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Donavan und die Eurasierin

Donavan und die Eurasierin

Titel: Donavan und die Eurasierin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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zehn holte mich ein
Taxi ab, und der Fahrer ließ mir ein goldzahnblitzendes Grinsen der Anerkennung
zukommen, als ich ihm erklärte, wohin ich wollte. Wan Chai schien gerade erst den Betrieb aufzunehmen, als ich vor der Goldenen
Drachen-Bar abgesetzt wurde. Ich trat in einen dicken Nebel aus Tabakrauch,
kombiniert mit dem durchdringenden Geplärr aus einer Musikbox. Der Barkeeper
war ein Chinese, der wie ein Fünfziger aussah, aber vermutlich den Siebzigern
näher war. Da ich die Chance, hier zu einem Apfelsaft mit Wodka zu kommen,
gering einschätzte, bestellte ich einen Scotch auf Eis. Er bereitete den Drink
sorgfältig zu, so als ob es einer besonderen Kunstfertigkeit bedürfe, die
Eiswürfel ins Glas fallen zu lassen.
    »Sie wollen sitzen?« erkundigte
er sich mit einladendem Grinsen. »Ich finde Sie riesig nettes Mädchen.«
    »Warum nicht?« sagte ich. »Wie
steht’s mit Elaine?«
    »Okay«, antwortete er. »Ich
werde für Sie suchen.«
    Er verschwand in einem
Durchgang neben der Bar, und ich nippte an meinem Drink, während ich mich
umblickte. Ein paar der Mädchen trugen europäische Kleidung, aber die meisten
bevorzugten den einheimischen Cheongsam mit dem
Seitenschlitz bis zur Hüfte hinauf. Vielleicht hatte sich die Welt der Susie
Wong innerhalb der letzten zwanzig Jahre gar nicht so sehr verändert,
philosophierte ich, und dann kehrte der Barkeeper zurück.
    »Sie kommt bald«, verkündete
er, als ob er soeben ungeheure Schwierigkeiten zu überwinden gehabt hätte.
    »Gut«, sagte ich.
    »Sie sie schon von woanders
kennen?«
    »Wieso?« fragte ich verdutzt.
    »Sie neues Mädchen, hat heute abend angefangen. Vielleicht Sie kennen von woanders
her?«
    »Ganz recht«, erwiderte ich
scharfsinnig. »Von woanders her.«
    Das schien seine Neugier zu
befriedigen. Ich nahm mein Glas mit an einen freien Tisch und setzte mich. Zwei
Minuten vergingen, dann tauchte ein Mädchen im Durchgang auf. Sie zögerte einen
Augenblick, entdeckte mich und strebte meinem Tisch zu. Für eine Chinesin war
sie groß und üppig. Der knielange Cheongsam , den sie
trug, hatte einen eher diskreten Seitenschlitz, aber als sie sich jetzt anmutig
auf mich zubewegte, schien der Stoff förmlich über die Rundung ihrer Brüste und
zwischen ihren Schenkeln hindurchzufließen, was auf mich aufreizender wirkte
als der Anblick von Daphne Morris ohne jede Bekleidung. Ihr glänzendes
schwarzes Haar war streng zurückgestrichen, so daß es die Konturen ihres Kopfes
betonte. Als sie näher kam, sah ich, daß ihre Augen dunkelblau waren, und mir
wurde klar, daß sie Eurasierin sein mußte.
    »Mr. Donavan?« fragte sie mit
weicher, leiser Stimme.
    »Ganz recht«, antwortete ich.
    Ich wollte aufstehen, aber sie
hielt mich mit einer schnellen Handbewegung zurück.
    »Bitte - nicht hier drinnen.«
    Ich ließ mich auf meinen Stuhl
zurückfallen, und sie setzte sich mir gegenüber an den kleinen Tisch. Der Barkeeper
tauchte mit einem Drink für sie und einem frisch gefüllten Glas für mich neben
uns auf.
    »Ich bin Elaine Soong«, sagte
sie, nachdem er sich zurückgezogen hatte. »Wir werden jetzt gemeinsam unsere
Gläser austrinken denn werden Sie zu dem Mann hinter der Bar gehen und ihm
mitteilen, daß Sie mich loskaufen wollen.«
    »Loskaufen?«
    »Das ist hier üblich«, sagte
sie. »Wenn ich mit Ihnen die Bar verlasse, wird er seinen Profit bei den Drinks
einbüßen.« Sie lächelte flüchtig. »Einen großen Profit, was meinen Drink
betrifft, es handelt sich nämlich um Cola. Also muß das ausgeglichen werden.«
    »Okay«, sagte ich. »Und wo
gehen wir hin, nachdem ich Sie losgekauft habe?«
    »Ich hielte es nicht für klug,
wenn wir gemeinsam auf der Straße gesehen würden«, erwiderte sie. »Oben stehen
Zimmer zur Verfügung. Wenn Sie mich loskaufen, fragen Sie gleich, ob Sie nicht
eines davon mieten können.« Ihre Augen betrachteten aufmerksam mein Gesicht.
»Haben Sie den Scheck bei sich?«
    »Ich werde ihn später
ausschreiben«, antwortete ich. »Sobald Sie mir von Pat Delaney erzählt haben.«
    »Ich glaube, das ist nur fair.«
Sie nippte an ihrem Glas. »Bitte sehen Sie nicht so ernsthaft drein, Mr.
Donavan. Angeblich amüsieren Sie sich ja hier.« Sie streckte den Arm aus und
legte ihre Hand auf die meine. »Man erwartet, daß Sie vor Begierde nach mir
außer Rand und Band sind.«
    Ich lachte laut, und der Druck
ihrer Hand nahm zu.
    »Das ist schon besser, aber
warum lachen Sie? Habe ich etwas gesagt, das im Englischen vielleicht

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