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Donner unter der Kimm

Donner unter der Kimm

Titel: Donner unter der Kimm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Boote jetzt einnehmen und mehr Segel setzen, Mr. Okes?«
    Die Antwort konnte Bolitho nicht verstehen, doch sie klang zweifelnd. Zum Glück war Hallowes klug genug, sich auf Okes' Können zu verlassen. »Gut, warten wir noch«, sagte er. Das Deck neigte sich leicht, und er fügte aufatmend hinzu: »Bei Gott, der Wind räumt! Zur Abwechslung haben wir mal Glück.«
    Nach einer Stunde, die ihnen wie eine Ewigkeit vorkam, fiel die Gig zurück zum Zeichen, daß ihre Mannschaft abgelöst werden mußte. Die zurückkehrenden Matrosen waren völlig erschöpft und sanken wie tot aufs Deck. Als nächste kam die Jolle an die Reihe. Bolitho hörte Sheaffe mit dem einzigen Gehilfen des Masters sprechen. Dann kam er nach achtern und sagte: »Melde mich zurück, Sir.«
    Das klang so förmlich nach allem, was der junge Mann vollbracht hatte, daß Bolitho seinen Schmerz und seine Verzweiflung vergaß.
    »Großartige Leistung, Mr. Sheaffe. Wenn Sie nicht gewesen wären, hätte der Feind uns überrannt.« Er hörte, wie Sheaffe sich zähneklappernd ein Hemd überzog. »Ruhen Sie sich aus. Bald werden Sie wieder gebraucht.«
    Sheaffe zögerte und setzte sich dann zu Bolitho aufs Deck.
    »Störe ich Sie auch nicht, Sir?« fragte er.
    Bolitho wandte sich ihm zu. »Ihre Gesellschaft ist mir willkommen.« Er lehnte sich an den Niedergang und versuchte, nicht an die nächste Schmerzwelle zu denken. Sheaffe hatte die Knie an die Brust gezogen und war im Nu eingeschlafen.
    Später ging Bankart neben ihm in die Hocke und flüsterte: »Ich habe Wein für Sie, Sir.« Er wartete, bis Bolitho den Pokal gepackt hatte. »Mr. Okes schickt ihn.«
    Bolitho nahm einen Schluck: starker, süßer Madeira. Er leerte den Pokal langsam, ließ sich vom Wein wärmen und stärken. Wann hatte er zuletzt etwas gegessen? Es mußte lange her sein. Vielleicht kam ihm der Madeira deshalb so stark vor. Er berührte sein Gesicht unter dem Verband. Mehrere Schnittwunden, geronnenes Blut. Außerdem hatte er dringend eine Rasur nötig. Aber darum würde sich Allday bald kümmern. Er war stark und mächtig wie eine Eiche und doch sanft wie ein Kind, wenn's darauf ankam. Bolitho und Keen hatten Grund, das nicht zu vergessen.
    »Wie fühlt man sich, wenn man seinen Vater wiederfindet, Bankart?«
    Die Frage schien dem Jungen peinlich zu sein. »Gut, Sir, wirklich gut. Meine Mutter wollte nie über ihn reden. Ich wußte aber, daß er bei der Marine war, Sir.«
    »Haben Sie sich deshalb freiwillig gemeldet?« Eine lange Pause. »Könnte man sagen, Sir.«
    Bankart füllte den Pokal noch einmal, und als Sheaffe geweckt wurde, um in der Jolle wieder das Kommando zu übernehmen, war Bolitho umgesunken und schlief.
    Okes verließ seine Rudergänger, trat zum Niedergang und blickte zufrieden auf den Vizeadmiral hinab.
    »Schläft er endlich?« fragte Hallowes.
    Okes putzte sich mit einem roten Taschentuch vernehmlich die Nase.
    »Aye, Sir. Kein Wunder nach dem, was ich ihm in den Madeira getan habe.«
    Bolitho spürte eine Hand auf seinem Arm und fuhr auf.
    »Es dämmert, Sir«, sagte Stayt.
    Bolitho faßte sich an den Verband, bemüht, sich seine Qualen nicht anmerken zu lassen. »Wie sehe ich aus?«
    Stayts Stimme klang, als lächle er. »Ich habe Sie schon in besserer Verfassung erlebt, Sir.« Er nahm Bolithos Hand.
    »Hier ist eine Schüssel mit warmem Wasser und so was wie ein Handtuch.«
    Bolitho nickte dankbar und beschämt zugleich, als er sich mit dem nassen Tuch übers Gesicht fuhr. Es war nur eine Kleinigkeit, aber sie rührte ihn.
    »Sagen Sie mir, was sich tut.«
    Stayt dachte nach. »Wir haben ungefähr eine Meile zurückgelegt, Sir.« Das klang weder verbittert noch überrascht.
    »Im Augenblick sind wir über einer Untiefe…« Er verstummte, als der Lotgast aussang: »Drei Faden!«
    Bolitho vergaß seine Schmerzen und raffte sich auf. Nur drei Faden Wasser, und sie waren eine Meile von ihrem letzten Ankerplatz entfernt. Er spürte den Wind im Gesicht, als er den Kopf übers Schanzkleid hob, hörte das Klatschen der Riemen. Einer der Bootsführer gab den Takt an. Die Mannschaft muß völlig verausgabt sein, dachte er.
    »Ist es schon hell?«
    »Ich kann das Kliff sehen, Sir, und gerade eben den Horizont. Der Himmel sieht finster aus. Ich glaube, wir bekommen viel Wind.«
    Hallowes rief: »Weckt die Freiwache! Wir setzen Segel.« Das Deck hob sich in der Dünung, und Bolitho wurde die Kehle eng. Das offene Meer erwartete sie. Die knarrenden Pumpen, die zerfetzten Segel

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