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Donner unter der Kimm

Donner unter der Kimm

Titel: Donner unter der Kimm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Franzosen waren.
    Er nahm den Hut ab und rieb sich die Stirn. Konnte sich an einem einzigen Tag so viel ereignen?
    Er schaute hinüber zu der verankerten Brigg
Rapid,
an der mit Schlagseite der Kutter vertäut lag.
    Warum hatte er
Rapid
losgeschickt, Bolitho zu suchen? Hatte ihm sein Instinkt das befohlen, hatte er die Gefahr gespürt? Es wäre fast zu spät gewesen. Als man ihm die Szene beschrieb, sah er ihren jungen Kommandanten vor sich. Die Fregatte hatte in dem Augenblick abgedreht, in dem es nur noch eine weitere Breitseite gebraucht hätte, um ihr Zerstörungswerk zu vollenden. Aber Quarrell hatte schlicht erklärt: »Da ich den Kampf mit dem überlegenen Feind nicht aufnehmen konnte, setzte ich – wie früher einmal Sir Richard – das Signal ›Feind in Sicht‹. Der Franzmann nahm an, das Geschwader folge mir auf dem Fuße, und verzog sich. Und das war gut so, denn andernfalls lägen
Suprème
und mein eigenes Schiff jetzt auf dem Grund.« Seine Stimme wurde härter. »Ich hätte genausowenig wie der arme Hallowes unter den Augen unseres Admirals die Flagge gestrichen.«
    Keen erinnerte sich an sein Erschrecken, als Bolitho auf einem Bootsmannsstuhl an Bord gehievt wurde. Das ganze Schiff hatte den Atem angehalten, oder so war es ihm zumindest vorgekommen. Er hatte auf ihn zulaufen, ihn umarmen wollen, spürte aber im letzten Augenblick, daß Bolitho ohnehin an dieser Rückkehr fast zerbrach.
    Der Empfang fiel Allday zu, der an den Seesoldaten und zuschauenden Offizieren vorbeiging, Bolitho am Ellbogen nahm und fast unbeschwert sagte: »Willkommen an Bord, Sir. Wir haben uns ein bißchen gesorgt, aber jetzt, wo Sie wieder da sind, ist ja alles in Ordnung.«
    Doch als die beiden an ihm vorbeigingen, hatte Keen gesehen, daß Allday nur schauspielerte.
    Den ganzen Tag über waren die Boote mit Trinkwasserfässern zwischen den Schiffen und dem Land hin- und hergefahren, und die Ärzte des Geschwaders hatten auf der
Suprème
ihr möglichstes getan.
    Keen packte das Finknetz und starrte auf die streifigen, korallenroten Wolken. Flaute, Sturm und heller Sonnenschein: das Mittelmeerwetter war, als würden ständig die Seiten eines Buches umgeblättert.
    Paget trat zu ihm und legte grüßend die Hand an den Hut.
    »Sollen wir Sonnensegel aufriggen, Sir?«
    »Nein. Wir nehmen morgen gleich bei Sonnenaufgang das letzte Wasser an Bord. Ich will, nein, ich muß so schnell wie möglich von hier weg. Ich spüre in den Knochen, daß sich etwas zusammenbraut.«
    Paget musterte ihn zweifelnd, wählte aber seine Worte mit Bedacht. Fast jeder wußte, wie Keen zu Bolitho stand.
    »Die Verletzung scheint ernst zu sein, Sir«, sagte er.
    »Wenn er blind bleibt…«
    Keen fuhr zornig zu ihm herum. »Verflucht, wie wollen Sie das wissen?« Doch er lenkte ebenso schnell wieder ein.
    »Das war unverzeihlich, bedaure. Wir müssen uns der Realität stellen. Sobald
Suprème
wieder klar ist, werde ich sie nach Malta schicken. Dort kann man ihre Verwundeten besser versorgen. Und ich werde dem Admiral auf diese Weise Meldung erstatten.« Er warf einen kurzen Blick in Pagets ausdrucksloses Gesicht.
Er fragt sich, ob ich auch Zenoria nach Malta schicke.
    Doch Paget sagte nur: »Es ist ein harter Schlag.«
    Keen wandte sich ab. »Rufen Sie mich, wenn die Seesoldaten bereit zum Übersetzen sind.« Er eilte an dem reglosen Wachtposten vorbei nach achtern.
    Die Szene in der Kajüte glich einem Gruppenbild: Stayt, noch immer in seinem fleckigen Rock, saß auf der Heckbank und hielt ein volles Weinglas in der Hand. Ozzard polierte überflüssigerweise den Tisch, und Allday stand ganz still da und musterte den alten Degen, der wieder in seinem Halter hing. Yovell hockte zusammengesunken an Bolithos Kartentisch.
    Keen schaute hinüber zum Schlafraum und dachte an Zenoria, die dort Tuson half. Der Arzt hatte sie darum gebeten.
    »Neuigkeiten?« fragte Keen.
    Stayt machte Anstalten, sich zu erheben, aber Keen winkte ab. Der Flaggleutnant erwiderte erschöpft: »Der Verband ist gewechselt worden. Der Admiral hat nicht nur Sand, sondern auch Splitter in den Augen.« Er seufzte. »Ich befürchte das Schlimmste.«
    Keen nahm von Ozzard ein Glas entgegen, das er rasch leerte. Er war so besorgt, daß er nicht einmal merkte, was er trank. Die Entscheidung lag nun bei ihm. Die anderen Kommandanten würden gehorchen, aber ob sie ihm auch vertrauten, war eine andere Frage. Es mochte eine Ewigkeit dauern, bis
Suprème
Malta erreichte oder sie wieder zu den

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