Donavan und die Eurasierin
Leung, nach
wie vor seine Waffe auf uns gerichtet, zur Tür zurück. Zwei Sekunden später war
sie hinter ihm geschlossen, und wir hörten, wie der Schlüssel im Schloß
umgedreht wurde.
»Und Sie haben sich auf sein
Wort verlassen, Kollege!« sagte Hicks verbittert.
»Nicht mehr als er sich auf
meines«, entgegnete ich.
»Und was tun wir jetzt?«
»Eine Politik meisterhafter
Untätigkeit verfolgen«, antwortete ich. »Ich möchte jetzt diesen Drink haben.
Ich werde auch Ihnen einen eingießen, während Sie beschäftigt sind.«
»Beschäftigt?« fragte Hicks
verdutzt. »Was tue ich denn?«
»Sie kriegen die Adresse des
dreckigen Bordells heraus, an das Woodbury die Mädchen zum Schleuderpreis verkauft
hat«, sagte ich. »Und es stört mich nicht, wenn Sie ihm bei Ihren Bemühungen
weh tun. Das, was er Pat Delaney offenbar angetan hat, bevor er starb, gefällt
mir gar nicht.«
Hicks ging zu dem auf dem Boden
liegenden Woodbury hinüber und trat ihm brutal in den Magen.
»Vermutlich werde ich die trübe
Tasse erst aufwecken müssen«, brummte er mürrisch.
Ungefähr fünf Minuten später
begann die Kabine zu vibrieren, als der Motor ansprang. Zu dem Zeitpunkt hatte
Woodbury schluchzend die Adresse des Bordells und den Namen des Besitzers
preisgegeben und flehte Hicks verzweifelt an, ihm nicht noch mehr Schmerzen
zuzufügen.
Hicks hatte es schließlich
satt, ihm zuzuhören und verpaßte ihm einen Schlag auf den Kopf, der ihn das
Bewußtsein verlieren ließ.
»Und was tun wir jetzt,
Kollege?« erkundigte sich Hicks.
Die klimatisierte Kabine war
angenehm; Wodka und Apfelsaft schmeckten ausgezeichnet.
»Könnten Sie sich nicht
vielleicht um das Abendessen kümmern?« fragte ich hoffnungsvoll.
»Ich meine«, sagte Hicks
vorsichtig, »was zum Teufel werden wir jetzt dann unternehmen, Kollege?«
»Die Lady wird uns beschützen«,
sagte ich.
13
Die nächsten zwei Stunden
vergingen im Schneckentempo. Woodbury blieb, nachdem er das Bewußtsein
wiedererlangt hatte, schweigend liegen, wo er war, das Gesicht mit Blut
verschmiert. Vermutlich hoffte er so, Hicks’ Aufmerksamkeit zu entgehen. Für
volle zwanzig Minuten hielt ich mich sorgfältig an ein Glas Wodka mit Apfelsaft
und fand danach, daß ich nichts mehr trinken sollte.
So bildete das Geräusch des im
Schloß umgedrehten Schlüssels eine angenehme Unterbrechung. Die Tür öffnete
sich, und Ben Franklin taumelte in die Kabine. Horatio Leung folgte ihm, eine
Pistole in der Hand, die Augen wachsam. In zwei Sekunden Abstand tauchten auch
Lee und Chang auf - zwei Generale, die einen Spähtrupp vorschickten. Und innen
eine Armee, bis auf die Zähne bewaffnet!
»Das Motorboot wartet auf uns«,
sagte Lee. »Wir verlassen Sie jetzt also. Aber Sie werden nicht lange warten
müssen, Mr. Donavan. Genau zehn Minuten nach unserem Start.«
»Sprengstoff«, sagte ich. »Wo
haben Sie ihn untergebracht?«
»Damit möchte ich Sie nicht
beunruhigen«, sagte er glatt. »Ich kann Ihnen versichern, daß, falls wir uns
bezüglich der Menge geirrt haben sollten, es eher zu viel als zu wenig ist.«
»Na, dann leben Sie wohl«,
sagte ich.
»Mr. Donavan ist ein Stoiker«,
sagte Chang und lächelte dünn. »Das bewundere ich bei einem Mann.«
»Ich hoffe, seine Freunde
stehen ihm in dieser Beziehung nicht nach«, bemerkte Lee. »Ich glaube, wir
sollten jetzt gehen.«
»Wollen Sie ihn nicht
mitnehmen?« Ich wies mit dem Daumen in Woodburys Richtung.
»Wozu denn?« fragte Lee.
Ich sah Chang an. »Er hatte
einen langen Urlaub in Taiwan für Sie vorgesehen, damit Sie gemütliche Plauderstunden
mit seinen Oberen haben würden. Ich hätte mir vorgestellt, daß Sie mindestens
dasselbe für ihn tun möchten. Ich meine, ihm ein paar gemütliche Plauderstunden
mit Ihren Chefs gönnen. «
»Vielen Dank, Mr. Donavan«,
sagte Chang bedächtig. »Wie dumm von mir, nicht selbst daran gedacht zu haben.
Meine einzige Entschuldigung dafür ist, daß ich anderweitig sehr beschäftigt
war. Stehen Sie auf, Mr. Woodbury.«
Woodbury raffte sich zögernd
auf und humpelte zur Tür.
»Sie haben wirklich nicht mehr
alle Tassen im Schrank, Donavan«, sagte Hicks schroff. »Jetzt haut der Kerl von
dieser elenden Dschunke ab, und wir bleiben zurück und werden in die Luft
gejagt.«
»Ich kann Ihnen versichern«,
sagte Chang ruhig, »daß Ihr Schicksal dem, das Mr. Woodbury erwartet, bei
weitem vorzuziehen ist. Sie werden zumindest schnell sterben.«
Sie verließen die Kabine;
Horatio
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