberwindlichen und grimmigen Gewalt der Eifersucht aufgeschlagen war?
Roque Guinart fand seine Stallmeister auf der Stelle, auf welche er sie beordert hatte, und Don Quixote auf dem Rozinante unter ihnen, der ihnen eine Rede hielt, wodurch er sie bewegen wollte, diese Lebensweise, die ihrer Seele nicht weniger als ihrem Leibe gefährlich sei, aufzugeben; da aber die meisten Gaskonier waren, rohe und wilde Menschen, so fand die Rede des Don Quixote keinen sonderlichen Eingang bei ihnen. Als Roque herbeigekommen war, fragte er den Sancho, ob sie ihm alle seine Sachen zurückgegeben, die sie dem Grauen abgenommen hätten. Sancho antwortete ja, außer daß noch drei Mützen fehlten, die wohl den Wert von drei Städten hätten. »Was sprichst du, Kerl?« sagte einer von den Gegenwärtigen, »hier sind sie, und sie haben nicht den Wert von drei Realen.«
»Das ist wahr«, sagte Don Quixote; »aber mein Stallmeister schätzt sie so hoch, weil ich sie von jemandem empfing, der sie mir teuer macht.«
Roque Guinart befahl, sie sogleich zurückzugeben, worauf er alle seine Leute in eine Reihe stellte und ihnen gebot, ihm alles an Kleidern, Kostbarkeiten und Geld, samt allem, was sie seit der letzten Teilung erbeutet hatten, darzulegen; er machte schnell die Schätzung, und was nicht geteilt werden konnte, setzte er in Geld um. Hierauf teilte er mit solcher Gerechtigkeit und Klugheit allen seinen Leuten aus, daß auch keiner im geringsten dabei zu kurz kam oder Schaden litt. Nachdem dieses geschehen war und alle zufrieden, vergnügt und bezahlt waren, sagte Roque zu Don Quixote: »Wenn man nicht diese Pünktlichkeit beobachtete, so ließe sich nicht mit ihnen leben.«
Worauf Sancho sagte: »Wie ich gesehen habe, ist die Gerechtigkeit etwas so Gutes, daß sie auch sogar unter den Spitzbuben notwendig ist.«
Dieses hörte ein Stallmeister und legte sogleich das Rohr seiner Flinte an, worauf er ohne Zweifel dem Sancho den
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