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Donner: Die Chroniken von Hara 3

Donner: Die Chroniken von Hara 3

Titel: Donner: Die Chroniken von Hara 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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verbrennen.
    »Sie werden bald hier sein. Deshalb will ich, dass du diesen Ort sofort verlässt.«
    »Nein!«, schrie sie entsetzt auf. Da er ansetzte, etwas zu sagen, fügte sie rasch hinzu: »Glaub ja nicht, dass du mich loswerden könntest, Rethar Neho! Ich werde dich niemals im Stich lassen!«
    »Diese Schreitenden haben bisher noch nicht an den Kämpfen teilgenommen. Und es sind sehr viele!«
    »Das schaffen wir! Das schaffe
ich!
«
    Er schenkte ihr das gleiche Lächeln wie an jenem Tag, als sie sich kennengelernt hatten. »Dir ist es noch nie gelungen, mich anzulügen, Thia. Du hast heute viel geleistet. Du hast Dinge getan, die niemand sonst getan hätte. Ich bin stolz auf dich. Sehr stolz sogar. Aber nun bist du ausgelaugt.«
    Seine sonst stets teilnahmslosen roten Augen leuchteten in unverfälschter Begeisterung und Liebe.
    »Trotzdem lasse ich dich nicht allein!«, beharrte sie. »Wenn du den Tod suchst, dann werde ich an deiner Seite sterben.«
    »Nein!«, schrie er und schüttelte heftig den Kopf, um dann in leiserem Ton fortzufahren: »Nein – denn du musst etwas erledigen, das von größter Wichtigkeit für uns alle ist.«
    Rethar blickte zu dem Hain hinüber. In wenigen Minuten würden dort die ersten Schreitenden auftauchen. Er schob die Hand in den Ausschnitt seines Hemdes und zog einen ockergelben, grau gefleckten Stein hervor, der die Größe und Form eines Hühnereis hatte. Ein bronzener Käfig umfasste ihn, er baumelte an einer Kette, deren flache Glieder aus einem unbekannten Metall gefertigt waren.
    »Du musst das Herz des Skulptors von hier wegbringen.«
    »Aber …«
    »Ghinorha, Ley und Rowan kommen an der Treppe des Gehenkten nicht weiter. Doch mit dem Herz des Skulptors können wir die Schreitenden dort in die Knie zwingen«, erklärte er ruhig. »Das weißt du genauso gut wie ich. Deshalb musst du den anderen das Artefakt bringen. Sonst war der ganze heutige Tag, der Tod von all denen, die an unserer Seite gekämpft haben, sinnlos. Noch ist der Sieg nicht errungen. Mit diesem Kleinod aber«, er schwenkte die Kette hin und her, »haben wir eine reale Chance, diesen Krieg zu gewinnen. Unser Leben zählt nichts, einzig unser Ziel ist von Bedeutung.«
    »Dann lass uns gemeinsam zur Treppe gehen!«
    »Wir hätten nur eine halbe Stunde Vorsprung, danach würden die Schreitenden zur Jagd auf uns blasen. Nein – ich muss sie hier aufhalten. Und zwar so lange wie möglich.«
    »Aber du bist verwundet!«
    »Was mich jedoch nicht hindert, Zauber zu wirken! Zweihundert Yard flussabwärts warten bei den Platanen am Ufer einige meiner treuen Anhänger mit Pferden auf dich. Sie werden dich begleiten.«
    »Lass mich hierbleiben! Bei dir!«
    »Du würdest dich nicht eine Minute halten können! Dazu ist dein Funken nach all den Duellen viel zu schwach. Meiner dagegen glüht noch stark genug, um diese Schreitenden ins Reich der Tiefe zu schicken.«
    Er zwang ihr das Artefakt förmlich in die zitternden Hände. Thia empfand eine solch unüberwindbare Verzweiflung, dass die Welt zu verblassen schien. Sie wollte schreien, ihn überzeugen, dass er irrte, aber sie wusste, dass es aussichtslos wäre. Rethar würde keinen Fußbreit von seinem Standpunkt abrücken. Tränen rannen ihr über die Wangen.
    »Ich bringe Mithipha um!«, schwor sie voller Hass.
    »Übergib das Herz des Skulptors Ghinorha«, ließ er ihre Drohung unbeachtet. »Halte dich an sie. Sie war immer gut zu mir. Und sie wird dir helfen. Sag ihr … Nein, es ist nicht nötig, ihr etwas zu sagen. Und nun brich auf! Die Zeit drängt!«
    Er umarmte Thia etwas unbeholfen mit einem Arm, sog den Duft ihrer Haare ein und flüsterte: »Weine nicht! Ich liebe dich!«
    Mit diesen Worten stieß er sie von sich und wandte sich den Schreitenden zu, die in diesem Augenblick hinter den Bäumen hervortraten. Ganz kurz zögerte Thia noch, denn nichts wünschte sie sehnlicher, als zu bleiben, mit ihm Leben wie Tod zu teilen. Am Ende wagte sie es indes nicht, sich ihm zu widersetzen. Voller Verzweiflung schickte sie den Schreitenden die letzten Reste ihres Funkens entgegen, traf eine von ihnen – und stürzte blind vor Tränen davon.
    Hinter ihr donnerte es …
    Ein Knall riss Thia aus dem Schlaf. Reglos sah sie zu den wenigen Sternen hinauf. In ihren Ohren hallte der Lärm jenes Kampfes nach, der vor fünfhundert Jahren an den Ufern der Orsa stattgefunden hatte. Fast zweihundert Jahre war sie nun von diesem Albtraum verschont geblieben.
    Immer wieder hatte sie

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