Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Donner: Die Chroniken von Hara 3

Donner: Die Chroniken von Hara 3

Titel: Donner: Die Chroniken von Hara 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
nicht, dass das Feuer im Turm ausgebrochen ist, weil irgendeine alte Schabracke vergessen hat, eine Kerze zu löschen.«
    Auch ich rechnete mit dem Schlimmsten.
    Typhus ging jetzt voran, ich folgte ihr mit einem Abstand von fünf Schritt und drehte mich immer wieder um. Wir kamen durch unzählige Säle, doch in allen herrschte gähnende Leere. Selbst ein Friedhof wirkt nicht so beklemmend. Die dicke Staubschicht auf dem Fußboden, in denen sich Shens Fußabdrücke klar abzeichneten, bezeugte, dass hier in den letzten Jahrzehnten niemand außer ihm entlanggegangen war. An der Decke und in den Fenstern hingen Spinnennetze. Einmal flatterte sogar eine weiße Motte an mir vorbei.
    »Was für ein Wanzennest«, murmelte ich. »Da ist meine Scheune ja sauberer.«
    Typhus lachte, jedoch keineswegs hämisch.
    »Die Magie geht ein«, sagte sie. »Sie ist dem Niedergang geweiht. Aber diese Närrinnen wollen das einfach nicht wahrhaben.«
    »Meinst du nicht, es ist etwas spät, dich für deine Sünden zu rechtfertigen?«
    »Wir waschen unsere Hände nicht in Unschuld, das stimmt. Aber im Gegensatz zu den Schreitenden haben wir die Gabe am Leben erhalten«, erwiderte Typhus kalt. »Diese dummen Gänse können doch nur noch eins: ihren Hochmut pflegen.«
    »Also, wenn du mich fragst, solltest du die Schreitenden nicht unterschätzen.«
    »Schon möglich«, stimmte sie mir zu. Dann legte sie den Kopf in den Nacken, um die oberen Galerien zu betrachten. »Aber wie du siehst, haben sich die Feinde nicht von ihnen abschrecken lassen. Im Frühjahr werden die Nabatorer die Treppe des Gehenkten genommen haben. Falls es nicht schon längst geschehen ist.«
    »Lepra ist tot. Sie hat euch alle zusammengehalten. Eure Stärke hattet ihr letzten Endes ihr zu verdanken.«
    »Red doch keinen Unsinn, Ness!«, fuhr mich Typhus an. »Ihr im Imperium habt Talki immer viel zu viel Bedeutung beigemessen. Ich glaube aber durchaus, dass wir auch ohne sie bestens zurechtkommen. Der Verlauf des Krieges beweist es.«
    »Bisher ist mir gar nicht aufgefallen, dass du dich so für den Krieg interessierst.«
    »Zugegeben, im Moment gilt mein Interesse in erster Linie mir selbst«, parierte sie grinsend. Obwohl sie sich selbstsicher gab, spähten ihre Augen so aufmerksam umher, dass sie einer Katze glich, die in einen Zwinger voll schlafender Hunde geraten war. »Und ich will meine Rache stillen. Alles andere kann warten. Sie werden schon ohne mich zurechtkommen.«
    »Und was, wenn du deine Rache gestillt hast? Werden sie dich dann wieder in ihren erlauchten Kreis aufnehmen?«
    »Keine Ahnung. Das hängt vermutlich davon ab, wer Talki ausgeschaltet hat. Sag mal, hörst du das?!«
    Sie war stehen geblieben und bedeutete mir mit dem Zeigefinger zu lauschen.
    »Rona!«, vernahmen wir ein leises Echo über uns.
    »Wie hat es der Junge bloß geschafft, bis auf den heutigen Tag zu überleben?«, murmelte Typhus. »Mit diesem Geblöke lockt der doch das ganze Regenbogental an. Aber ich habe ja schon immer gesagt, dass Meloth ihn bei der Verteilung von Hirnmasse übergangen haben muss!«
    Sie stürzte weiter, ich folgte ihr.
    Wir rannten durch zahlreiche leere Räume. Typhus bog immer wieder ab, musste sich aber in die richtige Richtung bewegen, denn das Geschrei wurde lauter und lauter. Ich hoffte inständig, wir seien die Einzigen, die Shens Rufe hörten.
    Da wir inzwischen eine gewaltige Strecke zurückgelegt hatten, musste der Schall hier in der Schule anderen Gesetzen folgen als außerhalb. Mit dem schweren Bogen in der Hand geriet ich allmählich außer Atem.
    Schließlich erreichten wir einen Gang, der so schmal war, dass wir uns seitlich durch ihn hindurchzwängen mussten.
    »Du bist sicher, dass das der richtige Weg ist?«
    »Es ist eine Abkürzung. Shen ist direkt über uns, in der Zwölften Bibliothek«, stieß Typhus aus. »Dieser Gang erspart uns etwa fünf Minuten. Weiter! Nach rechts! Beweg deine müden Füße!«
    Wir gelangten in einen kleinen Raum mit niedriger Decke, der vor Gerümpel aus den Fugen zu platzen schien. Deshalb entdeckte ich die geschmiedete Wendeltreppe auch nicht auf Anhieb. Über sie erreichten wir im Nu das nächste Stockwerk. Dort empfingen uns nur noch leere Regale, von Bibliothek nicht die geringste Spur.
    »Was haben diese Gänse bloß mit den Büchern angestellt?«, presste Typhus heraus.
    Der Anblick schien sie tief zu erschüttern.
    »Rona!«
    Typhus und ich sahen uns an. Ihre Augen funkelten golden. Ich brauchte eine Sekunde,

Weitere Kostenlose Bücher