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Donner: Die Chroniken von Hara 3

Donner: Die Chroniken von Hara 3

Titel: Donner: Die Chroniken von Hara 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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sich einzureden versucht, sie habe Alsgara am Tag des Aufstands zum letzten Mal gesehen. Mit aller Kraft hatte sie jenen Kampf zu vergessen gesucht, der sie ein Jahr danach noch einmal in die verhasste Stadt gebracht hatte. Stets vergeblich. Die Ereignisse hatten sich ihr allzu fest ins Gedächtnis eingeschrieben.
    Wenn sie nach einem solchen Albtraum erwachte, warf sie sich jedes Mal vor, auf Rethar gehört und ihn dem sicheren Tod überlassen zu haben. Und mehr als einmal wünschte sie, damals mit ihm gestorben zu sein.
    Wie hatte sie nur etwas auf ihre gemeinsame Sache, auf den Sieg an der Treppe des Gehenkten geben können?! Mit Rethars Tod war ihr Leben ein anderes geworden. Ein Teil ihrer Seele war mit ihm gestorben, zurückgeblieben war eine Verwundete. Eine tobende Wölfin, wie Alenari es einmal ausgedrückt hatte. Eine Frau, die sich um nichts und niemanden mehr scherte.
    Allein bei der Erinnerung würgte es Thia. Sie setzte sich auf und zog bibbernd vor Kälte ihre Jacke an. Am Ende des zweiten Herbstmonats spendete der Wollpullover mit der Kapuze bereits keine ausreichende Wärme mehr.
    Die anderen schliefen noch. Nur Yumi hockte am Lagerfeuer, das er regelmäßig mit Holz nährte. Allem Anschein nach hatte er die Kämpfe recht gut verkraftet. Von den anderen ließ sich das leider nicht behaupten.
    Als Thia sich erhob, funkelten im Schatten der Kiefern goldglänzende Augen auf. Ghbabakh hielt es nach wie vor für seine Pflicht, sie zu beobachten. Er und Yumi waren die beiden, die ihr aus dieser Gruppe noch am freundlichsten begegneten. Noch nie hatten sie sie mit einem schrägen Blick oder einem gehässigen Wort bedacht. Das hieß jedoch nicht, dass dieses Pärchen die Bewachung einstellte …
    Sie alle vertrauten ihr nicht.
    In der Regel perlten solche Vorbehalte an Thia ab, nur selten regte sich deswegen Zorn in ihr, und selbst wenn, dann erlosch er sogleich wieder.
    Sie nickte dem Blasgen zu, fragte sich aber insgeheim, was er wohl unternehmen würde, wenn sie ihrem Zorn einmal die Zügel schießen ließe. Ness umrundend, hielt sie auf das Wäldchen zu.
    Die Bäume umschlossen sie geradezu, die Wipfel schirmten sie gegen die Sterne ab. Die nächsten zwei Minuten lief sie nur zögernd weiter, um sich an die Finsternis zu gewöhnen. An der Wegblüte blieb sie stehen und legte ihre Hand auf einen der steinernen Hauer. Wärme durchströmte sie. Mit angehaltenem Atem lauschte sie – fast als wolle sie das Schlagen eines fremden Herzens wahrnehmen.
    Minute um Minute verging, doch Thia rührte sich nicht, verharrte reglos neben dem riesigen schwarzen Stein mit den goldenen Adern. Nach einer Weile seufzte sie enttäuscht. Während sie jeden einzelnen Hauer der Wegblüte ablief, dachte sie abermals an Rethar. Wenn Soritha diese Schöpfungen des Skulptors nicht lahmgelegt hätte, dann hätten sie beide aus Alsgara fliehen können …
    Wie mochte diese Wegblüte wohl hierher, an solch einen abgelegenen Ort, gekommen sein? Noch rätselhafter war freilich die Frage, warum sie nur einmal zum Leben erwacht war. Bis zum Einbruch der Nacht hatte sie Shen bedrängt, er möge die Wegblüte noch ein weiteres Mal erwecken – doch jeder Versuch seinerseits, das Portal zu öffnen, war gescheitert.
    Nun gut, der Junge war zu müde gewesen, die Duelle im Regenbogental hatten ihn erschöpft. Deshalb hatte sie ihn irgendwann in Ruhe gelassen – um trotz peinigenden Schmerzes in der Wirbelsäule und in den Schläfen die Wegblüte selbst zu wecken. Sie hatte alle Zauber, die sie kannte, zum Einsatz gebracht – vorsichtshalber sogar zweimal hintereinander, doch stets vergeblich. Die Steine schliefen, antworteten weder auf ihre Gebete noch auf ihre Flüche.
    Am Ende hatte sie aufgegeben.
    Nachdem sie eine Fläche mit trockenen Tannennadeln ausgelegt hatte, ließ sie sich darauf nieder und schlang die Arme um die Knie. Das, was geschehen war, wollte ihr einfach nicht in den Kopf. Wie konnte ein unerfahrener grüner Junge vollbringen, was Generationen von Zauberern nicht geglückt war?!
    Sie durchforstete lange das Labyrinth ihres Gedächtnisses, bis sie irgendwann einschlief – und geweckt wurde, weil Pork aufwachte. Den Tölpel hatte sie bereits völlig vergessen. Da sie heute jedoch einen großen Teil ihres Funkens verbraucht hatte, konnte sich der Junge rühren und mal wieder losplärren, sie möge ihn doch bitte, bitte freilassen. Das Gejammer zerrte derart an ihren Nerven, dass sie die kläglichen Reste ihrer Gabe

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